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Vor 50 Jahren in Stolberg und Eschweiler: Call Girl, Hansi und der lange Franz

Vor 50 Jahren in Stolberg und Eschweiler : Call Girl, Hansi und der lange Franz

Ein Nashorn mit einem eher eigenwilligen Namen, Verkehrsteilnehmer mit Pegel und Fußballspiele im Schnee: Das stand heute vor 50 Jahren in den Zeitungen in Eschweiler und Stolberg.

Das noch junge Jahr stand damals ganz im Zeichen der Vorbereitungen auf die Karnevalssession – und das nicht nur in der Hochburg Eschweiler, sondern auch in Vicht. 1971 war zu lesen: „Die Jecken pflegen sauberen Karneval“. Das erklärten Josef Delhaes, damaliger Präsident der KG Vicht, und der erste Vorsitzende Erich Schmitz. Die beiden Herren berichteten, dass die Vorbereitungen auch mit Sorgen – vor allem finanzieller Art – verbunden seien.

„Fest steht, daß ich in Bezug auf meine finanziellen Zugaben mit meiner Familie für diese Summen einen angenehmen Urlaub verbringen könnte“, sagte Schmitz damals. Interessant: Die Kosten für die sogenannte Altensitzung betrugen damals rund 1500 DM. „Diese Summe gliedert sich folgendermaßen auf: Parodisten und Büttenredner, geliehenes Porzellan, Dekoration, Getränke, Kuchen und belegte Brötchen“, erläuterte Schmitz. Doch das nehme man gerne in Kauf, denn es gehe darum, „die alten Vichter zu ein paar unbeschwerten Stunden zusammenkommen zu lassen, daß sie sich wenigstens einmal im Jahr beisammensetzen können, um für lange Zeit wieder eine nette Erinnerung im Herzen zu haben“, so Delhaes.

Ein Pferd an der Theke

Während in Vicht das eigentlich frohsinnige Treiben einige Sorgen bereitete, wurde in Schevenhütte herzlich gelacht – und zwar über ein Pony. Beim Frühschoppen in der „Reiterstube“ am Kahnweiher ereignete sich folgendes Szenario: Ein Gast erklärt, er sei durstig wie ein Pferd. Das wollten einige Herren ganz genau wissen. Und schon stand „ein schwarzes, zotteliges Pony vor dem Tresen“. „Hansi“ bekam zwar kein Bier, dafür aber einige Würfel Zucker. Einem Gast war das ganze Prozedere allerdings nicht sehr geheuer. „Das war aber gewiß nicht das erste Mal, daß das Pony vor dem Schanktisch stand, es machte das ja wie gelernt.“

Und es gab noch mehr Tiere. Und zwar eins, das auf den Namen „Call Girl“ hörte. Wirklich! „Call Girl“ war ein Rhinozeros und – keine Sorge – es tauchte nicht in einem hiesigen Lokal auf. Warum es dennoch für Schlagzeilen sorgte? Weil ihm ein Sender ins Horn gepflanzt wurde – im Sinne des Tierschutzes.

Einige Einsätze standen am ersten Wochenende des neuen Jahres auf der Agenda von Polizei und Feuerwehr. Auf der Brücke Münsterbachstraße stießen damals zwei Autos zusammen. Dabei erlitt die Beifahrerin leichte Kopfverletzungen. Am Lindchen wurde ebenfalls eine Beifahrerin bei einem Unfall verletzt. Dort geriet ein Auto von der Straße. Die Frau erlitt einen Unterarmbruch. Sowohl in Stolberg als auch in Eschweiler war zudem Alkohol im Spiel. Auf der Münsterbachstraße in Stolberg wurde damals ein Fußgänger von einem Auto angefahren und leicht verletzt. Dem Fußgänger wurde eine Blutprobe entnommen, denn „seine Atemluft roch nach Alkohol“. Ein ähnliches Vorgehen gab es in Eschweiler. Auf der Steinstraße wurde ein Mopedfahrer von der Polizei gestellt, weil „bei ihm der Verdacht der Alkoholeinwirkung vorlag“.

