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Archivale des Monats: Wie sich die Obrigkeit im 18. Jahrhundert um Brandschutz bemühte

Archivale des Monats : Wie sich die Obrigkeit im 18. Jahrhundert um Brandschutz bemühte

„Da die Erfahrnuß mehr und mehr bestätigt, daß die zur Abwendung aller Feuers-Gefahr bereits getroffene Vorkehrungen den gehoften Entzweck nicht ganz erreicht“ erlässt der Kanzler des Herzogtums Jülich-Berg am 27. Dezember 1790 eine neue Brandschutz-Verfügung.

Was passt besser zu einer romantischen Stimmung als das warme Licht von Kerzen? Gerade jetzt, in der Advents- und Vorweihnachtszeit, gehören sie einfach zum Wohlfühlen dazu wie der Duft von frisch gebackenen Plätzchen. Nicht umsonst wird aber auch vor leichtsinnigem Umgang mit offenem Feuer gewarnt.

Denn trotz aller Brandschutzanforderungen an die Bauteile und Baustoffe von Wohngebäuden, wie es formell heißt, und aller Sicherheitstechnik kann es durchaus passieren, dass aus Unachtsamkeit z.B. die Dekoration Feuer fängt und daraus ein Großbrand entsteht. Zum Glück verlaufen solche Unfälle, nicht zuletzt auch Dank der Feuerwehr, meist relativ glimpflich. Vor mehr als 200 Jahren sah die Sache ganz anders aus.

Vor allem auf den Dörfern kam es nicht selten dazu, dass ganze Existenzen sich buchstäblich in Rauch auflösten. Die Fachwerkhäuser, die wir heute so romantisch finden, bestanden größtenteils aus Holz, die Dächer waren weitgehend mit Stroh gedeckt und die Rauchabzüge manchmal wenig fachgerecht gemauert. Gekocht wurde häufig genug über einer offenen Feuerstelle, die zugleich die einzige Heizmöglichkeit bot. Es gab keine Wasserleitung und erst recht kein elektrisches Licht.

Zur Beleuchtung verwendete man Kienspäne aus harzreichem Holz oder Kerzen aus Talg, der aus Schlachtabfällen, meist aus Rinderfettgewebe, bestand. Wen wundert es, dass sich die Obrigkeit intensiv bemühte, das Risiko eines Brandes so gering wie möglich zu halten? Was allerdings nicht so einfach war. Nur unter Androhung von empfindlichen Strafen ließ sich mancher Zeitgenosse vom Nutzen der angeordneten Maßnahmen überzeugen.

Auch das Tabakrauchen war damals schon ein großes Thema. Anders als heute stand allerdings nicht die gesundheitsschädigende Wirkung im Vordergrund, sondern ganz anderes Unheil, das daraus entstehen konnte. Schon am 16. Januar 1789 hatte Carl Graf von Nesselrod, Kanzler des Herzogtums Jülich-Berg, auf „Seiner Churfürstlichen Durchleucht sonderbarem gnadigen Befehl“ hin ein „Verbot wider das Dröschen [Dreschen von Getreide] beim Licht, das Tabak-Rauchen in Scheuren [Scheunen] und Ställen etc.“ erlassen, weil „aufm Lande die mehreste Feurs-Brünste hauptsächlich daher entstehen, daß zu Winters Zeit am frühen Morgen beim Licht gedroschen“ wurde, den „Dienst-Leuten nachgesehen werde, mit freiem Licht, ohne Laternen, in die Stallungen zu gehen“ oder „in Scheuren und Ställen“ Tabak geraucht wurde.

Da der erhoffte Erfolg anscheinend ausblieb, veröffentlichte er am 27. Dezember 1790 eine weitere, detailliertere Verfügung. Im Stadtarchiv Monschau ist sie in einer Mappe mit Unterlagen zum Feuerlöschwesen aus der Zeit zwischen 1757 und 1813 (Signatur: Altes Reich 97) zu finden.

