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Waldorfkindergarten: „Wir nehmen jedes Kind so wie es ist“

Waldorfkindergarten : „Wir nehmen jedes Kind so wie es ist“

Der Waldorfkindergarten Zwergenhaus in Roetgen feiert in diesem Jahr sein 25-jähriges Bestehen. Es war der erste seiner Art in der Nordeifel. Unser Redakteur Andreas Gabbert hat mit der Leiterin der Einrichtung, Susanne Schwalbach, über das alternative Konzept der Einrichtung gesprochen.

Sind Sie vielen Vorurteilen begegnet, als der Kindergarten vor 25 Jahren gegründet wurde?

Schwalbach: Die gab es hier im Ort schon. Mancher hat sich gefragt, ob wir eine Sekte sind. Das sind wir natürlich nicht. Es geht um alternative pädagogische Konzepte.

Wie sehen diese Konzepte aus? Wodurch unterscheiden sie sich von anderen?

Schwalbach: Unsere Pädagogik ist sehr naturnah. Im Mittelpunkt steht die Begegnung mit dem Kind.

Was bedeutet das?

Schwalbach: Die Waldorfpädagogik orientiert sich an der Entwicklung und richtet sich nach den Bedürfnissen des Kindes. Der Rhythmus im Tagesablauf, die immer gleich gestalteten Wochentage, Fingerspiele, Rituale, wöchentliche Waldtage, Malen mit Aquarellfarben und jahreszeitliche Feste begleiten die Kinder. Fantasieanregende und naturnahe Materialien sind wichtig, genauso wie genügend Zeit für das freie Spielen drinnen und draußen. Wir nehmen jedes Kind so wie es ist. Die Interessen und Bedürfnisse des einzelnen Kindes stehen im Vordergrund und sollen gezielt gefördert werden. Das geschieht aber innerhalb der Gruppe.

Haben Sie ein Beispiel dafür?

Schwalbach: Wir hatten hier zum Beispiel einen Jungen, der nicht gut integriert war. Dieses Kind interessierte sich insbesondere für Bienen. Wir haben dann ein Projekt gestartet, in dem sich alles rund um das Thema Bienen drehte. Nachher wussten alle Kinder, wie Bienen leben und was sie dafür benötigen. Der Junge konnte viel dazu beitragen und war sehr stolz darauf. Das war für sein Selbstbewusstsein und seine Stellung innerhalb der Gruppe sehr gut. Aber auch die anderen Kinder haben von dem Projekt profitiert.

Wie sieht denn der typische Tagesablauf in Ihrer Einrichtung aus?

Schwalbach: Bei den Kindern unter drei Jahren liegt der Fokus auf einer liebevollen Umgebung, einer sicheren Bindung zu den Erzieherinnen und einem bedürfnisorientierten Alltag.

Und bei den Älteren?

Schwalbach: Die Älteren dürfen zu Beginn des Tages wählen, ob sie an unseren Angeboten wie Basteln, Backen oder Aquarellmalen teilnehmen wollen, oder ob sie mit ihren Freunden einfach nur spielen wollen. Anschließend gibt es einen geführten Teil. Dabei geht es darum, den eigenen Körper kennenzulernen. Es gibt Kreis- und Fingerspiele, die sich am Lauf der Jahreszeiten orientieren. Zum Beispiel behandeln wir zurzeit das Thema Ernte. Dann gibt es Frühstück und wir essen, was wir gemeinsam vorbereitet haben. Danach geht es raus in den Garten, bei jedem Wetter, außer bei Sturm und Gewitter. Auch da gibt es Angebote, etwa zur Bewegungsförderung. Anschließend gibt es Mittagessen und eine Ruhephase mit der Gelegenheit zum Schlafen oder zum Vorlesen.

Ihre Einrichtung ist aus einer Elterninitiative hervorgegangen, die auch heute noch als eingetragener Verein und Träger dahintersteht. Welchen Einfluss haben die Eltern der Kinder?

Schwalbach: Die Mitarbeit der Eltern gehört wie selbstverständlich dazu. Sie können und sollen sich hier einbringen, je nach ihren Fähigkeiten. Gemeinschaft wird bei uns großgeschrieben.

Was ist den Eltern besonders wichtig? Was wünschen sie sich für ihre Kinder?

Schwalbach: Geborgenheit, gesundes Essen und viel Bewegung an der frischen Luft.

Gestartet sind sie im Jahr 1995 mit einer Gruppe von etwa 25 Kindern. Wie hat sich der Kindergarten seitdem entwickelt?

Schwalbach: Nach dem Umzug in ein neues Gebäude konnten wir auch eine Gruppe für unter dreijährige Kinder anbieten. Inzwischen sind wir im Ort gut integriert und haben mehr Anfragen als wir Plätze anbieten können. Zurzeit haben wir für 2021/2022 noch einige wenige Plätze für Kinder unter zwei Jahren frei.