Kompletter Umbau des Kanalnetzes droht : Ein Generationenprojekt für die gesamte Gemeinde Roetgen
Roetgen Auf die Gemeinde Roetgen kommt eine große Aufgabe zu. „Das wird eine langfristige, teure und komplexe Angelegenheit“, sagt Bürgermeister Jorma Klauss. Gemeint ist der komplette Umbau des Kanalnetzes.
In weiten Teilen der Gemeinde gibt es heute ein Mischwasser-Netz. Das bedeutet, dass Haus-, Industrie- und Niederschlagsabwässer gemeinsam in einem Kanal abgeführt werden. Dabei gibt es mehrere Probleme.
Das Hauptproblem ist, dass zu viel Fremdwasser in den Kanal gelangt. Der Boden ist im Roetgener Gemeindegebiet nämlich so beschaffen, dass kaum etwas versickert. Also gelangt zu viel Regenwasser in die Kanäle, was dann zu erhöhten Betriebskosten der Kläranlage führt.
Gleichzeitig sind die Grundstückseigentümer bemüht, ihre Grundstücke trocken zu halten. Das geschieht oft über ungenehmigte Drainagen. Teilweise bestehen diese auch schon seit langer Zeit, denn zu früheren Zeiten schlossen sich die Landwirte in Roetgen häufig zu Drainageverbänden zusammen. Im Detail ist aber nicht bekannt, wie das ganze Wasser in den Kanal gelangt.
Wichtig sei zunächst, auszuschließen, dass es aus dem öffentlichen Netz der Gemeinde stammt, erläutert der Leiter des Bauamtes, Dirk Meyer. Wahrscheinlich stamme es überwiegend aus den Drainagen. Nun zu fordern, die illegalen Drainagen zu kappen, sei aber auch nicht zielführend, sagt Meyer. Das würde nämlich zu einer schwierigen Situation auf den Grundstücken und auch darüber hinaus führen. Denn irgendwo muss das Wasser ja hin.
Hinzu kommt, dass es auf der belgischen Seite der Grenze ähnliche Probleme gibt. In Raeren und Petergensfeld ist der Kanal zwar saniert worden, vermutet wird aber, dass sich immer noch viel Wasser aus dem Wald im Kanal in Petergensfeld wiederfindet und dann weiter nach Roetgen fließt.
Schon jetzt hatte der WVER Schwierigkeiten, eine Genehmigung der sogenannten Netzanzeige zu erhalten. Kanalnetze sind laut Landeswassergesetz nämlich anzuzeigen und zu genehmigen. Dabei darf der Fremdwasseranteil nicht mehr als 100 Prozent betragen. Im Roetgener Netz beträgt der Fremdwasseranteil aber über 200 Prozent. Die Netzanzeige wurde daher nur mit der Auflage einer Fremdwassersanierung genehmigt und für fünf Jahre befristet statt üblicherweise für 20 Jahre.
Die Lösung der Probleme wird deshalb in einem Trennsystem gesehen. Dabei werden Schmutzwässer in einem Kanal abgeführt, Niederschlagsabwässer in einem separaten Kanal. Wegen der in der Regel geringen Schmutzfracht von Regenwässern werden diese meistens direkt oder indirekt (etwa über Regenwasserrückhaltebecken) in Gewässer eingeleitet und nicht in Kläranlagen behandelt. Das ist bisher nur in den Neubaugebieten der Gemeinde der Fall. In allen anderen Straßen müsste ein weiterer Kanalstrang eingezogen werden. Dafür müssten dann die Straßen aufgerissen und anschließend saniert werden. Nach derzeitiger Rechtslage müssten dann wahrscheinlich auch die Anwohner einen finanziellen Beitrag leisten.
„Langfristig gesehen wird das die Lösung sein. Dazu werden wir gezwungen werden. Dabei dürfte es sich um ein Generationenprojekt handeln“, sagt der Bürgermeister. Sollten nämlich keine Maßnahmen erfolgen, dürfte es wohl in Zukunft keine Genehmigungen mehr für Neubaugebiete geben, damit die Belastung des Kanalsystems nicht noch weiter erhöht wird.
Das bringt auch die Prioritäten der Gemeinde durcheinander. Die Kanalsanierung für das Gewerbegebiet wurde bereits beauftragt. Nun werden also auch Maßnahmen im Einzugsgebiet des Roetgenbachs notwendig. Betroffen sind davon unter anderem die Neustraße, die Kalfstraße und die Wilhelmsstraße.
Zurzeit prüft der WVER die Machbarkeit. Im März soll es dann ein Treffen von Vertretern der Gemeinde und des WVER geben, um die weiteren Schritte zu überlegen. Im Juni könnten dann die ersten Ergebnisse mit der Bezirksregierung abgestimmt und Zuschussmöglichkeiten abgeklärt werden.