Geprostet und gegessen

An dieser Stelle darf ein kleiner Rückblick auf die Silvesternacht 1970/71 erlaubt sein. Damals rückten die Eschweiler Einsatzkräfte zum Brand eines Kamins in einem Haus an der Dürener Straße aus. Ansonsten blieb es ruhig – zumindest einsatztechnisch. In den Kneipen, Bars und Discotheken sah das ganz anders aus. „Hatte man gedacht, die häuslichen Silvesterfeiern würden die Stammtische und die festlich gedeckten Tische der einzelnen Restaurants und Discotheken überstimmen, der wurde in dieser Nacht eines Besseren belehrt, denn zwischen Röthgen und der Altstadt, zwischen Weisweiler und Röhe wurde in den gastlichen Stätten gefeiert, geprostet und gegessen“, war damals in dieser Zeitung zu lesen. Dort, wo getanzt werden konnte, herrschte besonders viel Betrieb. „Das zeigte sich vor allen Dingen in der Altstadt, im Hotel St. Peter, im Bacchus-Keller und im Lydo. War es bei Mertens, im Fäßchen, im Löwenbräu, in der Altdeutschen, bei Breuer oder sonstwo: Überall herrschte Hochbetrieb und Stimmung.“ Und: „In jedem Fall aber wurde die Nacht zum Tage gemacht. Man möchte nicht die Stunden Schlaf zählen, die mancher Wirt aufholen muß, wenn ihm das verlängerte Wochenende die Zeit dazu lässt.“

Wir freuen uns schon alle darauf, wenn solche Feiern wieder möglich sind. Was es ebenfalls hierzulande nicht (mehr) gibt: Schnee. Das war vor 50 Jahren noch ganz anders. Wie etliche Fotos zeigen, hatte Frau Holle wohl jede Menge Kissen ausgeschüttelt. Wem der Schnee laut unserer Zeitung nichts ausmachte, war der „lange Franz“, seines Zeichens Fußballer des SC Jülich, der Bayer Leverkusen in einem Freundschaftsspiel ein 2:2 abtrotzte. Das waren noch Zeiten, als Bayer Leverkusen und Jülich auf Augenhöhe kickten...

Ebenfalls auf Augenhöhe (und im Schnee) waren Alemannia Aachen sowie 1860 München. Die waren gerade beide aus der Fußball-Bundesliga abgestiegen und trennten sich am Tivoli auf schwerem Geläuf nun 1:1. Das Tor für Aachen erzielte Hoffmann, der rund 20 Jahre später noch ein Gastspiel in Eschweiler geben sollte. Als Jugendtrainer bei Germania Dürwiß.

Mit einem „hohen Andrang“ rechnete damals die Deutsche Bahn in Eschweiler und Stolberg. Die bewarb damals nämlich die sogenannten Freundschaftskarten für „Fahrgäste, die nicht gerade auf Rosen gebettet sind“.

Handfester Skandal

Vor 50 Jahren gab es, wie wir schon erfahren haben, noch einen richtigen Winter – und zwar auch Anfang Januar. Das ist aus folgender Meldung zu entnehmen: „Die Bevölkerung ist mit den städtischen Schneeräum-Kommandos zufrieden. Allenthalben wird übereinstimmend erklärt, daß die Organisation klappt. Vor allem ist angenehm aufgefallen, daß auch die Nebenstraßen in den Außenbezirken frühzeitig bedient werden.“

Einen handfesten Skandal hingegen gab es damals im Profisport und zwar beim Boxen. „Mieser als beim Kirmes-Boxen“ titelte damals diese Zeitung und ein Manager wurde zitiert mit: „Der war Silvester sturzbetrunken und schluckte Tabletten.“ Das mit dem Trinken an Silvester soll bekanntlich schon mal vorkommen. Dumm nur, wenn wenig später ein Boxkampf ansteht. „Skandalöser konnte das Jahr 1971 für den deutschen Profi-Box-Sport gar nicht beginnen. 4500 Zuschauer fühlten sich im Berliner Sportpalast um ihr Eintrittsgeld geprellt“, war vor 50 Jahren zu lesen. Interessant: Ursprünglich sollten den Zuschauern in mehreren Kämpfen 50 Runden geboten werden.

Am Ende war es nur 21. Im ersten Kampf trat Jose Manuel Ibar Urtain, Spaniens Ex-Europameister im Schwergewicht, gegen Everett Copeland an. Letzterer ließ sich einfach auf den Bauch fallen und blieb liegen, was das Publikum nicht gerade begeisterte. Vor allem deshalb nicht, weil Urtain scheinbar in die Luft geschlagen hatte. Auch bei Copelands Manager herrschte nicht gerade Begeisterung. „Copeland hat sich Silvester in Berlin sinnlos betrunken und kam erst morgens in das Hotel zurück. Weil er sich erkältete, schluckte er Tabletten. Ich ahnte die Katastrophe. Einen Schlag habe ich nicht gesehen, Copeland ist von allein umgefallen.“ Ihre Zusammenarbeit war danach beendet.