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Bürgermeister fordern WVER zum Handeln auf: „Die Menschen möchten endlich wieder ruhig schlafen können“

Bürgermeister fordern WVER zum Handeln auf : „Die Menschen möchten endlich wieder ruhig schlafen können“

In einem gemeinsamen Brief fordern Nadine Leonhardt und Patrick Haas den Wasserverband auf, kurzfristige Maßnahmen zur Verbesserung des Hochwasserschutzes zu ergreifen. Ihre Unzufriedenheit ist erkennbar groß.

Man könnte sagen, dass Nadine Leonhardt und Patrick Haas in einem Boot sitzen. Aber das wäre im aktuellen Kontext wohl sprachlich ziemlich unsensibel. Schließlich geht es bei dem Schulterschluss der Eschweiler Bürgermeisterin und ihres Amtskollegen aus Stolberg wieder einmal um die Folgen der Hochwasserkatastrophe vom 14. und 15. Juli 2021.

Es ist längst nicht das erste Mal, dass sich die beiden Sozialdemokraten zusammentun, um mit vereinten Kräften oder mit gemeinsamer Stimme die Interessen ihrer weiterhin von der Flut deutlich gezeichneten Städte zu vertreten. Diesmal tun sie das in einem Brief an den Vorstand des Wasserverbandes Eifel-Rur (WVER), Joachim Reichert. Es ist eine Art Brandbrief, den die Stadtoberhäupter formuliert haben – ergänzt um eine umfangreiche Mängelliste, deren zügige Abarbeitung die beiden vehement fordern.

„Der aktuelle Hochwasserschutz ist immer noch schlechter als vor der Katastrophe“, stellen Nadine Leonhardt und Patrick Haas fest und geben damit explizit den, wie sie berichten, zahlreichen Bürgerinnen und Bürgern recht, die sich mit ihren Sorgen bei den Stadtverwaltungen melden würden. „Viele Menschen leiden weiterhin unter psychischen Folgen. Insbesondere bei stärkeren Regenfällen erreichen uns daher zahlreiche besorgte Nachrichten und Anrufe“, heißt es weiter.

Zuletzt, darauf verweist Patrick Haas im Gespräch mit unserer Zeitung, sei das Mitte der vergangenen Woche so gewesen. „Aufgrund der Schneeschmelze und der ergiebigen Regenfälle konnte man vor allem am Donnerstag die Nervosität in unserer Stadt deutlich spüren“, berichtet der Bürgermeister. Dies sei zumindest zum Teil darauf zurückzuführen, dass der Wasserverband selbst Maßnahmen, die als einfach und kurzfristig umsetzbar eingestuft seien, bis dato nicht angegangen sei.

„Eine kurzfristigere Umsetzung bringt aber nicht nur objektiv einen höheren Hochwasserschutz, sondern auch ein subjektiv höheres Sicherheitsgefühl bei den betroffenen Anwohnerinnen und Anwohnern“, argumentieren die beiden Bürgermeister und drängen deshalb auf eine „höhere Umsetzungsgeschwindigkeit“. Denn, so Patrick Haas: „Die Menschen in unseren Städten wollen Verbesserungen sehen, und das kann ich auch gut verstehen.“ Er erwarte nicht, „dass morgen ein Regenrückhaltebecken gebaut wird. Aber eine Transparenz der Maßnahmen, die geplant sind, kann ich schon erwarten“, findet der Bürgermeister. „Für die Bürgerinnen und Bürger muss ersichtlich sein, was geplant ist und was gemacht wird.“

Patrick Haas und Nadine Leonhardt haben einen gemeinsamen Brief an den Wasserverband geschickt. Ihnen geht der Wiederaufbau nicht schnell genug.
Patrick Haas und Nadine Leonhardt haben einen gemeinsamen Brief an den Wasserverband geschickt. Ihnen geht der Wiederaufbau nicht schnell genug. Foto: MHA/Caroline Niehus

Nadine Leonhardt unterstreicht das gegenüber unserer Zeitung: „Ich teile die Bedenken und Gefühle vieler Eschweiler, wenn Regen angekündigt wird. Die Menschen brauchen Sicherheit beim Hochwasserschutz und haben nach den schrecklichen Erfahrungen auch ein Recht auf funktionierende Planung und kurzfristige Umsetzungen. So kann es nicht bleiben.“

Grundsätzlichen wollten, erläutert wiederum Patrick Haas, er und seine Amtskollegin dem Wasserverband nicht den Willen absprechen, den Hochwasserschutz möglichst schnell zu verbessern. „Und wir wissen, dass auch der WVER nicht auf eine solche Situation vorbereitet und für diese entsprechend aufgestellt war.“ Dennoch müssten kleinere Maßnahmen nun, 20 Monate nach der Flutkatastrophe, endlich umgesetzt werden.

Jeweils sechs konkrete Beispiele aus Eschweiler und Stolberg haben Nadine Leonhardt und Patrick Haas in ihrem Schreiben aufgeführt. Dabei geht es in Eschweiler unter anderem um Renaturierungen entlang der L238n, in Aue und in Eschweiler-West. Außerdem wird die Ausweitung oder Schaffung von Retentionsflächen, also Überflutungsflächen, im Bereich des Gewerbeparks Triwo unweit der Dürener Straße sowie zwischen Inde, Bahngleisen und Kölner Straße gefordert.

In Stolberg geht es beispielsweise um Treibgutfallen an der Einmündung des Hasselbachs in Zweifall und auf der Freifläche vor der Brücke in Vicht, die Nutzung des Maisfeldes an der Zweifaller Straße als Überflutungsfläche, die Erhöhung der Ufermauern, Böschungen und Deiche in der Innenstadt sowie Renaturierungsmaßnahmen an der Kläranlage in der Steinfurt.

Nach der Schneeschmelze und den kräftigen Regenfällen war der Pegel des Vichtbachs in Stolberg am vergangenen Donnerstag innerhalb weniger Stunden deutlich gestiegen.
Nach der Schneeschmelze und den kräftigen Regenfällen war der Pegel des Vichtbachs in Stolberg am vergangenen Donnerstag innerhalb weniger Stunden deutlich gestiegen. Foto: MHA/Michael Grobusch

Dass Eschweiler und Stolberg in dieser Sache kooperieren, ist im Übrigen für Patrick Haas eine Selbstverständlichkeit. „Wir haben ja unter anderem auch beim Masterplan Hochwasserschutz zusammengearbeitet“, gibt er zu bedenken. „Und beide Städte sind gleichermaßen von den Folgen betroffen.“

Eine Rückmeldung des Wasserverbandes auf ihren Brief haben die Bürgermeisterin und der Bürgermeister noch nicht erhalten. Und auch gegenüber unserer Zeitung hält sich der WVER bedeckt. Telefonische und schriftliche Anfragen sind bisher unbeantwortet geblieben.