1. Lokales
  2. Eifel
  3. Simmerath

Ehrung: Ein Kämpfer für soziale Gerechtigkeit

Ehrung : Ein Kämpfer für soziale Gerechtigkeit

Heinrich Poschen erhält die Bundesverdienstmedaille. Beim VdK-Ortsverband Lammersdorf und in vielen anderen Ehrenämtern hat er sich stark engagiert.

„Heinrich Poschen erhält die höchste Ehrung unseres Landes für sein jahrzehntelanges Engagement im sozialen Bereich.“ So ist es auf der Einladung zu lesen, die die Städteregion Aachen anlässlich der Überreichung der Verdienstmedaille des Verdienstordens des Bundesrepublik Deutschland an den Geehrten am vergangenen Montag im Haus der Städteregion verschickt hat. Die Bundesverdienstmedaille ist die höchste Auszeichnung des Landes. Hinter dieser sachlichen Aussage steckt aber mehr – nämlich ein über 60 Jahre währendes Engagement in Vereinen, Verbänden und Organisationen.

Der 84-jährige aus Simmerath personifiziert den ehrenamtlichen Einsatz für die Gesellschaft in vorbildlicher Weise, und besonders sein Engagement für den VdK, den Verband der Kriegsbeschädigten, Kriegshinterbliebenen und Sozialrentner Deutschlands, nimmt unter den zahlreichen Aufgaben eine herausragende Stellung ein.

Heinrich Poschen, geboren 1937 in Hechelscheid, das damals noch zur Gemeinde Rurberg und erst ab 1957 zur Gemeinde Steckenborn gehörte, begann am 1. April 1952 eine Ausbildung zum Verwaltungsangestellten beim damaligen Amt Kesternich. Adolf Janßen war damals Amtsdirektor, und die Nachkriegsjahre waren geprägt von straffen, gebieterischen Strukturen. Poschen war damals erst der elfte Mitarbeiter, der im Amt angestellt wurde. 1957 übernahm Leo Jansen, später der erste Gemeindedirektor der neuen Gemeinde Simmerath, die Amtsleitung, und für den 20-jährigen Heinrich Poschen nahm derweil das ehrenamtliche Engagement seinen Lauf.

Ehrung im Haus der Städteregion: Simmeraths Bürgermeister Bernd Goffart (l.), Johanna Weißleder und Tim Grüttemeier freuen sich  gemeinsam mit dem Geehrten, Heinrich Poschen, über die Verleihung der Bundesverdienstmedaille.
Ehrung im Haus der Städteregion: Simmeraths Bürgermeister Bernd Goffart (l.), Johanna Weißleder und Tim Grüttemeier freuen sich gemeinsam mit dem Geehrten, Heinrich Poschen, über die Verleihung der Bundesverdienstmedaille. Foto: Andreas Herrmann

„Meine erste Berührung mit dem Ehrenamt hatte ich ja schon als Messdiener“, erzählt er mit launigem Unterton. Später, als Kirchenrendant in Steckenborn und Wortgottesdienstleiter, hielt er dem Haus Gottes weiter die Treue. 1954 trat er in den Musikverein Heimatecho Steckenborn ein, wo er 18 Jahre lang im Vorstand als Kassierer und Schriftführer tätig war. 1957 trat er der Mandolinengruppe Steckenborn, die sich 2014 auflöste, als Mandolaspieler bei, und als einmal ein musikalischer Leiter fehlte, sprang er kurzerhand für vier Jahre als Dirigent ein.

Als das Deutsche Rote Kreuz 1959 in den Eifeldörfern Erste-Hilfe-Lehrgänge anbot, war Heinrich Poschen zur Stelle und ab sofort auch Mitglied – und das bis zum heutigen Tag. Als Gruppen- und Zugführer trug er Verantwortung, und prägend in Erinnerung ist ihm die Pockenepidemie im Jahr 1962 im Landkreis Monschau geblieben. Das Simmerather Krankenhaus war Quarantänestation, „und wir waren gemeinsam mit der Polizei für die Bewachung zuständig“, erzählt Heinrich Poschen. Man habe Pakete für die Patienten entgegengenommen und auf die Einhaltung der Quarantänevorschriften geachtet.

Dem Umzug von Steckenborn nach Lammersdorf im Jahr 1983 folgte schon bald die Mitgliedschaft im Heimatverein Lammersdorf und bis 2009 Bühnen-Aktivitäten in dessen Theatergruppe.

Ausgeprägter Einsatz

Sein ausgeprägter sozialer Einsatz für die Mitmenschen startete dann im Jahr 1996 mit dem Beitritt zum VdK-Ortsverband Lammersdorf richtig durch. Bald gehörte er dem Vorstand an, und wurde 2004 Vorsitzender. Seine insgesamt 45-jährige Tätigkeit bei der Verwaltung, zuletzt als Leiter des Personal- und Steueramtes der Gemeinde Simmerath (bis 1997), bot die besten fachlichen Voraussetzungen, um die Interessen der VdK-Mitglieder in Angelegenheiten des Sozial- und Arbeitsrechtes zu vertreten. Der VdK hatte sein Aufgabenfeld inzwischen breiter aufgestellt und wurde immer häufiger von der Bevölkerung in Anspruch genommen.

