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„Zeitschleife der Befreiung“: Viel Sachverstand fürs neue Info-Zentrum

„Zeitschleife der Befreiung“ : Viel Sachverstand fürs neue Info-Zentrum

Bei aller Skepsis im Gemeinderat zu Kosten und Ausführung des geplanten Informationszentrums an der Wanderstation: Im Rahmen der touristischen „Zeitschleife der Befreiung“ wird das Konzept der Ausstellung von renommierten Wissenschaftlern erarbeitet.

„Wir stehen erst am Anfang“, sagt Prof. Dr. Christian Kuchler. „Wir sind noch bei der grundsätzlichen Recherche, aber die ersten Eindrücke sind sehr positiv.“ Das Thema rund um die Befreiung Roetgens als erste Kommune Deutschlands durch amerikanische Truppen im September 1944 verspricht eine didaktisch gelungene und wissenschaftlich fundierte Präsentation zu werden. Der Leiter des Instituts für politische Wissenschaften an der RWTH Aachen gilt als versierter Fachmann.

Seit dem Sommersemester 2012 leitet Prof. Kuchler den Lehr- und  Forschungsbereich der Didaktik der Gesellschaftswissenschaften an der RWTH Aachen. Nach langjähriger Tätigkeit an verschiedenen Schulen unterrichtete er an der Ludwig-Maximilians-Universität München sowie an der Universität Regensburg. Von 2015 bis 2019 war Kuchler Vorstandsvorsitzender des Lehrerbildungszentrums an der RWTH Aachen.

Der gebürtige Bayer vereint schulische Praxis und wissenschaftliche Forschung unter einem Hut. Exkursionen zu Gedenkstätten (durch Schulen), die Wirksamkeit von Geschichtsunterricht und der Medieneinsatz beim historisch-politischen Lernen zählen ebenso zu Kuchlers Forschungsschwerpunkten wie die deutsche und europäische Geschichte des 20. Jahrhunderts und die aktuelle Geschichtskultur.

 Prof. Dr. Christian Kuchler erarbeitet die Präsentation für das Informationszentrum im Rahmen der Zeitschleife der Befreiung in Roetgen.
Prof. Dr. Christian Kuchler erarbeitet die Präsentation für das Informationszentrum im Rahmen der Zeitschleife der Befreiung in Roetgen. Foto: dpa

Kuchler arbeitet in diversen Gremien im Kreuzungspunkt von Historie und Didaktik mit und publizierte unter anderem zu Themen wie  „Lernort Auschwitz – Geschichte und Rezeption schulischer Gedenkstättenfahrten“ oder  „Historische Orte im Geschichtsunterricht“.

Mit eingebunden ist als wissenschaftliche Mitarbeiterin im Institut Angelina Pils. Erinnerungskulturen, Vergangenheitspolitik und die Geschichte des Nationalsozialismus zählen zu ihren Forschungsschwerpunkten. Ihre Publikation zum „Fall Schneider/Schwerte“ zum Alt-Rektor der RWTH sorgte jüngst als „ein deutscher Hochschul­skandal 50 Jahre nach Kriegsende“ für Aufsehen.

Viel zu erzählen - auch neues

Das scheinen allerbeste Voraussetzungen zu sein, fundierte und bemerkenswerte Akzente mit der Ausstellung in der Spitze des Pferdeweihers neben der Wanderstation zu setzen. Das Geplänkel in Roetgener Ratsgremien rund um den Bau, seine Kosten und die Ausstellungsfläche kann den 46-Jährigen nicht schrecken. So etwas kennt er aus einst selbst aktiven kommunalpolitischen Zeiten in seiner niederbayerischen Heimat.

Christian Kuchler geht es um die wissenschaftliche Herausforderung. „Wenn wir mehr Ausstellungsfläche bekommen würden, wären wir sicherlich nicht beleidigt“, lässt der Geschichtsdidaktiker durchblicken. Das bedeutet nicht viel anderes, als dass es viel über die Geschichte der Befreiung Roetgens zu erzählen geben wird –  „auch einiges, was neu sein dürfte“, deutet Kuchler an.

Auf dem nahen Gelände der WAG informiert eine Tafel über die Panzersperre unterhalb der Dreilägerbachtalsperre.
Auf dem nahen Gelände der WAG informiert eine Tafel über die Panzersperre unterhalb der Dreilägerbachtalsperre. Foto: Jürgen Lange

Dabei weiß der Professor durchaus zu differenzieren. Zwischen Erkenntnissen und Funden, die mehr wissenschaftliche Neugierde und Forschergeist anregen und solchen, die einer breiten Öffentlichkeit interessant und ansprechend präsentiert werden können – gerne auch auf mehr Fläche als die aktuell geplanten 35 Quadratmeter.

Aber auch für eine möglichst optimale Präsentation der inhaltlichen Ergebnisse hat die Städteregion eine renommierte Designerin verpflichten können: Ricarda Quest vom Büro Gestaltungskomitee weiß aus vielen Projekten, wie Wissen greifbar wird. Viele Präsentationen in der näheren und weiteren Region sind von ihrem Fußabdruck geprägt.

Auch ihrer Arbeit ist es zu verdanken, dass das Forum Zinkhütter Hof als außerschulisches Bildungsangebot in dem industriegeschichtlichen Museum in Stolberg eine große Nachfrage erfährt. Zeitungsmuseum Aachen, Schloss Borbeck in Essen und das Museum Vieille Montagne in Kelmis sind weitere Beispiele ihrer Arbeit. Ganz aktuell hat Quest das neue touristische Konzept der Stolberger Burg mit geprägt, die ebenfalls Station einer der neuen Zeitschleifen sein wird.

Für Schulklassen und Touristen

Beim Radrundkurs in der Nachbarstadt geht es freilich unter dem Slogan „Die Meisterliche“ um das Kupfererbe als Wiege der Industrie. Das Premiumprodukt im Radtourismus für Regio- und Urlaubsradler sowie Tagesgäste trifft übrigens bei Mulartshütte auf „Die Ruhige“, die Zeitschleife zum Thema Westwall und Befreiung rund um Roetgen.

Ricarda Quest wird das in Szene setzen, was die Forscher an Geschichte zur Befreiung so spannend aufbereitet haben, dass für Schulklassen ebenso wie Touristen ein Besuch des Informationszentrums neben der Wanderstation zu einem Erlebnis werden kann. Von dem zukünftigen Neubau auf dem Gelände des Pferdeweihers aus, können dann weitere Besichtigungspunkte entlang der touristisch ausgeschilderten Zeitschleife angesteuert werden – wie beispielsweise die Höckerlinie, die den Grölisbach unterhalb der Dreilägerbachtalsperre überspannt.

Sobald die Forschungen der Wissenschaftler weiter gediehen sind, ist Professor Dr. Christian Kuchler „gerne bereit sie im Gemeinderat vorzustellen“. Mit dem aktuellen Stand beschäftigt sich erst einmal der Touristikausschuss der Gemeinde auf seiner Sitzung am Dienstag.