Situation der Wohnungslosen : Eschweilerin baut Hilfenetzwerk über Facebook auf
Eschweiler/Stolberg Sabina Pechtloff ist aktuell jeden Tag unterwegs, um Spenden für bedürftige Menschen abzuholen und zu verteilen. Seit Oktober greift die Eschweilerin vielen, die Hilfe benötigen, mit Spenden unter die Arme. In Stolberg ist die Situation ebenfalls angespannt.
Sabina Pechtloff hatte definitiv kein zu ruhiges Weihnachtsfest: Sie hat an Heiligabend 100 Tüten voller Spenden an bedürftige Menschen verteilt. Seit Oktober versucht die Eschweilerin, mit Lebensmittel- und Sachspenden Wohnungslosen und Hilfebedürftigen gerade in der aktuellen Lage unter die Arme zu greifen. Ihr Ehemann und sie haben auch schon einige Mitstreiter gefunden: In ihrer Facebook-Gruppe „Obdachlosenhilfe Eschweiler“ sind mittlerweile etwa 300 Personen.
Angefangen hat alles mit der Bekanntschaft zu einem Obdachlosen, der in Eschweiler gelebt hat und inzwischen gestorben ist. „Wir haben ihn oft getroffen und ihm zum Beispiel Kleidung oder Zigaretten gebracht“, sagt Sabina Pechtloff. Das Ehepaar hat den Mann und seine Lebensumstände näher kennengelernt. „Er war immer total nett“, sind sie sich einig.
Hilfe für alle, die sie brauchen
Dabei ist das mit der Obdachlosenhilfe heute nicht mehr ganz richtig: Pechtloff möchte für alle da sein, die gerade Hilfe brauchen. So zum Beispiel auch für das in Stolberg gestrandete Team des Circus Amany, das sie in Zusammenarbeit mit einem Tierschutzverein mit Heuballen für die Tiere versorgen konnte.
Sabina Pechtloff weiß jedoch auch: In großen Städten ist das Problem Obdachlosigkeit viel präsenter, auch in Bezug auf die Corona-Pandemie. Deshalb ist sie vernetzt mit Aachener Ehrenamtlichen und gibt bei Bedarf Spenden weiter. Aktuell brauche man dort Schlafsäcke gegen die nächtliche Kälte.
Die Städte Eschweiler und Stolberg geben hingegen an, dass es keine Personen gibt, die auf der Straße leben. „Wir haben genug Platz für alle Wohnungslosen in unseren städtischen Unterkünften“, sagt der Sprecher der Stadt Eschweiler René Costantini. Dass die vorhandenen Plätze aus unterschiedlichen Gründen jedoch nicht von allen angenommen werden, steht auf einem anderen Blatt. Sabina Pechtloff spricht von drei ihr bekannten Menschen, die in Eschweiler draußen leben. „Wir kennen sie und geben Spenden an sie weiter.“
Bisher kein Covid-Fall in Unterkünften
In Eschweiler leben insgesamt 56 Personen in den Unterkünften, in Stolberg sind es 66. Einen positiven Covid-Fall gab es bisher in keinem Heim. „Dann wäre die Situation dramatischer“, sagt Jörg-Manfred Lang. Er ist Geschäftsführer des katholischen Vereins für soziale Dienste (SKM), der sich um die Unterbringung von wohnungslosen Menschen in Stolberg kümmert. Hier seien die Kapazitäten momentan ausgeschöpft. „In den letzten Monaten gab es eine enorme Zunahme.“ Das erklärt Lang damit, dass im Frühjahr dazu aufgerufen wurde, bei knapper Kasse Mietzahlungen auszusetzen. Das sei einigen nun zum Verhängnis geworden.
Er und sein Team haben als Schutzmaßnahme vor einigen Wochen die Obdachlosenküche einstellen müssen, weil es nicht mehr möglich war, die Sicherheitsvorkehrungen einzuhalten. Auch ein gemeinsames Weihnachtsessen musste ausfallen. Stattdessen gab es einzeln abgepackte Weihnachtsmahlzeiten.
Eine Anfrage ablehnen oder die Personenzahl aufgrund von Corona verringern musste der SKM jedoch nicht: „Bei uns wohnen zwei bis drei Personen in einer Wohnung zusammen.“ Auch in Eschweiler geschieht die Unterbringung in Einzel- oder Zwei-Personen-Zimmern, sodass die Umsetzung der Schutzmaßnahmen bei normaler Belegung möglich ist. Falls doch jemand in Quarantäne muss, gibt es geeignete Räume.
Sabina Pechtloff möchte nachhaltig helfen
Sabina Pechtloff nimmt momentan eine große Spendenbereitschaft wahr – und investiert selber eine ganze Menge. Das schlägt sich in Zeit und ungewöhnlich vielen Tankfüllungen nieder: Seit etwa vier Wochen seien Helfer täglich im Einsatz, um zum Beispiel Lebensmittel von Supermärkten abzuholen, die normalerweise von der Tafel abgenommen werden. Ihr Ziel ist es allerdings, auch unabhängig von Corona und den zusätzlichen Schwierigkeiten, die das Virus mit sich bringt, nachhaltig Hilfe zu leisten. Ihr Plan ist, demnächst einen Verein zu gründen.
Die Hausmeisterin hat in dem Gebäude, um das sie sich kümmert, sowohl ihren eigenen als auch einen zweiten, leerstehenden Kellerraum kurzerhand zu einem Lebensmittellager umfunktioniert. Zusätzlich unternimmt sie zusammen mit ihrem Mann und zwei anderen Ehrenamtlichen Lieferfahrten. Im Keller können nun auch Menschen vorbeikommen und sich frische Lebensmittel abholen. „Wir versorgen hier im Moment auch Leute, die sonst zur Tafel gehen“, sagt Sabina Pechtloff.
Die Kontaktaufnahme ist möglich über die Facebook-Gruppe „Obdachlosenhilfe Eschweiler“.