„Film ab!“ in den Kinos : Endlich wieder vor die Leinwand
Aachen Die großen Stars kehren zurück auf die großen Leinwände – und mit ihnen die Kinofans. Zur ungewöhnlichen Premiere nach der Pandemie haben wir uns vor Ort umgeschaut.
Amazon Prime, Netflix, Disney Channel – im Laufe der Pandemie haben Johannes Kremer und sein siebenjähriger Sohn Finn schon so manches ausprobiert, um dem Kinogefühl ein wenig näherzukommen. Doch funktioniert habe das nur mäßig, sagt der junge Vater. So emotionsgeladen, so dunkel, so imposant wie im Kinosaal kriege man das Heimkino einfach nicht eingerichtet. „Umso mehr freuen wir uns, die Streamingdienste fürs Erste hinter uns zu lassen und wieder häufiger ins Kino zu gehen“, sagte Kremer mit seinem Sohn an der Hand.
Am Donnerstag gehörten die beiden zu den ersten Gästen, die nach mehr als acht Monaten Corona-Pause wieder das Cineplex im alten Postkarree betreten durften. Zur „Ouvertüre“ kamen vor allem junge Familien, die sich die Komödie „Catweazle“ mit Komiker Otto Waalkes anschauten.
Doch damit gleich am ersten Tag alles reibungslos ablaufen konnte, haben sich Geschäftsführer Sebastian Stürtz und seine Mitarbeiter bereits seit Ende Mai vorbereitet. „Die technische Ausstattung für Kühlung, Licht und Ton ist normalerweise für den Dauerbetrieb ausgelegt“, erläuterte Stürtz. „So ein Neustart birgt da ganz neue Herausforderungen.“
Das zeigte sich schon bei den Servern, auf denen die Filme gespeichert und verarbeitet werden, bevor sie über den Beamer auf die Leinwand projiziert werden: Unter normalen Bedingungen kämen pro Woche etwa fünf Filme hinzu – jetzt müssen Stürtz und sein Team in nur wenigen Tagen mehr als 20 Produktionen vorbereiten, die jeweils mindestens 150 Gigabyte groß sind. Allein in der ersten Woche stehen etwa 700 Vorstellungen an – auch das Zusatzprogramm mit „Sneak Preview“ und „Ladies First“ geht gleich in der ersten Woche an den Start. „Das ist uns so gerade gelungen, aber die kommenden zwei Wochen werden dennoch eine stressige Testphase“, sagte Stürtz.
Immerhin: Die Mühe wird sich lohnen. Das zeichnet sich jetzt schon ab. Zwar kamen zur ersten Nachmittagsvorstellung nur wenige Gäste, doch Stürtz erwartet in den kommenden Tagen einen Ansturm. „Innerhalb von 48 Stunden haben wir mehr als 1800 Tickets verkauft. Man merkt, wie sehnlich viele Leute das Kino vermissen.“ Bei manchen sei die Vorfreude sogar so groß, dass sie Screenshots von den zunächst unspektakulären elektronischen Tickets machten und auf Facebook oder Instagram teilten.
Mehr noch: Den 34-Jährigen erreichen seit Tagen Mails oder andere Nachrichten von baldigen Besuchern, in denen sie mitteilen, wie sehr sie sich auf as lange vermisste Erlebnis vor der Großleinwand freuen. Was also macht das Kino so unverzichtbar? „Das ist wie ein Drei-Stunden-Urlaub“, weiß Stürtz. „Unsere Säle sind ein magischer Rückzugsort und bieten zugleich Action. Und davon hatten viele Menschen in den vergangenen Monaten einfach zu wenig.“
Dennoch wird abermals Zeit verstreichen, bis die Kinosäle wieder voll besetzt werden können. Zwar gilt die sogenannte 3G-Regel, nach der die Besucher genesen, durchgeimpft oder getestet sein müssen, nicht mehr. Dafür aber müssen sie ihre Plätze im Schachbrettmuster einnehmen; nur 30 Prozent der Sitze können besetzt werden. „Selbst im größten Saal im Cineplex mit 500 Plätzen passt das gerade einmal für 150 Leute“, berichtete Stürtz. Auch der Juli werde somit wieder ein großes Minusgeschäft mit sich bringen, fürchtet er. „Ich hätte mir eine ausgeklügeltere Öffnungsstrategie gewünscht.“ Vor allem, weil Studien mittlerweile zeigten, dass mit den entsprechenden Lüftungsanlagen das Infektionsrisiko an kaum einem Ort so gering sei wie im Kino.
Stürtz gibt sich dennoch optimistisch: „Nun liegt es an uns, in den kommenden Wochen diese Erkenntnisse unter Beweis zu stellen.“