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Bis zu 468 Grundstücke: Politik ist offen für Entwicklung neuen Baulands

Bis zu 468 Grundstücke : Politik ist offen für Entwicklung neuen Baulands

Möglichst schnell will die Gemeinde Simmerath neue Baugebiete ausweisen. Bis zu 468 Baugrundstücke sind im Gespräch. Das sagt die Politik zu den Vorschlägen.

Wo könnte noch neues Bauland entstehen? Das ist die Frage, mit der sich die Gemeinde Simmerath aktuell beschäftigt. Aufgrund der hohen Nachfrage nach Baugrundstücken hat die Verwaltung alle potenziellen Flächen ermittelt und das Beratungsbüro Weber-Consulting mit einer Machbarkeitsstudie beauftragt. Die Ergebnisse wurden jetzt in der Sitzung des Planungsausschusses vorgestellt. Es geht um insgesamt 468 neue Baugrundstücke, die sich auf das gesamte Gemeindegebiet und fast alle Orte verteilen (wir berichteten).

Zunächst handelt es sich dabei lediglich um Vorschläge. Mit den Eigentümern der Grundstücke wurde noch nicht gesprochen. Das werde man nach der Vorstellung im Planungsausschuss tun und sehen, „wie weit wir das umgesetzt bekommen“, erklärte Bürgermeister Bernd Goffart (CDU).

Über das weitere Vorgehen werde man ausführlich sprechen müssen, meinte der Vorsitzende des Planungsausschusses, Gregor Harzheim (SPD). Man müsse sich sicherlich noch mal die Lage der vorgeschlagenen Gebiete in den Ortschaften genauer ansehen, sich Gedanken über die Eigentümerstruktur machen und überlegen, welche Voraussetzungen zu schaffen seien, damit eine Bebauung zeitnah erfolgen könne. Auch die Platzierung von gefördertem Wohnraum sei in diesem Zusammenhang noch intensiv zu beraten.

Es solle nicht mit einem einzelnen der vorgesehenen Baugebiete begonnen werden, sondern mit allen gleichzeitig, erläuterte der Bürgermeister. Das bedeute aber nicht, dass auch alle umgesetzt werden könnten. Man beabsichtige, alle Projekte parallel anzugehen, weil am liebsten jeder in seinem Heimatort bauen wolle. Daher sei es kontraproduktiv, Prioritäten zu setzen. „Das ist ein Projekt, das unsere Verwaltung auf das Extremste fordern wird. Da müssen wir alle Anstrengungen unternehmen“, sagte er.

Manfred Sawallich begrüßte das Vorhaben im Namen der SPD grundsätzlich. „In der Theorie klingt das eigentlich erst mal sehr gut“, meinte er. Es bedürfe aber noch fraktionsinterner Beratungen. Das Verhältnis zwischen der Größe der Gebiete und der Zahl der Baugrundstücke sei im Durchschnitt passend gewählt. Interessant sei außerdem, dass ein Teil der Grundstücke auch für Mehrfamilienhäuser zur Verfügung stehe, denn die SPD lege Wert darauf, dass geförderter Wohnungsbau unterstützt wird. Grundsätzlich müsse bedacht werden, dass Bauflächen auch für junge Leute, die in der Gemeinde bleiben wollen, erschwinglich sein müssten. Daher sei zu überlegen, ob die Gemeinde steuernd eingreifen könne. In Einzelfragen müsse man genauer hinschauen, sagte Sawallich.

Die CDU begrüßte das Vorhaben ausdrücklich. „Aufgrund der aktuell großen Nachfrage ist es nur folgerichtig, dass man versucht, Potenzialflächen zu identifizieren und eine mögliche Bebauung aufzuzeigen“, sagte Stephan Weber. Die CDU gehe davon aus, dass bei diesem Vorgehen die Ziele der Raumordnung und der Landesplanung mit Blick auf die einzelnen Flächennutzungspläne beachtet werden. Schließlich habe man in der Beziehung schon in einem Ortsteil „Schiffbruch erlitten“, merkte Weber an. Die Sache solle nun vorangetrieben werden. Zielführend sei, den Vorschlägen der Verwaltung zu folgen und nun die notwendige Artenschutzprüfung vorzunehmen und mit den Eigentümern Gespräche zu führen. „Wir sollten jetzt damit beginnen. Das ambitionierte Ziel, parallel zu arbeiten, ist sonst nicht erreichbar“, sagte Weber.

„Das ist starker Tobak“, meinte Klaus Stockschlaeder (Grüne). Das Thema werde man innerhalb der Fraktion intensiv besprechen. Wesentlich und zu begrüßen sei, dass die Überlegungen auf dem Flächennutzungsplan basieren würden. Es handele sich also nicht um eine „ausufernde Planung“, die von der Politik noch nicht gedanklich durchgearbeitet worden sei. „Wir machen uns – und das muss man im Kopf behalten – natürlich komplett blank. Wenn wir das durchziehen, ist erst mal Schicht im Schacht“, sagte Stockschlaeder. Dann sei das Bauland in der Gemeinde erschöpft. Sicherlich würde die Gemeinde nicht für alle Gebiete zeitgleich eine Genehmigung erhalten, deshalb sei mit zeitlichen Verzögerungen zwischen den einzelnen Vorhaben zu rechnen, erklärte der Vertreter der Grünen. Außerdem wies er darauf hin, dass ein von seiner Fraktion gemeinsam mit der CDU gestellter Antrag Berücksichtigung finden müsse. Dieser sieht vor, Möglichkeiten der zentralen sowie der dezentralen Versorgung für Heiz- und Kühlenergie zu prüfen.

