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Eschweiler: Friedenskirche droht der Abriss: Einzig die vier Glocken bleiben erhalten

Eschweiler : Friedenskirche droht der Abriss: Einzig die vier Glocken bleiben erhalten

Dort, wo bis vor 16 Wochen noch Gottesdienste, Taufen und Hochzeiten zelebriert wurden, könnten künftig Familien ein neues zu Hause finden. Nach derzeitigem Stand könnte es die Friedenskirche an der Friedrichstraße bald nicht mehr geben.

Bereits in zwei bis drei Jahren soll das Gebäude, dass den Christen in der Indestadt rund 50 Jahre als zu Hause diente, abgerissen sein.

Davon, dass die ehemalige Kirche bereits seit rund vier Monaten nicht mehr genutzt wird, ist beim Betreten allerdings kaum etwas zu spüren. Im Inneren des Gebäudes sind die Holzstühle noch genauso angeordnet, wie am Pfingstmontag. An diesem Tag fand nicht nur der letzte Gottesdienst, sondern auch die Entwidmung der ehemaligen Soldatenkirche statt.

Zwischen 30.000 und 35.000 Euro kostete die Unterhaltung des Gebäudes mit der Nummer 29 jährlich. Zwar sei das Dach im Laufe der Jahre saniert worden, die Fenster lassen allerdings weiterhin Luft hinein. „Man merkt, dass es mittlerweile hier drinnen etwas feucht geworden ist“, sagt Pfarrer Thomas Richter.

Die dringend erforderlichen Sanierungsarbeiten, die in den kommenden Jahren angefallen wären, hätten rund eine Million Euro betragen sollen. Ein Betrag, der nicht zu stemmen gewesen wäre.

Eine Entscheidung musste her, doch die war gar nicht so einfach zu fällen. Letztendlich entschied sich die Gemeinde dazu, ihrem Gotteshaus den Rücken zu kehren und machte sich auf in ein neues zu Hause: die Pfarrkirche St. Barbara, die nur wenige Meter von der ehemaligen Friedenskirche entfernt liegt. Während eines Probejahres sollen die Mitglieder beider Gemeinden nun herausfinden, ob sie sich mit der neuen Situation anfreunden können.

Bisher haben Richter und Hannokarl Weishaupt, Pfarrer der Pfarrei Heilig Geist, nur positive Erfahrungen gemacht. Bereits beim gemeinsamen ökumenischen Gottesdienst am Pfingstmontag fühlten sich die Mitglieder der evangelischen Gemeinde gut in ihrem neuen zu Hause aufgenommen. „Es gab auf beiden Seiten Menschen, die zu Tränen gerührt waren“, erinnert sich Weishaupt.

Könnte aus dem „Experiment“, wie Weishaupt und Richter es nennen, sogar eine dauerhafte Lösung für die Zukunft werden? „Wir sind mit der momentanen Situation sehr zufrieden“, meint Richter, der sich besonders über die ansteigende Zahl an Gottesdienstbesuchern freut. In den kommenden Wochen will die evangelische Gemeinde sogar den nächsten Schritt gehen. Dann sollen auch die Gruppen, die sich bisher noch in einem Nebenraum der Friedenskirche treffen, ins Pfarrhaus ziehen. „Es sollte ein Umzug auf Raten werden“, beschreibt Richter den Prozess.

Auch die Ökumene soll vorangetrieben werden. So wollen die beiden Pfarrer weitere Akzente setzen. Ein besonderer Termin steht schon fest: So soll am Nachmittag des Heiligen Abends ein ökumenischer Gottesdienst gefeiert werden. „Es ist eine pragmatische Ökumene, die hier gelebt wird und das ist eine gute Sache“, ist sich Weishaupt sicher und Richter ergänzt: „Eine offene Kirche ist immer besser als eine geschlossene.“

Man habe sich bewusst dazu entschlossen, vor Ort zu bleiben und das Gemeindeleben nicht in die Innenstadt zu verlagern, so Richter. Damit übernimmt die Indestadt eine Art Vorreiterrolle in Sachen simultane Kirchennutzung. „Es gibt wenige Beispiele dafür, dass sich Menschen freiwillig unter ein Dach begeben“, so Weishaupt. Er betrachtet dies als eine Art Herausforderung, in der beide Gemeinden nach Gemeinsamkeiten suchen müssten.

Und wie geht es mit der Friedenskirche samt Pfarrhaus weiter? „Wenn nichts passiert, wird es wohl zu einer Niederlegung kommen“, meint Richter und liefert auch prompt die Begründung: „Wir wollen die Kirche nämlich nicht zu lange ungenutzt lassen. Hier soll schließlich nicht der Eindruck einer Ruine entstehen.“

Das Pfarrhaus soll, losgelöst von der einstigen Kirche, renoviert und dann verkauft werden. Auch die Orgel, die sich noch im Inneren des Gebäudes befindet, wird derzeit zum Verkauf angeboten. Das Gelände auf dem derzeit noch die Friedenskirche steht, soll zunächst auf Bergbauschäden untersucht werden. Die Bodenuntersuchungen sollen in der kommenden Woche beginnen.

Im Vorfeld hatten bereits Gespräche mit der gegenüberliegenden Gesamtschule sowie mit einem Bestatterverband, der daraus eine Urnenkirche machen wollte, stattgefunden. „Es gab sogar Überlegungen, ob die Gesamtschule das Gebäude als Mensa oder Aula nutzt. Es hat sich aber herausgestellt, dass es für die Schule günstiger wäre, wenn sie komplett neu bauen würde“, so Richter. Das Interesse des Bestatterverbandes sei erloschen.

Bevor es zu einem Abriss und einer Neubebauung kommen könnte, müsste das Kirchenland zuerst zu öffentlichem Land erklärt werden. „Das wird noch ein langer Weg, das kann zwei bis drei Jahre dauern“, blickt Richter in die Zukunft.

Die vier Glocken der ehemaligen Kirche sollen erhalten bleiben. Sie sind derzeit bei einem Gemeindemitglied untergebracht. Was in Zukunft mit ihnen geschieht, steht allerdings noch nicht fest.