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Eschweiler: Lydie-Auvray-Konzert mit stimmungsvollen Stunden im Talbahnhof

Eschweiler : Lydie-Auvray-Konzert mit stimmungsvollen Stunden im Talbahnhof

Wohl dem, der am Samstagabend im gut besetzen Kulturzentrum Talbahnhof Augen- und Ohren-Zeuge des Lydie-Auvray-Konzertes war. Musette? Akkordeon? Tango? Richtig. Und zwar derartig mitreißend präsentiert, gefühlvoll dargeboten, technisch perfekt und dennoch ohne die vorherrschenden Klischees, mit denen die Künstlerin augenzwinkernd selbst abrechnete: „Musette — das ist die Musik, die immer etwas nach Kommissar Maigret klingt.“

Seit nahezu 40 Jahren verkörpert und lebt Lydie Auvray ihren Stil nunmehr auf der Bühne. Die Lebensfreude, die sie ausstrahlt, während ihre Finger über das Knopfakkordeon rasen, sprang auch am Samstagabend augenblicklich ins Publikum über. Es muss irgendwas an französisch klingender Akkordeonmusik haften, dass die Leute mit Romantik oder Erinnerungen an eine vermeintlich bessere Zeit verbinden.

Der Fairness halber sollte man erwähnen, dass Lydie Auvray hierzulande mehr Erfolge damit feiert als in ihrem Heimatland Frankreich, wo der Akkordeon-Markt mehr als gesättigt sei, wie sie in einem Interview einmal verriet. Auvray selbst scheint das aber nicht zu stören. Wenn sie das Akkordeon zelebriert, dann versetzt sie sich offensichtlich in eine Art Parallel-Welt, strahlt, lacht, stampft mit den Absätzen aufs Parkett, tanzt mit ihrem Instrument über die Bühne und sucht den Augenkontakt mit ihren beiden Mitmusikern, die sie im Talbahnhof kongenial begleiteten.

Markus Tiedemann (Bass, Mandoline, Akustik- und E-Gitarre) sowie Eckes Malz (Piano und Percussion) sind technisch ausgezeichnete Musiker. Sie ergänzen die Auvray‘sche Klangwelt punktgenau und stilvoll, mit dem für die Stücke notwendigen Timing und Einfühlungsvermögen. Als Beispiel sei nur eine kleine musikalische Ode an den Atlantik genannt, an dem Lydie Auvray geboren wurde und ihre Kindheit verbrachte. Wie man mit Blasebalg und dezenter Perkussion innerhalb von Sekunden eine Strandstimmung mit Meeresrauschen und Windklängen zaubern kann, das ist schon großes Ohren-Kino.

Berührungsängste mit anderen Kulturen hat die Dame, die selbst einige Zeit auf den französischen Antillen lebte, keine. In ihren Kompositionen vereint sie Afrikanisches mit Südamerikanischem, koppelt spielerisch einfach Paris mit Kingston/Jamaica, setzt ein paar mexikanische Akzente und hat zwischendurch auch noch Zeit, um charmant etwas musiktheoretischen Hintergrund zu vermitteln. Dem Publikum erzählte sie, dass sie ungemein gerne ungerade Metren spiele, wie den 7/8-Takt. Außerdem sei sie ein Fan des sogenannten „Java“, einem Gesellschaftstanz, der in den 1920er Jahren mal salonfähig war. Dazu Auvray: „Die Damen halten ihre Hände dabei umschlossen im Nacken des Partners. Der hält seine Hände deutlich tiefer.“

Gute zwei Stunden entführte Lydie Auvray ihr Publikum in eine kurzweilige Klangwelt mit vielen unterschiedlichen Stilen. Das alles verband sie traumhaft sicher mit ihrem Instrument, das so weit entfernt ist von den gängigen Akkordeon-Klischees. Dazu hat sie auch noch eine tolle Stimme, wie sie beim Serge Gainsbourg-Klassiker „L‘ Accordéon“ bewies. Sehr wünschte sie sich, Gainsbourg hätte den Song nicht wie ursprünglich für Juliette Gréco geschrieben, sondern für sie selbst.

Zu Beginn der Show begrüßte Lydie Auvray die Zuschauer noch als Teil eines „kleinen, intimen Konzertes“. Gemessen am Schluss-Applaus dürfte das Publikum ihr wohl gezeigt haben, dass Begeisterung auch in einem kleinen Saal große Wogen schlagen kann.

(psi)