Ausstellung : Eifelmaler erfindet sich neu
Kalterherberg/Monschau Walter Lunz stellt im Aukloster Monschau naturalistische Motive und „Modern Art“ aus.
Wenn der Maler Walter Lunz zu einer Ausstellung einlädt, dann weiß der Betrachter, was ihn erwartet: Karge Vennlandschaften, romantische Bachtäler oder herbstliche Laubwälder breiten sich gefällig auf der Leinwand aus. Am zweiten Adventswoche stellt der 67-jährige im Monschauer Aukloster seine neusten Arbeiten aus (s. Box), aber diesmal erwartet die Besucher ein weitaus breiteres Spektrum aus der jüngsten, überaus kreativen und überraschenden Schaffensphase des Malers.
Der Autodidakt aus Kalterherberg ist zwar weiterhin der naturalistischen Malerei verbunden und bei der Ausstellung ist diese auch zu sehen, aber viel lieber spricht er über seine neue stilistische Leidenschaft, die er als „Modern Art“ bezeichnet. Teils explosive, teils zurückgenommene Farben dominieren die neuen Arbeiten mit fließenden Übergängen in die Abstraktheit. Ineinander verlaufende horizontale oder vertikale Farbschichten lassen einen neuen Kosmos entstehen, der das Innerste des Malers preisgibt, die Fantasie des Betrachters anregt, aber auch häufig wieder den Bogen zurück zur Natur schlägt.
Rund ein halbes Jahrhundert lang richtete Lunz seinen Blick auf die ihn umgebende heile Welt der Eifellandschaft, doch in diesem Jahr legte er plötzlich den Schalter um und startete das Malprojekt Horizonterweiterung. „Es ist irre“, sagt Walter Lunz, selbst noch immer ein wenig überrascht vom neuen Energieschub, den er jetzt auf die Leinwand überträgt.
„Es machte plötzlich klick, und dann begann ich zu experimentieren“, erzählt der Maler über seine kreative Wandlung, die Anfang des Jahres einsetzte. Seit drei Jahren ist Walter Lunz im Ruhestand, doch seine augenblickliche Mal-Leidenschaft ist das krasse Gegenteil von Ruhe: Der Maler erlebt sozusagen eine Metamorphose und ist voller Tatendrang.
Er kippt Farbe auf die Malfläche und steuert deren Verlaufen durch die Bewegung der Leinwand. Mit Spachtel, Bürste oder Pinsel wird dann nachgearbeitet. „Im Moment könnte ich Tag und Nacht arbeiten“, erzählt er über seine augenblickliche intensive und produktive Phase. Linien, Formen und Farben bestimmen die neuen Arbeiten, immer überstrahlt von einer Harmonie, die ihm nicht nur bei der Malerei sondern auch im Alltagsleben wichtig ist.
Bekannter Onkel
Schon als Kind entdeckte Walter Lunz seine kreative Neigung. „Meine Welt war immer schon die Malerei, und ich verspürte immer schon den Wunsch, mir durch Bilder meine eigene Welt zu erschaffen“, sagt er. Die Familie wohnte am Bahnhof in Kalterherberg, unmittelbar an der damals noch streng bewachten Grenze; an der einen Seite des Hauses befand sich der deutsche, an der anderen Seite der belgische Schlagbaum.
Walter Lunz erzählt auch immer wieder gerne mit einem dezenten Schmunzeln die erstaunliche Geschichte, dass seine Eltern Maria und Josef hießen und er ausgerechnet am 25. Dezember geboren wurde. „Zuhause hatten wir nicht viele Spielsachen, aber Malstifte und Wasserfarben waren immer da“, erinnert er sich. Diese Utensilien nutzte er eifrig, und ganz spannend wurde es, wenn der Onkel aus Mützenich zu Besuch kam. Dieser Onkel war der bekannte Vennmaler Josef Thoma, und für den jungen Walter Lunz war es faszinierend zu sehen, wenn sein Onkel auf die Schnelle ein paar Skizzen zu Papier brachte.
Bald schon eiferte er ihm nach, und Walter Lunz kann sich noch genau an eines seiner ersten Bilder erinnern. „Das war ein Aquarell vom Kalterherberger Eifeldom, und eine Nachbarin kaufte es mir für 10 Mark ab.“ Als 14-Jähriger malte er sein erstes Ölbild („das war äußerst expressionistisch“), und die erste Staffelei bestand aus einem umgedrehten Stuhl.
Aber nach der Schulzeit stand zunächst einmal das Berufsbild im Mittelpunkt. Walter Lunz machte seine Lehre bei der Raiffeisenbank Simmerath, wechselte dann zur Geschäftsstelle Vossenack, ehe ab 1979 die damalige Kreissparkasse Aachen sein neuer Arbeitgeber wurde. Die meiste Zeit seines Berufslebens absolvierte er in der Geschäftsstelle Roetgen.
Inspiration und Entwicklung
Die Malerei hat ihn in dieser Zeit ohne Unterbrechung begleitet. „Ich wollte immer realistisch malen“, sagt er, und ein wichtiger Antrieb war für ihn der berühmte Maler der Romantik, Caspar David Friedrich. „Die Farben in seinen Bildern sind eine einzige Symphonie“, schwärmt Lunz. Die Stille und Abgeschiedenheit, die Friedrichs Werke bestimmen, fand Walter Lunz vor seiner Haustür – im Hohen Venn. Hier entstanden Hunderte seiner Werke – zunächst in freier Natur später dann im heimischen Atelier in Kalterherberg, untermalt mit klassischer Musik sowie einer Fotografie als Gedankenstütze und Gerüst für das Motiv, um es dann mit Leben zu füllen.
Beim Arbeiten unter freiem Himmel fühlte er sich oft durch Fragen oder die neugierigen Blicke von Spaziergängern gestört. Ihm fehlte die Konzentration, „und außerdem kann nicht malen, wenn mir jemand über die Schulter schaut“, sagt er. Also verlegte er seine Aktivitäten in die eigenen vier Wände. „Ich möchte versuchen, in meinen naturalistischen Bildern eine atmosphärische Stimmung einzufangen“, sagt der Maler. „Man muss den Wind und das Wetter spüren.“
Doch diese bedingungslose Begeisterung für die Landschaft der Eifel hat sich mit dem Beginn der experimentellen Phase von Walter Lunz deutlich reduziert. Er geht sogar so weit zu sagen, „dass das Thema eigentlich abgehakt ist“. Das letzte bedeutende Vennbild liegt schon fast ein Jahr zurück, seitdem Walter Lunz sich mit seiner „Modern Art“ ein neue und ganz persönliche Welt geschaffen hat und dafür aus seinem Umfeld auch eine Reihe positiver Reaktionen erhielt.
Er genießt die Ruhe und Ungestörtheit in seinem Atelier und den Luxus, sich ganz nach Belieben seiner Kreativität hingeben zu können. „Für mich ist das ein wie ein Befreiungsschlag“, sagt Walter Lunz. Er erfindet sich gerade neu.