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Bauleitplanung Ortskern: Roetgen soll dörflichen Charakter behalten

Bauleitplanung Ortskern : Roetgen soll dörflichen Charakter behalten

Öffentlich werden an diesem Dienstag im Bauausschuss die Planungen für den Kern von Roetgen vorgestellt – Überraschungen inklusive.

Bereits am 7. Dezember soll der Rat befinden über die frühzeitige Beteiligung der Öffentlichkeit – durch Auslegung der Unterlagen und falls coronabedingt machbar bei einer Anliegerversammlung.

Die gute Nachricht ist, dass weiterhin Wohn- und Gewerberaum im Ortskern entstehen kann, damit Roetgen die Möglichkeit hat, sich weiter zu entwickeln. Die andere Seite der Medaille ist, dass es dafür starke Einschränkungen in der städtebaulichen Gestaltung gibt.

Freunde von Zwerchgiebeln, Dachgauben und Versprüngen in der Fassade in der Art eines neoklassizistischen Zuckerbäckerstils oder der Postmoderne werden enttäuscht sein. Roetgen setzt auf eine klare Formensprache von frei stehenden, schlichten Langhäusern oder Winkelhöfen mit maximal zwei Geschossen. Ziel ist es, „die Kontinuität der bisherigen historischen Entwicklung auch unter zeitgemäßen Anforderungen“ zu gewährleisten – oder mit anderen Worten ausgedrückt: Roetgen soll weiter wirken wie ein Dorf, weil es das ist, was Roetgen ausmacht.

Wo hier in Röhren versteckt der Bach die Rosentalstraße quert, soll auf privatem Grundstück eine Grünanlage nebst Spazierweg ins Tal zumindest planerisch verankert werden.
Wo hier in Röhren versteckt der Bach die Rosentalstraße quert, soll auf privatem Grundstück eine Grünanlage nebst Spazierweg ins Tal zumindest planerisch verankert werden. Foto: Jürgen Lange

Zumindest steckt die städtebauliche Zielsetzung in der Bewahrung eines dörflichen Charakters. Und mit dieser Begründung sind in der jüngeren Vergangenheit einige Bauvorhaben ausgebremst worden, die dem neuen Schönheitsideal nicht entsprochen hätten.

Immerhin umfasst der Bereich rund 19,4 Hektar entlang der Hauptstraße, etwa zwischen Rommelweg und Mittelstraße sowie Rosentalstraße bis etwa Haus-Nr. 37. Genau dort soll etwas geschehen, was Städtebauer gerne in ihrer Fachsprache als Angebot bezeichnen. Entlang des Baches, der vor der Rosentalstraße in einem Kanalrohr aus dem Blickfeld entschwindet, soll ein mindestens fünf Meter breiter „privater Grünstreifen“ und zusätzlich mit Landschaftsschutz auf Privatgelände festgeschrieben werden. Die Idee dahinter: Ein 90 Meter langer und 2,50 Meter breiter Fuß- und Radweg soll dort zwischen Rosentalstraße und nördlichem Stichweg entstehen.

Vermutlich haben sich die Eigentümer von drei Grundstücken  an der nördlichen L238 vorgestellt, einmal ein Häuschen an der Hauptstraße zu bauen. Aber an zwei Stellen (bei Nr. 74 und 90) sind nun Stichwege angedacht, die eine Bebauung des Hinterlandes ermöglichen können. Der dritte Stichweg (bei Nr. 82) soll zudem Parkflächen am Entree und Ende neben den Friedhof aufweisen können, die als Ersatz dienen könnten, wenn der Marktplatz mit einer Umgestaltung autofrei werden sollte.

Der ursprünglich zentrale Platz ist der heute außer als Parkraum kaum genutzte Marktplatz. Über die zukünftige Nutzung darf diskutiert werden, aber nur um den Markt herum sind auch in der neuen Planung die Kerngebiete festgesetzt.
Der ursprünglich zentrale Platz ist der heute außer als Parkraum kaum genutzte Marktplatz. Über die zukünftige Nutzung darf diskutiert werden, aber nur um den Markt herum sind auch in der neuen Planung die Kerngebiete festgesetzt. Foto: Jürgen Lange

Wie ein neuer Markt aussehen könnte, darüber wird parallel zur Bauleitplanung mit dem Integrierten städtebaulichen Entwicklunskonzept (ISEK) untersucht, das im Frühjahr präsentiert werden soll. Pavillons sind hier zur Belebung angedacht.

