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Einwohnerstatistik: Simmerath ist die Boomtown in der Region

Einwohnerstatistik : Simmerath ist die Boomtown in der Region

Bernd Goffart strahlt. Simmerath wächst – über die Jahre hinweg und stetig. „Das ist gut für die Gemeinde“, sagt der Bürgermeister.

Die jetzt vom Landesamt für Statistik vorgelegten Zahlen für die Entwicklung im letzten Halbjahr von 2021 bescheinigen Simmerath Platz 3 beim Wachstum in der Städteregion Aachen. Um 60 auf 15.614 Einwohner im Vergleich zu Ende Juni 2021 ist die in seiner heutigen Form erst 1972 gegründete Gemeinde angewachsen.

Nur Alsdorf (+189 auf 47.678) und Herzogenrath (+141 auf 46.290) verzeichnen einen größeren Bevölkerungszuwachs in der Städteregion. Markant ist, dass die beiden vom Hochwasser am schlimmsten getroffenen Städte deutlich an Bewohnern verlieren: Stolberg um 243 auf 56.103 und Eschweiler um 357 auf 55.784.

Die beiden anderen Kommunen in der Nordeifel stagnieren. Monschau zählt mit 11.645 nunmehr 22 Einwohner weniger, Roetgen verliert 37 Einwohner und zählt 8658 Köpfe zum Stand Silvester 2021.

Bezogen auf das vergangene Jahrzehnt weist Roetgen jedoch einen positiven Trend auf: von 8336 Einwohnern Ende 2011 auf 8650 Ende 2020. Monschau beschreibt dagegen eine Abwärtsspirale: 12.042 Einwohner zählte die Rurstadt 2011, während es 2020 noch 11.686 waren. Dagegen bescheinigen die Statistiker Simmerath ein leichtes, aber stetiges Wachstum von 15.026 auf 15.498 Einwohner Ende 2020 und nunmehr 15.614 Personen Ende 2021. Hier wird die Schere zwischen weniger Geborenen als Verstorbenen enger, während auf höherem Niveau stets mehr Menschen nach als von Simmerath fort zogen.

Diese Entwicklung entspricht geradezu dem Ziel, das Bernd Goffart anstrebt. „Wir wollen eine moderne Gemeinde sein“, sagt der Bürgermeister. Und dafür brauche man ein gesundes Wachstum. „Wir wollen aber keine Stadt werden“, betont der CDU-Politiker und grenzt sich damit von einem früheren Slogan ab. Moderne Gemeinde, das bedeutet für Goffart eine gute Infrastruktur mit vielfältigen Angeboten zum Arbeiten, Einkaufen und Wohnen, die auch im ländlichen Raum kurze Wege ermöglichen. Zur modernen Gemeinde zählen Dörfer, die sich innerhalb ihres Rahmens entwickeln können, smarte Gewerbeflächen und zugleich eine Naturlandschaft, die erhalten und gefördert wird.

Kurzum will Simmerath die Vorteile einer Stadt, aber in einer einmaligen Landschaft mit kurzen Wegen, Parkplätzen und schnellem Internet bieten. Und für Goffart gehört ebenso dazu, dass die Menschen aus der Gemeinde auch innerhalb der Gemeinde Platz zum Wohnen und Baustellen für ihr Eigenheim finden können – im Kernort ebenso wie in den Dörfern, aber ohne die Landschaft zu zersiedeln. „Man muss die Nachfrage ernst nehmen“, sagt Goffart, „und ein Angebot schaffen.“ Alles im Rahmen, alles innerhalb des Rahmens der Orte, „aber ein Verzicht auf Wachstum würde Rückschritt bedeuten“, betont der Bürgermeister. „Vom Wachstum der Bevölkerung profitieren dagegen alle.“

Die Gebühren für kommunale Leistungen liegen in Simmerath niedrig, weil die Kosten auf mehr Leistungsträgern als anderenorts in der Eifel umgelegt werden könnten. Die Gemeinde profitiere, weil sie mehr Zuschüsse vom Land bekomme, und in den Orten profitierten Dorfgemeinschaften, Vereine, Nahversorgung und weitere Infrastruktur sowie sozialer Zusammenhalt vom Mix der Generationen und vom Nachwuchs aus dem Ort. Goffart sagt: Ein typischer Besucher beim Bürgermeister ist die junge Familie, die im Dorf bleiben und bauen will, damit man nah ist bei den älter werdenden Eltern, die gerne auch den Nachwuchs betreuen, während beide Elternteile in der Nähe einem Erwerb nachgehen.

