Situation der Tafeln : „Die Leute können sich die Lebensmittel einfach nicht mehr leisten“
Eschweiler/Stolberg Hochwasser, höhere Kosten für Lebensmittel und Sprit, der Ukraine-Krieg – die Tafeln müssen momentan etliche Herausforderungen bewältigen. Wie ist die Lage in Eschweiler und Stolberg?
„Im Moment kommen wir hin“, sagt Karin Schmaling und fügt hinzu: „Unsere Kunden wissen, dass wir im Winter immer etwas weniger Ware haben. Aber bei uns geht niemand ohne etwas nach Hause.“ Karin Schmaling ist Vorsitzende der Eschweiler Tafel. Momentan hat der Verein sein Ladenlokal an der Röthgener Straße drei Mal in der Woche geöffnet. Doch genau das wird derzeit zum Problem für die Ehrenamtler.
Die Kunden der Tafel zahlen für ihren Einkauf einen kleinen Obulus. Die Einnahmen reichen nach Aussage der Verantwortlichen aber derzeit nicht aus, um die Spritkosten zu zahlen. Mit dem Transporter holen die ehrenamtlichen Fahrer die Lebensmittel in den Supermärkten ab. „Wir tanken im Moment jede Woche für 100 Euro Diesel. Wenn wir an fünf Tagen pro Woche öffnen würden, holen wir das Geld rein, aber an drei Tagen funktioniert das nicht“, erklärt Schmaling. „An fünf Tagen können wir aber nicht öffnen, weil wir nicht genug Ware bekommen.“ Finanziert wird der Sprit momentan mit Spenden. „Wir müssen regelmäßig an unsere Reserven gehen“, sagt Karin Schmaling und prognostiziert: „Ich befürchte, dass auch wir mit den Preisen etwas hochgehen müssen, wenn das so weitergeht.“
Dass die Preise für Lebensmittel steigen, hat auch Auswirkungen auf den Kundenstamm der Eschweiler Tafel. „Wir nehmen jede Woche rund fünf neue Familien auf. Die Leute können sich die Lebensmittel einfach nicht mehr leisten“, weiß Karin Schmaling. Auch Geflüchtete aus der Ukraine erhielten Waren.
Kein richtiges Geschäft
Momentan suchen laut der Vorsitzenden zehn Familien, die vor dem Krieg geflüchtet sind, die Räume der Tafel regelmäßig auf. Die Sprachbarrieren seien groß. Deutsch werde gar nicht, Englisch kaum gesprochen. „Viele verstehen nicht, dass wir kein richtiges Geschäft sind und dass sie warten müssen. Am Anfang war die Kommunikation schwierig“, berichtet Schmaling.
Mittlerweile haben die Ehrenamtler für die Geflüchteten ein eigenes System etabliert. „Sie fallen aus dem regulären Nummernsystem heraus. Auf ihren Karten sind Passbilder und die ukrainische Flagge drauf.“ Bedient werden sie zwischen den Bestandskunden. „Das klappt mittlerweile ganz gut. Von unseren anderen Kunden hat sich bisher auch noch niemand beschwert“, erklärt Schmaling.
Die Bedenken ihrer Eschweiler Kollegin teilt auch Gisela Becker-Bonaventura. Die Vorsitzende der Stolberger Tafel geht davon aus, dass aufgrund der steigenden Lebensmittelpreise mehr Menschen die Einrichtung an der Eschweilerstraße aufsuchen werden. In Stolberg ist die Tafel nach der Flutkatastrophe im Juli 2021 noch nicht wieder in ihre ursprünglichen Räume zurückgekehrt. Daran arbeite man derzeit allerdings auf Hochtouren. Voraussichtlich im Mai soll der Betrieb dort wieder aufgenommen werden.
Untätig sind die Ehrenamtler um Gisela Becker-Bonaventura und ihren Stellvertreter Alfred Baldes dennoch nicht. In dieser Woche fand die Oster-Aktion statt. 285 Familien mit insgesamt 826 Personen wurden versorgt. Darunter nicht nur Betroffene des Hochwassers und Hauslieferungskunden, sondern auch 15 Familien aus der Ukraine. Vor der Corona-Pandemie berechneten die Ehrenamtler pro Einkaufswagen zwei Euro – egal wie voll dieser war. Während der Pandemie wurden die Lebensmittel kostenlos ausgegeben. „Aber auch wir müssen mal alles durchrechnen“, kündigt Gisela Becker-Bonaventura an.