Schon im Rathaus hatte er erste Kontakte mit der hier regelmäßig stattfindenden Rechtsberatung des VdK-Kreisverbandes Aachen geknüpft. Der VdK-Ortsverband Lammersdorf wurden ebenfalls neu strukturiert, und vervierfachte innerhalb kurzer Zeit seine Mitgliederzahl auf jetzt 300 – ein beispielloser Aufschwung. Heinrich Poschen wurde schnell zu einem Kämpfer, der die Interessen der Antragsteller mit einer Mischung aus Kompetenz, Konsequenz und persönlichem Engagement vorbrachte. Oft waren es bis zu 200 Fallangelegenheiten im Jahr, die Heinrich Poschen im Kampf für soziale Gerechtigkeit betreute. Da war die Freizeit als Rentner plötzlich mehr als ausgefüllt, doch er betrachtete sein Engagement auch immer als Verpflichtung: „Man hat mir in die Wiege gelegt, anderen zu helfen und bewusst gemacht, dass ich nicht allein auf der Welt bin“, sagt Poschen.

Er erreichte in oft harten Auseinandersetzungen mit Krankenkassen, Versorgungsämtern und Gerichten viele Erfolge für andere („Das gibt mir eine innere Befriedigung“), und auch von Enttäuschungen und ablehnenden Bescheiden ließ er nicht entmutigen. Die Erfolgsquote des VdK bei Gerichtsverfahren liege bundesweit bei 70 bis 80 Prozent. „Daran sieht man, wie wichtig der Verband ist“, ergänzt Poschen.

Dabei wurde er selbst in seinem Leben nicht von Schicksalsschlägen verschont. Im Alter von 45 Jahren wurde er Witwer, doch der Vater von fünf minderjährigen Kindern fand wieder eine Frau, die ihn unterstützte.

Mit dem Sozialstaat Deutschland hatte es Heinrich Poschen nicht immer leicht, „weil die Ausführungsorgane des Staates nicht immer so human handeln, wie man das erwarten darf“, formuliert er höchst diplomatisch seine Kritik. Er kann aber auch deutlicher werden: „Man müsste vielen Sachbearbeitern und Führungskräften einmal genau erläutern, was Menschenwürde und Humanität eigentlich bedeuten.“

Seit 2019 lebt Heinrich Poschen in Simmerath, ist inzwischen Ehrenvorsitzender des VdK-Ortsverbandes Lammersdorf, und wenn sein Ratschlag gewünscht ist, dann, sagt Heinrich Poschen, „bin ich immer noch gerne bereit, den Weg vorzuzeichnen, den man gehen muss“.

Helfen und handeln

Das nimmermüde soziale Engagement von Heinrich Poschen stand auch bei der Feierstunde in Aachen im Kreise von Familie, Freunden und Weggefährten im Mittelpunkt. „Es ist für mich immer etwas Besonderes, wenn ich einem Bürger der Städteregion Aachen die höchste Auszeichnung unseres Landes überreichen darf, denn die vom Bundespräsidenten verliehene Bundesverdienstmedaille gibt es nur für herausragende ehrenamtliche Leistungen“, sagte Städteregionsrat Tim Grüttemeier. Das jahrzehntelange ehrenamtliche Wirken von Heinrich Poschen stehe unter zwei großen Leitlinien: helfen und handeln. „Unzählige Stunden“ habe Poschen damit verbracht, Menschen mit Problemen zu helfen.

„Sie waren immer lieber vor Ort und haben Hilfesuchende beraten als lange auf Vorstandssitzungen zu reden. Ihr Engagement über mehr als ein halbes Jahrhundert ist faszinierend und bewundernswert“, fügte Grüttemeier hinzu, der anschließend ausführlich auf die bemerkenswert lange Liste der ehrenamtlichen Tätigkeiten, besonders für den VdK, einging. Herausragend sei dabei die Tatsache, dass Heinrich Poschen bis heute mehr als 3200 persönliche Beratungen von Menschen, insbesondere im Bereich Schwerbehindertenrecht und Rente, begleitet habe. Abschließend sagte der Städteregionsrat: „Wenn ich mir ansehe, was Sie in den letzten mehr als 60 Jahren geleistet haben, wird jeder verstehen, warum gerade Sie diese Auszeichnung heute erhalten.“

Auch Simmeraths Bürgermeister Bernd Goffart war voll des Lobes für den Geehrten und hob dessen große Hilfsbereitschaft hervor: „Der VdK in Lammersdorf ist etwas ganz Besonderes. Und das ist ausschließlich mit Ihrem Namen verbunden. Sie hinterlassen im besten Sinne Spuren.“ Heinrich Poschen hingegen übte sich unterdessen ganz in Bescheidenheit: „Ich möchte heute selber all den Menschen danken, ohne die meine Arbeit nicht möglich gewesen wäre. Mein inniger und herzlicher Dank geht an meine Familie. Euch möchte ich diesen Orden widmen.“