Ministerin Scharrenbach in Eschweiler : 162 Millionen Euro und ein paar unangenehme Fragen
Eschweiler/Stolberg NRW-Kommunalministerin Ina Scharrenbach war am Sonntag zu Besuch in Eschweiler und hatte 162 Millionen Euro für den Wiederaufbau der Stadt nach der Jahrhundertflut im Gepäck. Die Ministerin musste sich aber auch unangenehmen Fragen stellen.
Es hätte einfach ein ausschließlich schöner Sonntagsausflug für Ina Scharrenbach (CDU), NRW-Ministerin für Heimat, Kommunales, Bau und Gleichstellung sein können. Am Sonntagvormittag war sie aus einem freudigen Anlass nach Eschweiler gekommen: Sie hatte 162 Millionen Euro für den Wiederaufbau der Stadt im Gepäck. Aber natürlich musste sie sich auch unangenehmen Fragen stellen, nachdem herausgekommen war, dass sie wenige Tage nach der verheerenden Flut im Juli des vergangenen Jahres zu einer privaten Feier nach Mallorca geflogen war.
„Hinterher ist man immer schlauer“, sagte sie auf Nachfrage und ergänzte auch am Sonntag in Eschweiler: „Es tut mir sehr leid.“ Am Donnerstag war bekannt geworden, dass sich Scharrenbach mit der inzwischen zurückgetretenen Umweltministerin Ursula Heinen-Esser, Europaminister Stephan Holthoff-Pförtner und der Bundestagsabgeordneten Serap Güler (alle CDU) auf der spanischen Insel getroffen hatte. Anlass war die Geburtstagsfeier für Heinen-Essers Mann.
Ina Scharrenbach sieht sich inzwischen Rücktrittsforderungen seitens der Opposition ausgesetzt. Auf die Frage, wie sie damit umgeht, wich sie in Eschweiler ein wenig aus. Sie habe ihre Amtsgeschäfte zu jeder Zeit vollumfänglich ausgeführt, sagte sie. Ergo: Sie denkt nicht an einen Rücktritt. Auf die Frage, ob sie befürchtet, dass sie bis zur Wahl nun bei jedem Termin Fragen zu ihrem Mallorca-Aufenthalt beantworten muss, sagte sie „Ich habe seit Donnerstag viele Nachrichten bekommen. Auch von Bürgern, die geschrieben haben, dass man genau wisse, was ich für die Bürger getan habe. Das tut natürlich gut.“
Scharrenbach hatte sich gleich am 16. Juli 2021 ins Auto gesetzt, um die betroffenen Gebiete zu besuchen. So schlug sie am 19. Juli auch in Eschweiler und Stolberg auf. Diese beiden Städte haben die größten Hochwasserschäden in dieser Region zu verzeichnen. Der erneute Besuch freute Eschweilers Bürgermeisterin Nadine Leonhardt (SPD) und ihr Team aus dem Rathaus sehr. Die Stadt hatte 173 Millionen Euro beantragt, 162 wandern nun von der Düssel an die Inde. Warum die Differenz? „Wir haben Versicherungsleistungen und die Vorsteuer raus gerechnet“, erklärte die Ministerin.
Die Bürgermeisterin hatte Scharrenbach an der Evangelischen Grundschule Stadtmitte empfangen, eines von vielen von der Flut zerstörten Gebäuden, in dem die Sanierungsarbeiten laufen. Mehr als 30 öffentliche Gebäude sind in Eschweiler vom Hochwasser betroffen, unter anderem auch fünf Schulen. Die Trocknungsphase sei abgeschlossen, nun könne mit dem Wiederaufbau begonnen werden, sagte Leonhardt und dankte den Mitarbeitern aus dem Rathaus für ihre Arbeit und „Kraftakt der vergangenen Monate“.
Scharrenbach hatte nicht nur Geld, sondern auch ein paar weitere Zahlen dabei. So liegen derzeit 1113 Anträge aus Eschweiler vor, 1085 befinden sich im Bewilligungsprozess. Aus Stolberg sind 725 Anträge beim Land eingegangen, davon befinden sich 702 in eben jenem Bewilligungsprozess.
Das Geld ist da, nur fehlen für viele Projekte Handwerker. Aus diesem Grund hat die Landesregierung zusammen mit der Handwerkskammer am 5. April eine Initiative gestartet, um Handwerker aus dem In- und Ausland zu gewinnen.
In Stolberg ist vor allem die Talachse extrem betroffen, es geht dort nur sehr langsam voran. Mitte Mai wird im Stadtrat über den Wiederaufbauplan entschieden. Dort hat die Stadt nun eine Vorkaufsrechtsatzung auf den Weg gebracht, die inzwischen von der Bundesregierung positiv beschieden ist. Bürgermeister Patrick Haas (SPD) hatte die Sorge, dass nach der Flut Immobilien in der Stolberger Innenstadt aufgekauft werden. Mit der neuen Satzung wird dem nun ein Riegel vorgeschoben: Die Stadt kann die Immobilien selbst erwerben.
Wenn in Stolberg über den Wiederaufbauplan entschieden wurde, kehrt – Stand jetzt – Ina Scharrenbach dann erneut mit einem großen Scheck zurück in diese Region.