„Eifel Musicale“ : Congyu Wang muss vier Zugaben spielen
Monschau Das Programm des letzten Klavierabends im Rahmen der „Eifel Musicale“ war im Vergleich zum Vorgeplanten etwas umgestellt und verändert worden – es passte aber so vielleicht noch besser auf den vorgegebenen Titel: Piano à la Française.
Es begann im ersten Teil fast etwas verhalten: Die drei Stücke von Claude Debussy gehörten eher zum „harmloseren“ Teil des Werks dieses bahnbrechenden Komponisten, zu denjenigen Stücken, die Debussy für den „Salon“ geschrieben hat. Da war etwa die Parodie eines langsamen Walzers – ironischerweise benannt: „La plus que lente“: – der noch langsamere. Und dann eines der berühmtesten Stücke von Debussy, das es auch bis in die Filmmusik gebracht hat: „Clair de lune“ – „Mondschein“ mit seinem fast wieder etwas ironischen Anklang an die mondselige deutsche Romantik, von der sich Debussy in seinem Werk ansonsten gerade absetzte.
Die Darbietung des aus Singapur stammenden jungen Pianisten Congyu Wang war in diesem ersten Teil denn auch etwas verhalten. Sympathisch berührte in jedem Fall die außerordentlich sachliche und unprätentiöse Ausführung der Werke, die hier vielleicht zu einer Art Sentimentalität eingeladen hätten. Dies vermied Congyu Wang auch bei den beiden dargebotenen Werken von Frédéric Chopin.
Chopin erwies sich hier einmal mehr als ein Lieblingskomponist der heutigen jungen Pianisten. Denn die regelmäßigen Besucher der „Eifel Musicale“ konnten nun im Laufe der bisherigen Konzerte bereits einen markanten Querschnitt durch das Schaffen dieses polnisch-französischen Musikers erleben. Die „Fantaisie“ op. 49 und das „Fantaisie – Impromptu“ op.66 brachten den inneren Ernst und den brillanten Zauber dieser intimen Musik in der Interpretation von Congyu Wang hervorragend zum Ausdruck.
Der zweite Teil ging mit der ebenfalls filmmusik-gesättigten „Vokalise“ von Rachmaninow noch einmal zurück in einen sentimentalitätsgefährdeten Bereich. Dann aber gab es mit Maurice Ravels kleiner aber außerordentlich tiefgehender Suite „Gaspard de la nuit“ den Höhepunkt des Programms. Freilich wurde an dieser ebenso expressiven wie virtuosen Musik deutlich, wie sehr doch der geistige und literarische Hintergrund dieses Werks in Gefahr gerät, übersehen zu werden.
Schon der Titel ist sehr erklärungsbedürftig, und mindestens ein Hinweis auf die literarische Quelle, nämlich das gleichnamige Werk des französischen Dichters Aloysius Bertrand wäre unbedingt angebracht gewesen. Es handelt sich dabei um ein Werk, das in der innovativen Form des „Prosagedichts“ wiederum Motive der Romantik, der Nacht und ihrer seelischen Gefahren ins Wort zu bringen versucht. Ravel nimmt auf drei kurze Texte aus diesem Werk Bezug, wobei besonders das letzte, unter dem Titel „Scarbo“ (Kobold), auffällt, da Ravel hier mit einem extremen technischen Anspruch an den Interpreten ausdrücklich, wie er selber sagt, eine „Karikatur der Romantik“ unternimmt.
Congyu Wang konnte gerade mit diesem letzten Stück geradezu Begeisterung beim Publikum wecken. Und dies veranlasste ihn dazu, in seinen nicht weniger als vier Zugaben einen weiteren Höhepunkt dieses hochinteressanten Klavierabends zu setzen. Denn neben einem kurzen Stück von Chopin nahm er Motive von George Gershwin zum Anlass, halb klassisch, halb jazzig, selber zu improvisieren. Und zum Schluss kam der „Türkische Marsch“ von Mozart in einer völlig verwandelten und verblüffenden Gestalt neu zum Klingen, die sicher manchem Zuhörer auch als „Karikatur“ erscheinen mochte, die aber Mozart selber, der jedwedem Schabernack zugeneigt war, zweifellos sehr gefallen hätte. Der enthusiastische Beifall bestätigte dieses Experiment.
Florian Koltun wies zum Schluss auf den Jazz-Tag innerhalb der „Eifel Musicale“ hin (am kommenden Samstag) sowie auf das letzte Konzert der Reihe am 2. Juni.