Sieht man von seiner heutigen Funktion als Parkplatz und Standort des Dienstagsmarktes einmal ab, bleibt der Markt ebenso hinter seinen Potenzialen zurück wie Wervique- und Rathaus-Vorplatz. Während das Areal für das Karnevalszelt zugunsten einer Grünanlage schmaler als Parkplatz ausgewiesen werden soll, soll die Freifläche zwischen „Fiskus und Klerus“ als Platz gestärkt werden.

Für einen angedachten Neubau anstelle der einstigen Sparkasse soll die Baugrenze eigens in Richtung Rathaushöhe verschoben werden, damit der Platz eine sogenannte Raumkante bekommen kann. Während die Bauleitplaner schlicht „Fläche für Gemeinbedarf“ sowie „besondere Zweckbestimmung“ für die Verkehrswege rund ums Rathaus in ihren Entwurf schreiben, blicken die Stadtplaner bereits in die Zukunft. Sie beschreiben bereits einen bespielbaren Nadelspringbrunnen und einen einheitlichen Verkehrsraum über die Landesstraße hinweg bis vor die Kirchtüre sowie ein Café im avisierten Neubau.

So greifen Bebauungsplan und ISEK ineinander, auch bei der Festsetzung einer Grünfläche hinter der Bebauung zwischen Rathaus und Feuerwache, wo zur Naherholung ein Spazierweg durchführen soll.

Hierarchisch ins Korsett gezwängt werden Nutzungs- und Baumöglichkeiten dann per Klassifizierung. So soll auf die zwischen Rathaus und Feuerwehr liegenden Kerngebiete mit ihren großzügigeren Möglichkeiten einer gewerblichen und baulichen Nutzung verzichtet werden. Sie sollen Mischgebiete werden. In Roetgen verbleiben vier Kerngebiete: drei angrenzend am Markt, das vierte zum Rathaus hin. Mit wachsender Entfernung vom Markt abgestuft, sollen die verbliebenen, auch gewerblich genutzten Flächen Mischgebiet werden. Alles andere, was nicht gerade Gemeinbedarf ist, soll als allgemeines Wohngebiet ausgewiesen werden.

So soll die Ecke von Lammerskreuz- und Hauptstraße, die 2019 zum Auslöser dieser Bauleitplanung nebst Veränderungssperre wurde, als Mischgebiet ausgewiesen werden. Hier im südlichen Ortskern sollen bis zu 60 Prozent des Grundstücks, im nördlichen Teil bis zu 50 Prozent genutzt werden dürfen.

Das Maß aller Dinge soll im Roetgener Ortskern zukünftig in der Regel die Zweigeschossigkeit, bei straßenabgewandten Flächen sogar eine Eingeschossigkeit, sein. Zwei Geschosse „entsprechen der regionaltypischen Bauweise“ und hätten den Vorteil, „dass auf den Dächern keine überladen wirkenden Aufbauten nötig“ werden. Um durch die Topographie bedingte Höhensprünge in der Bebauung zu vermeiden, sollen innerhalb der Baugebiete zusätzlich die maximalen Höhen von Traufen und Firsten vorgeschrieben werden.

Bei der Festsetzung der Baulinien orientieren sich die Planer zwar in der Regel am Bestand, erfassen aber in Einzelfällen nicht das gesamte Ausmaß der tatsächlichen Aufbauten. Zwar sollen im Falle eines Falles Eigentümer ihr Heim wie zuvor erneut wiederherstellen können, aber die städtebauliche Ansage für die Zukunft ist dennoch eindeutig: Irgendwann einmal soll auf den nicht erfassten Flächen keine Bebauung mehr sein.