Wegen Auftritt im Hambacher Forst : Cat Ballou bei Karnevalssitzung in Weisweiler ausgepfiffen
Eschweiler-Weisweiler „Endlich wieder Quatsch machen“, lautete das Motto der Herrensitzung der KG Lätitia Blaue Funken Weisweiler, die „Eisbrecher“ Guido Cantz bereits aus Tradition eröffnet. Der Showmaster feierte auf Anhieb eine perfekte Rückkehr und gab die Einleitung für einen bunten Abend auf der Kultsitzung, die – selbstverständlich – einmal mehr ausverkauft war.
Nur Frohsinn? Fehlanzeige! Die Band Cat Ballou, die sonst mit viel Energie die Hallen des närrischen Rheinlands rockt, wurde ausgebuht.
Zuvor freute sich der Vorstand um den Vorsitzenden Patrick Oebels und Präsident Ralf Hesselmann noch wie gewohnt auf die jecke Party: „Wir sind stolz, wieder so ein Programm anbieten zu können!“ war die einheitliche Aussage. Mit tosendem Applaus wurde der Elferrat begrüßt und Guido Cantz stach im knallroten Anzug aus der Menge heraus. Gekonnt referierte er im „Hexenkessel von Weisweiler“ über den politischen Wahnsinn mit viel Humor und doch auch mit der nötigen Wut im Bauch, wenn es um zweifelhafte Persönlichkeiten wie Trump oder Erdogan ging. Gelungen verglich der „Porzer Junge“ beispielsweise die Rückkehr von Friedrich Merz zur CDU mit einem Comeback von Günter Delzepich zur Alemannia – und erntete dafür laute Lacher.
Das Tanzcorps der „Höppe Kroetsch“ sprang und tanzte zu einem bunten Potpourri kölscher Musik über die Bühne und auch hier waren die stehenden Ovationen programmiert. Danach wurde es lehrreich auf der Bühne, denn Martin Schopps, Sohn des legendären „Rumpelstilzje“, ist nicht nur Lehrer an einer Berufsschule, sondern auch passionierter Büttenredner. Mit der Gitarre bewaffnet, philosophierte der Kölner über die Jugend und die deutsche Sprache.
Warnung über die Gefahren
Dabei gab es eine eindringliche Warnung über die Gefahren von weggelassenen Satzzeichen, denn der Unterschied zwischen „Dein Hintern ist der Schönste weit und breit“ und „Dein Hintern ist der Schönste, weit und breit“ kann schnell für Gefahr in der Ehe sorgen, wenn die Männer aus der Herrensitzung später zu Hause auf ihre Frauen treffen. Sein Finale, bei dem er die Phasen des Klüngels mit Karnevalstiteln beschrieb, sorgte für mehrere Minuten schallendes Gelächter, denn wenn sich Geschäftswelt und Politik am „Bickendorfer Büdche“ treffen, heißt es schnell „Echte Fründe stonn zosamme“.
Die ausgelassene Stimmung in der Festhalle nahm jedoch eine drastische Wendung, als sich nun der Elferrat mit einer ganz und gar ernstgemeinten Botschaft an das Publikum wendete. Normal bedarf es kaum an Worten, um Cat Ballou auf die feiernde Meute loszulassen, doch das sollte sich für die Band im Oktober des vergangenen Jahres drastisch ändern. Man entschied sich, bei einem Solidaritätskonzert für die Protestbewegung am Hambacher Forst aufzutreten – ein Konflikt, der in den Medien omnipräsent war und dessen Spaltung zwischen RWE-Gegnern und -Befürwortern seinen Weg nach Weisweiler gefunden hat. Der Elferrat versuchte es schlichtend und bat diejenigen, die die Band für ihr Engagement kritisieren, den Saal zu verlassen, statt anderen ihr Erlebnis zu ruinieren.
Während der Saal sich schon auf unwürdige Weise zu großen Teilen leerte, kam die Band auf die Bühne und auch, wenn sie schon so einiges an sich hat abprallen lassen, sorgte ein gellendes Pfeifkonzert und das Zeigen von RWE-Bannern für lange Gesichter beim sonst so gut gelaunten Elferrat. Die Karnevalsprofis auf der Bühne ließen sich zwar nichts anmerkten und rockten wie gewohnt mit „Et jitt kei Wood“ und „Liebe deine Stadt“ auf der Bühne. Während im Publikum auch viel geklatscht und gefeiert wurde, ließen es sich die Störenfriede nicht nehmen, ihren Mitbesuchern den Auftritt zu verderben. Gleichzeitige Rufe von „Zugabe!“ bis hin zu „Aufhören!“ sorgten für eine befremdliche Stimmung, die auch an den Tischen für Kopfschütteln sorgte. „Das habe ich so noch nicht erlebt“, so ein langjährige Besucher: „Das ist doch unnötig!“
Thema in den sozialen Medien
Auch in den sozialen Medien ist das natürlich ein Thema: Auf Facebook wurde angeregt diskutiert. „Unmöglich! In Deutschland herrscht Meinungsfreiheit, was hat das eine mit dem anderen zu tun? Bravo Cat Ballou!“, schreibt eine Nutzerin in einer großen Gruppe für Eschweiler Bürger. Ein anderer Nutzer antwortet hingegen: „Cat Ballou plädiert für ein friedliches Miteinander, unterstützt aber Ökoterroristen, die Polizeibeamte mit Brandsätzen und Steinen bewerfen!“
Ein eindringliches Beispiel, wie aufgeheizt diese Debatte mittlerweile ist. Die Band hat sich auf Anfrage des Kölner „Express“ nur knapp dazu geäußert: „Wir haben demonstriert und aufgerufen für ein friedliches Miteinander auf Augenhöhe und einen Dialog auf sachlicher Basis. Wir distanzieren uns von jeglicher Form von Gewalt und Extremismus!“ Dazu antwortete Cat Ballou mit einem Songzitat: „Wenn uns uch Täler und Flüsse entzwei‘n. Baue mir Bröcke, die uns verein. Dafür kämpfe mir, su schläht uns Hätz. Und die Hoffnung, die stirv zoletzt!“
Die Wogen waren aber am Freitagabend in der Weisweiler Festhalle noch lange nicht geglättet, worunter auch die folgenden Acts leiden mussten. Denn die Diskussionen über das emotionale Thema blieben lautstark zu hören, wie auch Lieselotte Lotterlappen merken musste. Mit frivolen Witzen und flotten Tanzeinlagen zeigte die betagte, aber lustvolle „Dame“ ihre beste Stimmung, die jedoch nur streckenweise gerecht quittiert wurde.
Bei den Räubern zeigte die Stimmungskurve wieder nach oben und die Blue-Dance-Girls standen ihren Kolleginnen der Höppe Kroetsch in Nichts nach.
Nun setzten der Trompetensound Die Weisweiler den Schlusspunkt unter eine Herrensitzung, wie es sie wohl so noch nicht gegeben hat.