Benjamin Steinborn (FDP) bezeichnete die vorgestellten Pläne ebenfalls als „starken Tobak“ und kündigte Beratungsbedarf innerhalb seiner Fraktion an. „Es ist schade, dass wir überhaupt neue Baugebiete entwickeln müssen. Denn wir haben ja genug Flächen in Simmerath, die eigentlich Bauland sind.“ Die Besitzer würden aber darauf beharren, diese zu behalten. Deshalb müsse man nun Alternativen entwickeln und sehen, welches Potenzial die Gemeinde habe, sagte Steinborn. Er persönlich bewerte einige der Vorschläge gut, andere weniger. Darüber müsse aber beraten werden. Generell stimme er dem Vorschlag zu, in die ersten Gespräche zu gehen „und zu sehen, was dabei herauskommt“.

Es gelte, auch die Folgekosten für die einzelnen Gebiete zu prüfen, bemerkte Viktor Ozga (UWG). „Wenn man sich entscheidet zu bauen, entstehen zusätzliche Kosten.“ Beispielhaft nannte er zusätzliche Kindergärten und die Kanalisation. Auch die Verkehrsanbindung nach Aachen, Euskirchen und Düren müsse betrachtet werden. Mögliche Folgekosten seien zu vermeiden. Deshalb sei er für eine Analyse der Möglichkeiten. Ob diese aber so schnell umgesetzt werden könnten, sei aus seiner Sicht eher fraglich.

„Ich stelle es mir grausam vor, hier noch 470 Häuser hinzusetzen und dann irgendwann in zwei oder drei Jahren den Habeck-Plan mit jeder Menge Windrädern umzusetzen. Da krieg ich wirklich die Krise. Dafür muss ich nicht in der Eifel leben“, sagte der UWG-Vertreter. Ozga sprach auch von einer „Lifestyle-Falle“. Zurzeit wollten viele Leute aus der Stadt raus aufs Land. Die Frage sei aber, wie lange dieser Trend anhalte. Mit in die Überlegungen einbeziehen sollte man außerdem, dass einige Häuser nach dem Tod ihrer Bewohner leer stünden.

Gregor Harzheim warf die Frage auf, was sinnvoller sei: zuerst die erforderliche Artenschutzprüfung vorzunehmen, oder lieber erst mit den Eigentümern zu sprechen. Bauamtsleiter Jürgen Förster hielt es für besser, die Artenschutzprüfung vorzuziehen, „weil man dann tatsächlich weiß, welche Flächen übrigbleiben“. Sonst sei zu befürchten, dass man bei dem ein oder anderen Grundstückseigentümer falsche Erwartungen wecke.

Des Weiteren wollte Harzheim wissen, ob es angesichts des Aufwands, der für die Erstellung eines Bebauungsplans nötig ist, realistisch ist, gleich eine Vielzahl dieser Vorhaben in Angriff zu nehmen. Dazu führte Bürgermeister Bernd Goffart aus, dass manche Baugebiete mehr Zeit benötigen würden als andere. Daher würden nicht alle gleichzeitig umgesetzt, aber man wolle mit allen gleichzeitig beginnen. „Das ist nicht für eine Nullnummer zu haben“, betonte er. Das Bauamt benötige dann Verstärkung, und es müssten zwei bis drei zusätzliche Mitarbeiter eingestellt werden. „Aber das sollte uns die Sache wert sein“, sagte Goffart.

Zurecht habe Ozga auf die Folgekosten hingewiesen, meinte der Bürgermeister. Sollten die Baugebiete realisiert werden, müssten zum Beispiel auch Schulen erweitert werden, und es müsse für die entsprechende Infrastruktur gesorgt werden. Diese Diskussion müsse man führen, wenn bekannt sei, welche Baugebiete umgesetzt werden können. „Es ist unsere Aufgabe, das im Blick zu behalten, und das machen wir auch“, kündigte Goffart an.

Da viele Menschen verzweifelt auf der Suche nach Grundstücken seien und gleichzeitig zahlreiche Eigentümer nicht bereit seien, ihre zu veräußern, müsse eine Möglichkeit gefunden werden, bei den neuen Baugebieten zu verhindern, dass Grundstücke brachliegen und als Kapitalanlage genutzt werden. „Wenn Eigentümer versuchen, darüber reicher zu werden, aber nichts für die Allgemeinheit tun, indem sie es als Bauland zur Verfügung stellen, dann kann ein Baugebiet an einem solchen Aspekt scheitern. Das sag ich ganz klar“, warnte der Bürgermeister.

Auf Nachfrage von Manfred Sawallich, welche Sicherheiten die Gemeinde habe, dass die Eigentümer die Grundstücke tatsächlich zur Bebauung freigeben, erklärte Goffart, die einfachste Möglichkeit sei, wenn die Gemeinde selbst in den Besitz gelange. Darüber hinaus werde es problematischer. Es könnten privatrechtliche Vereinbarungen geschlossen werden, und im Zweifelsfall könne man ein Baugebiet auch scheitern lassen. Man müsse aber auch den Einzelfall betrachten. Wenn jemand zum Beispiel zehn Grundstücke besitze und eines für seine Kinder behalten wolle, dann würde es ihm schwerfallen, ein Baugebiet daran scheitern zu lassen, erläuterte Goffart.

Am Ende beschlossen die Mitglieder des Planungsausschusses einstimmig bei einer Enthaltung (Ozga/UWG), die Verwaltung zu beauftragen, eine Artenschutzprüfung vorzunehmen. Anschließend soll die Verwaltung zu Eigentümergesprächen einladen und im Planungsausschuss über die Ergebnisse berichten. Außerdem soll eine kommunale Wärmeplanung erarbeitet werden.