Neue Erkenntnisse : Explosion in Eschweiler: Säugling und Mutter schweben in Lebensgefahr
Update Eschweiler Die Zahl der bei der gewaltigen Explosion in Eschweiler lebensgefährlich verletzten Menschen ist von zwei auf vier gestiegen, darunter ein zwei Monate altes Baby.
Nach der gewaltigen Explosion in einem Wohn- und Geschäftshaus am Donnerstagabend in der Eschweiler Innenstadt, wird das Ausmaß der Katastrophe immer deutlicher. Insgesamt wurden 16 Menschen verletzt, vier von ihnen schweben in Lebensgefahr – darunter ein zwei Monate alter Säugling und seine Mutter. Diese hatte ihr Kind bei der Explosion auf ihrem Bauch festgehalten.
Hinzu kommen insgesamt 18 körperlich unverletzte Betroffene und zwei Feuerwehrleute mit Schnittverletzungen. Wie es zu der Explosion in der Neustraße kommen konnte, war auch am Freitag weiter unklar.
Nach Informationen unserer Zeitung gehen die Ermittler auch der Frage nach, ob die Explosion vorsätzlich herbeigeführt wurde. Ein Fremdverschulden könne nicht ausgeschlossen werde, sagte die zuständige Oberstaatsanwältin Katja Schlenkermann-Pitts. Es gebe aber keinen konkreten Anfangsverdacht in dem Sinne, dass man einen bestimmten Tatverdächtigen im Visier habe. Man ermittele im Übrigen in alle Richtungen. Die Mordkommission sei mit dem Fall betraut.
Informationen unserer Zeitung, dass eine Zeugin unmittelbar nach der Explosion ein Fahrzeug gesehen habe, das durch die Fußgängerzone gerast sei, will die Sprecherin der Staatsanwaltschaft weder bestätigen noch dementieren: „Dazu kann ich nichts sagen.“ Laut dem Eschweiler Feuerwehrchef Axel Johnen gibt es bislang keine Anhaltspunkte für die Ursache der Explosion. Diese zu ermitteln, sei jetzt Aufgabe der Polizei.
Gegen 21.15 Uhr hatte die Explosion nicht nur das Wohn- und Geschäftshaus in Flammen gesetzt und zerstört, sondern auch umliegende Gebäude massiv beschädigt. Rund 20 Einzelhändler waren neben den Anwohnern unmittelbar betroffen.
Videoaufnahmen zeigen das Ausmaß der Zerstörung. Glasscherben, Gebäudeteile, Gegenstände: Die Trümmer erstreckten sich über die gesamte Einkaufsstraße, im Umkreis von 50 Metern gingen sämtliche Fensterscheiben zu Bruch.
Die Feuerwehr hatte den Brand laut Johnen gegen 22 Uhr unter Kontrolle, gegen 2 Uhr war er größtenteils gelöscht. Im weiteren Verlauf der Nacht und am Freitag seien die Einsatzkräfte noch damit beschäftigt gewesen, Glutnester ausfindig zu machen und zu löschen. Die Arbeit sei durch die Feststellung eines Statikers erschwert worden: Zumindest Teile des betroffenen Wohn- und Geschäftshauses sind einsturzgefährdet.
Für die Arbeiten der Feuerwehr und für die Ermittlungen der Kriminalpolizei wurde der Bereich um das Gebäude in einem Umkreis von rund 100 Metern abgesperrt. Menschen, die in diesem Areal leben, dürfen seit dem späten Nachmittag über eine Zugangskontrolle wieder in ihre Häuser, wenn diese denn von der Stadt Eschweiler kontrolliert und anschließend gesichert worden sind. Eine Öffnung der Straße wird es hingegen nach Aussage von René Costantini frühestens im Laufe des Samstags geben.
Die Stadtverwaltung kümmerte sich in der Nacht um 18 Anwohner. Sie hätten ihre Häuser verlassen müssen, weil beispielsweise Schlafzimmerfenster durch die Druckwelle zerstört worden seien, sagte der Stadtsprecher am Freitag. Sie seien in einem Pfarrsaal in der Nähe von Mitarbeitern des Sozialamtes und von Notfallseelsorgern betreut worden. Später seien sie bei Bekannten und Verwandten untergekommen.
Trauer und Mitgefühl
Oberbrandrat Axel Johnen sprach derweil von einer erneut schwierigen Zeit für Eschweiler. „Die Menschen sind emotionalisiert, weil sie an die Zerstörungen durch die Flutkatastrophe im Juli 2021 erinnert werden.“ Klaus Robrecht, der Inhaber eines Taschengeschäfts und Vorsitzender des Eschweiler Citymanagement-Vereins, sagte ebenfalls mit Blick auf die zurückliegende Katastrophe: „Ich frage mich, wie lange das noch gutgeht und wie lange wir das in dieser Stadt noch durchhalten werden.“
Der nordrhein-westfälische Innenminister Herbert Reul (CDU) dankte den Einsatzkräften. Sie hätten „unter Inkaufnahme eigener Risiken alles getan, um die Bewohner des Hauses schnellstmöglich zu retten“, sagte Reul am Freitag in Düsseldorf. „Für sie ist das selbstverständlich, aber trotzdem sage ich Ihnen ausdrücklich: Danke!“ Er sei in Gedanken bei den Verletzten und ihren Angehörigen.
Bei ihrem Einsatz wurde die Feuerwehr Eschweiler von Kräften aus Aachen, Stolberg und Langerwehe unterstützt. Laut Johnen waren insgesamt 125 Feuerwehrleute aus Eschweiler im Einsatz, 105 Feuerwehrleute kamen von außerhalb. Außerdem waren 30 Kräfte des Technischen Hilfswerks und vom Verwaltungsstab der Stadt schätzungsweise 25 Menschen vor Ort.
Die Stadt hat eine Hotline mit zwei Telefonnummern eingerichtet. Die erste lautet 02403/71320, ist rund um die Uhr geschaltet und richtet sich an alle Betroffenen. Die zweite lautet 02403/71365, ist ebenfalls dauerhaft geschaltet und richtet sich in erster Linie an die rund 20 Einzelhändler, die unmittelbar von den Auswirkungen der Explosion betroffen sind.