In Lammersdorf : Mufflons spalten die Meinungen
Lammersdorf Aus dem Mufflon-Trio in Lammersdorf ist zwar ein Duo geworden, doch die beiden Wildschafe spalten die Meinungen, weil sie für gefährliche Situationen auf der Straße sorgen und Schäden in den Gärten hinterlassen.
„Flüchten die Mufflons vor dem Wolf?“, hatte unsere Zeitung vor knapp zwei Wochen gefragt und damit für viel Diskussionsstoff, weit über Lammersdorf hinaus, gesorgt. In den Sozialen Netzwerken entstanden kontroverse Debatten, und auch das Fernsehen berichtete aus Lammersdorf, wo die Wildschafe munter durch Gärten und Wohngebiete spazieren.
Daran hat sich auch jetzt, kurz vor Ende des Wonnemonats, nichts geändert. Fast täglich tauchen in den Facebookgruppen „Wir Lammersdorfer“ und „Die Drei von der Tankstelle“, die eigens für die Mufflons im Ort ins Leben gerufen wurde, neue Bilder der beiden Böcke auf, die offenbar Anfang Mai ihren dritten Kumpel verloren haben. Das dritte Tier sei vermutlich das Opfer eines Wolfes oder eines Wolfspaares geworden, das schon mehrfach im Bereich Kalltal, Raffelsbrand und Jägerhaus gesichtet wurde, hatte Jagdberater Karl-Heinz Kuckelkorn unserer Zeitung gegenüber vermutet.
Zu denken gibt dabei aber die Tatsache, dass nach wie vor nur die beiden Jungböcke täglich nach Lammersdorf finden, und keine anderen Tiere der vermuteten Herde mitziehen. „Vielleicht sind sie die letzten Überlebenden von einstmals 80 oder 100 Tieren in dem Bereich?“, fragt ein User auf Facebook.
Dort weichen die Meinungen zu den seltenen Besuchern im eigenen Garten auch inzwischen immer häufiger ab von dem, was noch vor wenigen Wochen dazu geschrieben wurde. Herrschte da noch die Meinung vor, dass man nun mal am Wald wohne und mit den Wildtieren rechnen und leben müsse, so äußerten diese Woche auch einige Lammersdorfer ihren Unmut, weil die Tiere sich munter durch Zier- und Nutzgärten futtern.
„Wenn die niemand vertreibt, dann fressen die Euch alles im Garten ab“, kommentiert ein Mitglied der Gruppe „Wir Lammersdorfer“ ein Video, das die beiden dorfbekannten Mufflons bei der „Bearbeitung“ eines Blumenbeets zeigt. „Wir leben in der Eifel und da muss man damit rechnen“, lautet eine andere Meinung unter dem Video. Auch Karl-Heinz Kuckelkorn hatte in unserem ersten Bericht empfohlen, den Garten mit einfachen Mitteln wie einem Tor oder Zaun zumindest temporär gegen die Wildschafe zu schützen. „Wer weiß, wie lange sie überhaupt noch hier sind?“, hatte der Jagdexperte gefragt.
Noch weiter gehen die Meinungen aber auseinander, wenn es um die Gefahren für und durch die Wildtiere im öffentlichen Straßenraum geht. „Jetzt mal ein kleiner Dämpfer für alle Mufflon-Romantiker“, schreibt Guido Wilden und berichtet von einem Vorfall am Mittwochmorgen mitten im Dorf: „Gerade eben hätte sich das Thema Mufflon in Lammersdorf fast erledigt, da die beiden der Meinung waren, wie zwei Wahnsinnige aus der Kirchgasse Richtung Dorfplatz stürmen zu müssen. Das war recht knapp, und die hätten fast ein fahrendes Auto getroffen“, schildert Wilden. Es sei nur noch eine Frage der Zeit, bis etwas passiere, „dann aber hoffentlich ohne Personenschaden“, schreibt Wilden und kommt zu der Meinung: „Eifel und Natur hin oder her, solche Tiere gehören einfach nicht in den Ortskern.“
„Im Ort sollte man einfach langsam fahren. Es kann auch mal ein Kleinkind mit seinem Fahrrad plötzlich auftauchen“, schreibt dagegen Karl-Heinz Kuckelkorn und prophezeit: „Es werden noch manche Wildtiere in den Ort kommen, und das ist gut so. Damit werden wir leben müssen, bei immer mehr Autos in einer Familie mit dadurch immer mehr Verkehr im Ort wird auch keiner gefragt“, sagt der Jagdberater.
Toleranz sei gefordert, „auch gegenüber unseren Wildtieren, die unseren Schutz suchen. Egal, welche Lebewesen es sind, die unsere Hilfe brauchen: Abschieben und wegsehen hilft uns in dieser ohnehin sehr kalt gewordenen Gesellschaft nicht weiter“, so der Jagdberater aus Lammersdorf. Er habe den Bürgermeister gebeten, zu prüfen, ob Hinweisschilder an den Ortseingängen aufgestellt werden können. „Warum sollen die Tiere ihrer Freiheit beraubt werden? Fangen wir demnächst auch Fuchs, Dachs und Waschbär ein, nur weil sie vor ein Auto im Ort laufen können?“, fragt er und stellt augenzwinkernd fest: „Für die Kröten werden ja auch Schilder und Zäune aufgestellt.“
Nach einer Lösung sucht auch Randi Linda Ewert, die Erstellerin der Facebookgruppe „Die Drei von der Tankstelle“. „Ich sehe die Gefahr und bin mit Ortsvorsteher Andreas Hermanns in Kontakt wegen Warnschildern. Dass das aber nur bedingt hilft, ist mir bewusst“, sagt die Lammersdorferin. Falls es aber zu gefährlich werde oder es weitere Beschwerden wegen weggefressenem Gemüse gebe, müsse man weiter überlegen. „Der Wildpark Schmidt darf sie nicht aufnehmen. Vielleicht das Gehege in Roetgen?“, lautet ihr Vorschlag.
Interessante Fragen und Ansichten äußert in der Facebookdiskussion auch Christine Erkens, studierte Landwirtin und Inhaberin einer Tierheilpraxis: „Ich verstehe das so, dass die Mufflons hier nicht heimisch sind, und dann stellt sich doch generell die Frage, ob sie wirklich hier, hingehören‘. Zudem sollten sie sich doch im Wald aufhalten oder in der freien Natur und nicht im Ort und in den Gärten“, schreibt sie und fragt: „Woher stammen die zwei (jungen) Böcke? Wo sind die Elterntiere und die restliche Herde? Bei Schafen sagt man, dass zwei zu wenig sind für das Wohlbefinden der Tiere. Also bedeuten mehr Tiere oder eine Herde auch mehr Sicherheit“, weiß Christine Erkens und vermutet: „Bei den Mufflons wird es als Wildschaf ähnlich sein, und deshalb werden sich die Tiere in Lammersdorf ebenso unsicher und eventuell unwohl fühlen.“
Christine Erkens bewegt in diesem Zusammenhang aber genauso das Thema „Wolf“ in unserem Raum. „Es beschäftigt uns alle sehr stark, vor allem die Leute mit Weidetieren. Wir sammeln momentan Unterschriften über den Verein Weidezone Deutschland und wollen auch Briefe an unsere örtlichen Vertreter schreiben, um ihnen unsere Lage und unseren Alltag zu schildern“, schreibt die Agraringenieurin aus Mützenich.