„Da die Erfahrnuß mehr und mehr bestätigt, daß die zur Abwendung aller Feuers-Gefahr bereits getroffene Vorkehrungen den gehoften Entzweck nicht ganz erreicht, und daß die mehreste Feuers-Brünste aus dem willkürlichen Tabakrauchen und aus verwahrlosem Umgang mit Feuer und Licht entstehen, so verordnen Wir zur mehreren Vorbeugung dieses verderblichen Unweesens gnädigst: 1tens, daß das Tabakrauchen auf den Straßen in den Ortschaften, sodann in denen Fabrik-, Farb- und sonstigen Arbeitshäusern, desgleichen in denen Magasinen, in denen Werkstätten deren Weber, Schneider und Schreiner, und überhaupt in allen Orten, an welchen feuerfangende Sachen sich befinden, in der Maaße verbotten seyn solle, daß der dawider Handelnde jedesmal mit drey Reichsthalern bestrafet, im Unvermögenheits Fall aber für so viele Tage bey Wasser und Brod gesetzt werden solle;

2tens Der Kauf- oder Handwerksmann, in dessen Arbeitszimmeren mit seinem Vorwissen geraucht wird, ist bei doppelter Strafe verschuldet [verpflichtet], den Uebertretter der Behörde zur Bestrafung anzuzeigen;

3tens wird dieses Verbott besonders auf Wirthe, Fuhrleute, Knechte, Karren-Binder etc. dergestalt erstrecket, daß jeder Haußherr genau darauf Acht haben, die Wirthe aber denen einkehrenden Fuhrleuten den Eintritt in die Ställe mit brennenden Pfeiffen ohne Unterschied, solche seyen gedeckelt oder ungedeckelt, nicht gestatten oder gewärtigen sollen [und] daß sie für die daher entstehende Folgen werden angesehen [zur Verantwortung gezogen] werden.

4tens Das nötige Licht in den Werkstätten, Ställen und an sonstigen Orten, an welchen feuerfangende Sachen sich befinden, muß so verwahrt werden, daß keine Gefahr der Entzündung übrig bleibt.“ Den ärmeren Einwohnern, die sich beispielsweise keine Laternen leisten konnten, sei „nötigen Falls“ eine „zweckmäßige Einrichtung mit den wenigsten Kosten […] an Hand zu geben.“

Recht häufig kam es zur damaligen Zeit vor, dass Schäden an Rauchabzügen zu Hausbränden führten. Daher geht von Nesselrod gleich an zwei Stellen auf die Behebung von Missständen ein. „Jeder Einwohner ist verschuldet [verpflichtet], die Kaminen zwey-, drey und mehrmalen, nach Verhältnus des Gebrauchs, im Jahr reinigen zu lassen, und diejenigen Pfeiffen abzubrechen, welche mit der flachen Seite der Ziegelsteinen aufgemaurt seynd.“

Auch beim Bau waren nun schärfere Vorschriften zu beachten. So „solle in Zukunft kein Schornstein bei 12 Reichsthaler Strafe ohne vorläufige [vorherige] Anzeige bei der vorgesetzten Obrigkeit errichtet werden, welche alsdann mit Zuziehung besonders zu beeidender Werksverständigen [Sachverständigen] von Amtswegen zu untersuchen [habe], ob bei der Anlage alle Feuers-Gefahr entfernet seye.“

Bereits 1757 war im Herzogtum Jülich angeordnet worden, dass „alle künftig erbaut werdenden Häuser nicht mehr mit Strohdächern, sondern nur mit Pfannenziegel oder Leyen [Steinplatten] gedeckt werden“ durften. Die Tatsache, dass dieses Verbot über Jahrzehnte hinweg mehrmals erneuert wurde, macht deutlich, wie sorglos man damit umging. Betroffen davon waren auch die Reparaturarbeiten.

Hierzu heißt es im Text von 1790: „Die in denen Nachbarschaften würklich bestehenden Stroh-Dächer dörfen, in gefolg bereits erlassener General-Verordnung, nicht mit Stroh ausgebessert werden, sondern solche sollen nach ihrem Verfall mit Pfannen belegt werden.“ Bei Verstößen sei hart durchzugreifen. „Diejenigen [Dächer] aber, an welchen bereits einige Herstellung mit Strohe“ im Gange oder gerade abgeschlossen sei, mussten „sofort abgerissen und mit Pfannen bedecket werden.“

Wie ernst man höheren Orts die Brandverhütung nahm, wird daran deutlich, dass der Inhalt des Dokuments in den Kirchen „von denen Kanzeln an drey nacheinander folgenden Sonntägen zu jedens Nachachtung zu verkünden“ und „auch dasselbe alle viertel Jahr“ zu wiederholen war. Ebenso mussten Kopien für alle gut lesbar „an denen Barriere-Zollhäusern“, die zur Entrichtung der Mautgebühren für die Benutzung überregionaler Straßen dienten, und an „sonstig gewöhnlichen Orten“ angebracht werden.