Solche Wünsche gibt es nicht minder in Roetgen. Aber hier tun sich zumindest Teile der Politik wesentlich schwieriger mit so klaren Antworten, wie sie Simmerath geben kann. Am „Tor zur Eifel“ wird es gerne als Vorwurf verstanden, dafür zur arbeiten, damit Roetgen die 10.000-Einwohner-Schwelle überspringen kann. Hier wird jedes Bauvorhaben und erst recht jedes Neubaugebiet mit gehöriger Skepsis betrachtet. „Können wir uns das überhaupt leisten? Geht es nicht auch etwas kleiner? Wird unsere Landschaft nicht weiter zugebaut? Reichen die Plätze in Kindergärten und Schulen, die Kapazitäten von Kanälen, Kläranlage und Straßen?“ Solche Fragen gehören zum politischen Alltag im nördlichsten Zipfel der Nordeifel.

Wenn auch hier gilt, Stillstand ist Rückschritt, grenzt Jorma Klauss klar ab: „Roetgen will keine Stadt werden, Roetgen will Dorf bleiben“, sagt der Bürgermeister. Roetgen soll seinen eigenen Charme behalten können. „Wir haben keine Angst vor Wachstum“, sagt Jorma Klauss. „Aber es ist eine Frage des Wie.“ Wachstum mit Maß ist angesagt. Und solche Fragen diskutiert man gerne breit und ausgiebig in der schnuckeligen Drachengemeinde. Deshalb soll das jüngste Neubaugebiet Grepp II abschnittsweise entwickelt werden, angepasst an die Nachfrage. Aber die boomt am Tor der Eifel aufgrund dessen Nähe zum Ballungsraum.

Gleichwohl klafft in Roetgen die Schere zwischen einer sinkenden Geburten- und konstanten Sterberate immer weiter auseinander, während seit 2016 der Zuzug zwar knapp über dem Fortzug, aber auf einem sinkendem Niveau liegt.

Das sieht in Monschau wesentlich drastischer aus: Bei den Wanderungen zeigt der Trend deutlich bergab, wobei die Zuzüge die Abwanderung leicht übertrumpfen. Aber nirgendwo in der Nordeifel ist der Abstand zwischen Tod und Geburt mit rund 60 Schicksalen so deutlich.

Neue Antworten auf diese Entwicklung finden will die gewählte Bürgermeisterin gemeinsam mit den Menschen. In ihrem Wahlkampf hat Carmen Krämer vielfältige Punkte genannt, an denen sie anknüpfen will. Ihr Ansatz ist ganzheitlich, reicht von Nahversorgung und Mobilität über die Schaffung von Wohnraum und Bauflächen sowie Prosperität für Gewerbe bis hin zur sozialen Infrastruktur.

Laut Statistik leben zum Silvestertag 2021 in Roetgen 552 (6,37 %) Ausländer; in Monschau sind es 916 (7,86 %) und in Simmerath 989 (6,33 %). Im Vergleich dazu zählt in der Städteregion Stolberg mit 7638 Personen (13,61 %) die absolut meisten Ausländer unter den 56.103 Einwohnern, während mit 15,34 Prozent Alsdorf die höchste Ausländerquote hält.

Gleich in der Nachbarschaft findet sich die landesweit kleinste Stadt mit sinkender Tendenz: Die geringste Einwohnerzahl weist im Kreis Düren mit 4262 Einwohnern Heimbach auf, das bereits zum Stichtag 30. Juni 2021 die Gemeinde Dahlem als kleinste Kommune im Land abgelöst hatte.