„Generationen Gemeinsam“ hilft Kindern : Bildung gibt’s nicht nur in der Schule
Eschweiler Kinderarmut ist ein großes Thema in Eschweiler: Jedes vierte Kind in der Indestadt gilt als arm. „Und Kinderarmut heißt immer auch Bildungsarmut“, weiß Dr. Wolfgang Joußen.
Der Inhaber des Büros für sozialwissenschaftliche Analysen und Planungen ist Geschäftsführer des im vergangenen Jahr gegründeten Vereins GeGe (Generationen Gemeinsam), dessen bisher zwei Dutzend Mitglieder sich in mehreren Projekten generationsübergreifend und interkulturell für essentielle Belange von Jung und Alt einsetzen.
Unterstützt wird die Arbeit des von Klaudia Thelen geleiteten Vereins durch ein Präsidium, dem neben Stefan Löhmann, Renée Grafen und Björn Guske Vertreter aus der Senioren- und Sozialarbeit, aus stationären und ambulanten Versorgungseinrichtungen, aus dem medizinischen Bereich, aus Kranken- und Pflegekassen sowie aus Politik und Verwaltung angehören.
Das neueste Projekt des Vereins, der sich mit dem sozialen Betreuungsdienst „Selbstbestimmt älter werden“ vornehmlich um Senioren kümmert und bereits 22 ältere Menschen in ihren Wohnungen betreut, befasst sich mit Kindern. Kindern, die gezielt gefördert werden sollen, um ihre Bildung und damit ihre Chancen im alltäglichen Leben zu verbessern.
„Bildungswerkstatt – Intergenerationelle Bildungsförderung für Kinder aus dem Quartier Eschweiler West“ lautet der etwas sperrige Titel des Vorhabens, in dem junge Menschen vom Wissen und der Lebenserfahrung älterer profitieren sollen. Zielgruppe: Kinder zwischen vier und sieben Jahren, die – ungeachtet ihrer Herkunft – in der „Bildungswerkstatt“ individuelle Defizite aufarbeiten können, um für den Überrgang von der Kita in die Grundschule gestärkt zu werden.
Ehrenamtliche Bildungsmentoren, vornehmlich aus dem Quartier West, sollen nach einer Schulung zunächst etwa 25 Kindern in Kleingruppen Alltagswissen vermitteln. „Dabei steht die individuelle Förderung im Vordergrund“, sagt Projektleiter Wolfgang Joußen. „Es geht uns nicht darum, Nachhilfe anzubieten oder die Offene Ganztagsbetreuung zu verdoppeln.“ Sechs solcher Mentoren hat der Verein bereits gefunden, bis zum Sommer sollen es zehn werden. Zehn erfahrene Ehrenamtler, die sich ab September jeweils etwa vier Stunden pro Monat um die Kinder kümmern und dabei auch die Eltern zur Übernahme von Bildungsverantwortung motivieren.
„Unterrichtet“ wird nicht in Klassenzimmern oder Gruppenräumen, sondern an außerschulischen Lernorten: überall dort, wo sich Wissen vermitteln lässt. „Da gehört das Kino ebenso dazu wie die Kletterhalle, die Stadtbücherei, Schwimmvereine, der Alsdorfer Tierpark und das Energeticon, das Centre Charlemagne und der Landtag“, sagt Joußen. Allein in der Städteregion gibt es an die 40 entsprechende Angebote.
Gedacht ist das Projekt für Kinder im Quartier West. Zu dem gehört der Siedlungsbereich entlang der Bahnlinie Aachen-Köln zwischen der Odilienstraße und dem Stadtteil Pumpe/Stich (L238/Am Hohen Stein), der Siedlungsbereich zwischen der Röthgener Straße und der Bourscheidtstraße im Stadtteil Eschweiler-Röthgen sowie der Bereich zwischen Indestraße, Gutenbergstraße und Langwahn. Ein Quartier mit rund 5000 Einwohnern sowie mehreren Kitas und Schulen. Letztere nehmen auch die Auswahl der Kinder vor, die von der Bildungswerkstatt profitieren sollen.
„Mit solch einem Projekt kann man keine Strukturen verändern, aber individuell helfen, und damit hat es mehr als seine Berechtigung“, betont Wolfgang Joußen.
Das sieht man offenbar auch in Düsseldorf so, wo ein im Sommer gestellter Antrag auf Fördermittel vom Eschweiler SPD-Landtagsabgeordneten Stefan Kämmerling begleitet und zügig positiv beschieden wurde. Zwei Jahre lang, vom 1. Dezember 2018 bis zum 30. November 2020, fördern das Landesministerium für Arbeit, Gesundheit und Soziales und der Europäische Sozialfonds NRW der Europäischen Union das Projekt, das zudem von der Stadt Eschweiler finanziell unterstützt wird. „Eschweiler West ist ein Quartier mit Problemen, aber auch mit großen Chancen“, sagt Kämmerling und lobt die Beteiligten. „Hier ist bereits Großartiges entstanden. Ich ziehe den Hut vor dem, was Sie machen und vor der Qualität, in der Sie es machen.“
Am Montag, 18. März, kommen die ehrenamtlichen Bildungsmentoren um 17 Uhr in der Villa Faensen zu einem ersten Treffen zusammen. Dann kann jeder, der Interesse hat, mit Kindern zu arbeiten, dazukommen. Besondere Voraussetzungen irgendeiner fachlichen Art sind nicht nötig. Interessenten können sich aber auch direkt bei den GeGe melden. Projektleiter Dr. Wolfgang Joußen ist unter Tel. 7204420 zu erreichen.