Ergebnisse im Masterplan : Deutlich mehr Überflutungsflächen und eine tiefer gelegte Indestraße
Eschweiler Die Experten des Wasserverbands Eifel-Rur haben am Donnerstagabend die Ergebnisse des Masterplans „Hochwasserresiliente Stadtentwicklung“ für Eschweiler vorgestellt. Die Vorschläge im Überblick.
Irgendwie hatte es im Vorfeld des Planungs-, Umwelt- und Bauausschusses in Eschweiler ein Kommunikationsproblem gegeben. So jedenfalls erklärte der Wasserverband Eifel-Rur (WVER) die Tatsache, dass er die Ergebnisse des Masterplans „Hochwasserresiliente Stadtentwicklung“ entgegen der ursprünglichen Planung doch schon in der öffentlichen darstellte. 58 Folien umfasste die Präsentation, die Vertreter des Projekts am Donnerstagabend hielten.
Darin enthalten war auch ein Blick auf den Stand bei der Schadenbeseitigung. Vor allem aber ging es um die bisherige Arbeit am Masterplan und daraus resultierende künftige Möglichkeiten für den Hochwasserschutz. Eigentlich gibt es konkrete Vorschläge für das gesamten Einzugsgebiet von Vicht und Inde, im Ratssaal wurden aber nur die Empfehlungen für Eschweiler erläutert – die anderen Ergebnisse sollen dann in den jeweils betroffenen Städten vorgestellt werden.
Verlegung von Industriegebäuden
Was also haben die Experten bei ihren Workshops und anschließenden Überlegungen konkret erarbeitet? Die folgenden Ergebnisse sind in Flussrichtung von Stolberg kommend zusammengestellt. Zunächst einmal geht es um eine deutlich erweiterte Flächennutzung in Eschweiler-West. Diverse Überschwemmungsflächen sollen geschaffen werden, gegebenenfalls mit Hilfe der Verlegung von Industriegebäuden. Das könnte das Betonwerk Schüssler an der Röher Straße sowie die ESW-Röhrenwerke an der Auestraße betreffen, wobei letztere bereits stillgelegt sind.
„Wenn man bei den Röhrenwerken eine Neunutzung vornimmt, müsste das eventuell berücksichtigt werden“, gibt Martin Kaleß zu bedenken. Der Projektleiter weiß um die Brisanz solcher Vorschläge: „Es ist ein kritischer Punkt, wenn die bestehende Bebauung dem Fluss weichen müsste. Wobei das in Eschweiler der einzige Bereich ist, in Stolberg gibt es da möglicherweise mehrere.“ Für die Umsetzung schlägt der Wassserverband eine Machbarkeitsstudie vor.
Im weiteren Verlauf der Inde könnte parallel zur Rue de Wattrelos unterhalb der Brücke eine Schutzmauer entstehen, um den Einlauf von Hochwasser in den Padtkohlgraben zu verhindern. Über diesen war das Wasser im vergangenen Juli entlang der Gutenbergstraße in die Innenstadt gelaufen, so dass das Wasser von zwei Seiten kam und Schaden anrichtete. Um diesen eng bebauten Bereich zusätzlich zu schützen, ist laut WVER die Vertiefung des Indeprofils und damit eine erhöhte Leistungsfähigkeit des Flusses denkbar.
Zudem könnte die Indestraße, deren Straßenraum ohnehin neu aufgeteilt werden soll, noch eine Rolle spielen. „Wenn es nur noch zwei Fahrspuren geben würde, könnte damit ein erweiterter Raum für das Gewässer einhergehen. Weiterhin denkbar wäre eine Absenkung der Indestraße, um sie im Hochwasserfall zur Lenkung des Wassers zu nutzen“, erläutert Martin Kaleß. Auch dafür wäre eine Machbarkeitsstudie nötig.
Mehr Platz für die Inde könnte es auch im Bereich Schlachthof/Patternhof geben, wenn Change Factory und Wohnhäuser hochwasserangepasst gebaut würden. Der Drieschplatz könnte zudem als Überflutungsfläche ausgewiesen werden. In Nothberg ist der Ansatz, den Mühlengraben „abzusperren“ und das Wasser gezielt zu leiten, zum Beispiel über Straßen.
Für weitere Objekte schlagen die Experten einen deutlich erhöhten Hochwasserschutz vor – anstatt für ein sogenanntes hundertjährliches Hochwasser (HQ100) soll dieser für ein noch deutlich selteneres und stärkere Hochwasser (HQ Extrem) ausreichen. Das gilt zum Beispiel für das St.-Antonius-Hospital sowie das Gewerbegebiet Königsbenden. „Konkrete Maßnahmen nennen wir für die einzelnen Gebäude nicht, das ist Sache der Eigentümer. Aber mit dieser Empfehlung haben sie eine unabhängige Bestätigung, dass ein höherer Hochwasserschutz sinnvoll wäre“, erklärt der Projektleiter. So solle sichergestellt werden, dass der Schadensfall verhindert werden kann.
In Hücheln ist ebenfalls mehr Raum für den Fluss vorgesehen: Dort könnte das Hubert-Bündgens-Stadion eine Überflutungsfläche werden, genauso wie umliegende Gehölzflächen. „An dieser Ecke kommen mehrere Gewässer zusammen. Es hat sich gezeigt, dass der vorhandene Platz im Extremfall nicht ausreicht“, stellt Martin Kaleß fest. Deshalb solle an dieser Stelle nicht mit Deichen, sondern ebenfalls mit Überflutungsflächen gearbeitet werden. „Mit Deichen würden wir ja das Gegenteil erreichen, diese nehmen dem Wasser Raum.“
Etwas weiter flussabwärts sind trotzdem Deiche geplant, um die Gebäude in Weisweiler zu schützen – nicht für jedes Haus einzeln, sondern als Anlage für die gesamte Bebauung. Ein separater umfangreicher Schutz ist für die Kläranlage vorgesehen. „Sie liegt am tiefsten Punkt und stand im Juli komplett unter Wasser. Deshalb würde sich dort eine komplette Eindeichung anbieten, damit das Wasser von keiner Seite eindringen kann“, schlägt Kaleß vor. Zudem könnten die Ackerflächen der Kirche sowie weitere Ackerflächen als Überflutungsfläche dienen. Des Weiteren soll geprüft werden, ob der Feldweg unter der Autobahn künftig zur Wasserführung genutzt werden kann.