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Classic Tour: Oldtimer-Szene im Spannungsfeld zwischen Verbrenner und E-Mobilität

Classic Tour : Oldtimer-Szene im Spannungsfeld zwischen Verbrenner und E-Mobilität

19. Classic Tour des Automobilclubs Eschweiler verzeichnet Teilnahmerekord. Youngtimer auf dem Vormarsch, aber Verunsicherung in der Szene.

Wohl dem, der ein Cabrio chauffierte oder sich darin chauffieren ließ. Auch ein Schiebedach war von Vorteil – Kopfbedeckung und Sonnencreme vorausgesetzt. Bei hochsommerlichen Temperaturen ging die diesjährige Classic Tour des Automobilclubs Eschweiler nach zwei Jahren Pause wieder durch. „100 Meldungen, plus Warteliste – das ist eine sehr erfreuliche Entwicklung“, freut sich ACE-Vorsitzender Lars Dohmen. Bei den 18 Vorgängern gingen zuletzt so an die 80 Oldtimer an den Start. Auch fünf reine Damenteams waren diesmal dabei, sonst vielleicht zwei. Die Oldtimer-Szene boomt trotz E-Mobilität-Wende. Und nun, das war bei der Classic-Tour nicht zu übersehen, drängen auch immer mehr der sogenannten Youngtimer auf den Markt.

Ganz frisch dabei ist der Oldtimer Club Stolberg, gegründet im Juli 2020. Das OSC-Duo Andreas und Tatjana Eiden auf einem Triumpf Stag Baujahr 1977 gewann dann auch die Touristik-Klasse. Und auch das ist ein Trend: viele junge Teilnehmer! Die Zahl der Gespanne Vater/Sohn, Vater/Tochter nimmt deutlich zu. Das freut den ACE-Vorsitzenden naturgemäß, „dass dieses Virus an die nächste Generation weitergegeben wird. Da entwickelt sich was. Der ACE existiert seit 1954 – da muss man eine mögliche Überalterung schon im Blick haben.“

 Für alle Teilnehmer gab es bei der Zieleinkunft erstmal flüssige Nahrung.
Für alle Teilnehmer gab es bei der Zieleinkunft erstmal flüssige Nahrung. Foto: Wolfgang Wynands

Und aktiv etwas dagegen tun. Zum Beispiel auch mit digitalen Angeboten. Beim OC Stolberg gibt es schon zwei Teams, die Simulationsrennen auf ADAC-Ebene fahren, „in“ einem Porsche Cayenne und einem Audi TT. „Wir haben das auch schon ausprobiert, allerdings intern. Damit muss man sich auseinandersetzen, wenn man für den Nachwuchs interessant bleiben will“, so Dohmen. Der ACE bietet allerdings auch „realen“ Rennsport – Mitglieder nehmen etwa an Berg- und Rundstreckenrennen teil. Um für junge Menschen interessant zu sein bietet der OCS auch Ausfahrten an, wenn man (noch) gar keinen Oldie besitzt.

661.520 historische Fahrzeuge (über 30 Jahre alt, mit dem sog. H-Kennzeichen) zählte das Kraftfahrzeugbundesamt (KBA) Anfang dieses Jahres – das entspricht einer Verdreifachung in zehn Jahren. Und immer mehr Youngtimer (mind. 15 Jahre alt), in Massen und haltbar produziert, können zu Oldtimern im Sinne des H-Kennzeichens werden. Das H-Kennzeichen, eingeführt 1997, deckelt die Steuer, egal welches Fabrikat man unterm Hintern hat, auf 191 Euro und wurde eingeführt, um historische Fahrzeuge als besonderes „Kulturgut“ zu schützen. Das Ganze passierte vor der aktuellen Umweltdiskussion und der Abkehr vom Verbrenner.

Diese Entwicklung sorgt für eine gewisse Verunsicherung in der Oldtimer-Szene und auch am Rande der Classic-Tour für angeregte Diskussionen, so Dohmen. „Aber ich glaube nicht, dass die Politik die Oldtimer-Szene zu arg strangulieren wird. Was ich mir aber durchaus vorstellen kann, ist, dass die Auflagen für das H-Kennzeichen angezogen werden.“ Stellschrauben könnten etwa produzierte Stückzahl sein, „oder man setzt das Alter, ab wann ein Oldtimer als Oldtimer gilt, höher.“

Was die Hoffnung im Spannungsfeld zwischen Verbrenner und E-Mobilität nährt, ist, dass Oldtimer einen verschwindend geringen Anteil am Verkehr haben, mit kaum nennenswerten Laufleistungen, da sie in der Regel nicht im Alltag bewegt werden. „Und es sind eben auch Wertanlagen“, unterstreicht Dohmen. Darüber hinaus ist es eine Szene, in der über Messen, Fachzeitschriften, Ersatzteilwesen und und und pro Jahr ein zweistelliger Milliardenbetrag umgesetzt wird. Und nicht zuletzt haben die Oldtimerfans mit dem ADAC, der selbst u.a. Classic-Touren und -Rallyes anbietet, einen großen Lobbyisten im Rücken.

 Trudi Willms (v.l.), Beatrix Rocke und Roswitha Teich, drei von Dutzenden freiwilligen Helfern, sorgten am Ziel für die Erfrischung der Teilnehmer.
Trudi Willms (v.l.), Beatrix Rocke und Roswitha Teich, drei von Dutzenden freiwilligen Helfern, sorgten am Ziel für die Erfrischung der Teilnehmer. Foto: Wolfgang Wynands

Die Classic Tour

Die 19. Eschweiler Classic Tour startete mit freitäglichem Vorgrillen und Beifahrerlehrgang im Autohaus Zittel. Start war dann Tags drauf am anderen Ende der Stadt am Autohaus Sazma, wo Schirmherrin und Bürgermeisterin Nadine Leonhardt (SPD) die Stadtflagge schwenkte. Kurzfristige Ausfälle aufgrund von Corona bzw. technischer Probleme gab es sechs. Auf der Strecke, die zwischen 150 und 180 Kilometern durch die Region mit Mittagsstopp in Mützenich führte, blieb aber keiner liegen.

Alle 94 Teams erreichten am Ende wohlbehalten das Ziel auf dem Eschweiler Marktplatz, wo sie von zahlreichen Zuschauern der umliegenden Cafés und den fachkundigen Anmerkungen von Zieleinlauf-Moderator Michael Gries begrüßt wurden. Auch die Fahrzeugparade anschließend auf dem Markt lockte wieder viele interessierte Zuschauer, die mit den Eigentümern manche Fachsimpelei führten.