Ortsvorsteher : In Rohren übernimmt der Nachwuchs
Monschau „Was war es doch für eine gute Entscheidung, nicht mehr zu kandidieren“: Das antwortet Waltraud Haake auf eine Frage, die ihr weniger gefällt: „Was haben Sie gedacht, als Sie gehört haben, dass Margareta Ritter in der Bürgermeisterwahl gescheitert ist?“
Gescheitert wäre Waltraud Hauke kaum, wenn sie sich doch noch einmal als Ortsvorsteherin in Rohren beworben hätte. Der Ort mit gut 750 Seelen gilt als eine schwarze Hochburg. Hier hatte die Bürgermeisterin der CDU selbst noch in der Stichwahl die Nase deutlich vorne. Und Waltraud Haake ist zumindest die Tochter des letzten Bürgermeisters der einst selbstständigen Gemeinde Rohren: Josef Cloesgen war von 1952 bis 1972 erster Bürger in Rohren. Dann nach Monschau eingemeindet, übernimmt Rudi Hermanns als Ortsvorsteher. Auch dieser Christdemokrat wird über Jahrzehnte wiedergewählt.
2004 schlägt die Stunde von Waltraud Haake, obwohl sie eigentlich eine andere Person für das Mandat des Ortsvorstehers ausgeguckt hatte. Als Haake von ihr kurzfristig einen Korb bekommt, stellt sie sich selbst der Herausforderung – und wird mit mehr als 70 Prozent zur Nachfolgerin gewählt.
„Das waren dann harte fünf Jahre“, schmunzelt Haake heute. Kreistag, stellvertretender Fraktionsvorsitz, Ortsvorstand, Ratsmandat und die Aufgabenvielfalt der Ortsvorsteherin – „neben Beruf und vier Kindern“ . Es müssen prägende Jahre gewesen sein. Denn auch aus dieser Erfahrung heraus leitet die heute 68-Jährige frühzeitig ihren Rückzug ein. „2017 habe ich diesen Schritt angekündigt“, so Haake, „und 2018 haben wir Maik Gabbert angesprochen, ob er sich vorstellen kann, für diese Aufgabe zu kandidieren.“
Maik Gabbert wollte und wurde jetzt mit über 70 Prozent gewählt zum Ratsherrn und Ortsvorsteher. Der heute 29 Jahre alte Bankkaufmann ist das, was man im positiven Sinne unter einem Bewohner eines Dorfes versteht. Der Ort und seine Menschen sind seine Heimat und sein Lebensmittelpunkt. Man kennt sich, man schätzt sich, man hilft sich, man feiert und trauert miteinander, und wenn etwas gemacht werden muss, packen alle mit an.
Das hat Maik Gabbert von klein auf kennengelernt und gelebt. Ein Autogramm von Bürgermeister Theo Steinröx auf der Sommerbobbahn hat über die Kindertage hinaus seine Bedeutung behalten. „Ich habe gesehen, dass man viel bewegen kann, wenn man sich für etwas einsetzt“, sagt Gabbert heute. „Dass man sich für sein Dorf einsetzt, ist wichtig für das Leben in dieser Gemeinschaft.“ Und dass er sich seit 2016 zur CDU bekennt, ist für ihn ebenso folgerichtig wie er sich in den Vereinen des Ortes engagiert. Er hat erlebt, wie sich seine Vorgänger für das Dorf einsetzten – zumeist erfolgreich.
Wenn es um Rohren geht, geht das Herz von Maik Gabbert auf, und er strahlt. „Es ist eins der wenigen Dörfer, wo das Zentrum noch ein Zentrum ist.“ Kirche, Konsum, Bäckerei, Spielplatz, Hotel und Gastronomie finden sich dort; ein Katzensprung ist es in die Natur, die auch überall im Dorf mit seinen schmucken Häusern zu spüren ist.
Dass es heute so ist, dafür mussten die Rohrener immer wieder kämpfen. Der Festsaal wird heute als Restaurant genutzt. „Es ist in Corona-Zeiten sehr gut nachgefragt“, erzählt Waltraud Haake. „Das ist ein Ort, an dem man auf Abstand und mit Sicherheit gut essen kann.“ Gleichzeitig arbeitet der Betreiber an der Wiedereröffnung einer Gaststätte als Restaurant, damit der Saal in besseren Zeiten wieder uneingeschränkt für die wichtigen Treffen und Veranstaltungen im Dorf zur Verfügung steht.
Neben den vielfältigen Bemühungen um den Erhalt der Infrastruktur in Rohren zählt die Realisierung des Neubaugebietes Branderheld und dessen Erweiterung vor wenigen Jahren wohl zu den großen Erfolgen. Denn die Schaffung neuer Bauflächen ermöglicht jungen Rohrenern ebenso wie Zugezogenen, im Dorf leben zu können. „Rohren wächst und ist nicht nur ein Schlafort“, sagen Haake und Gabbert. Das ist in heutigen Zeiten wie ein Adelstitel für ein Dorf an der Peripherie.
Gabbert selbst hat dort gebaut, hofft bald die wegen Corona vertagte kirchliche Hochzeit nachholen zu können und wird später sicherlich seine Kinder in die Tagesstätte im Ort schicken wollen. Auch dieses für die Prosperität des Dorfes wichtige Angebot konnte zumindest in der Form eines Teilstandortes erhalten werden.
Wahr geworden ist vor zwei Jahren auch der Traum eines großen Kinderspielplatzes – natürlich im Zentrum. „Wir waren der letzte Ort ohne Spielplatz im Stadtgebiet“, plaudert Waltraud Haake aus dem Nähkästchen. 2018 haben alle Ortsvorsteher ihr Spielplatz-Budget für Rohren bereitgestellt, „und den restlichen Betrag haben wir selbst hier aufgetrieben“.
Früher konnten die Rohrener noch auf den Spielplatz an der Sommerbobbahn zurückgreifen. Sie ist seit drei Jahren Geschichte. Instandsetzung und Betrieb lohnten nicht mehr. Das Ende dieser traditionsreichen Anlage sitzt wie ein Stachel im Gemüt des Dorfes. „Klar gab es Ärger, wenn der halbe Ort zugeparkt war“, sagt Haake, aber die Anlage war wichtig für Image und Besucherfrequenz. Eine Fortführung oder Wiederbelebung dieses Angebotes ist denn auch die einzige Herausforderung, an der die Ortsvorsteherin trotz aller Bemühungen gescheitert ist.
Maik Gabbert schaut derweil nach vorne. Der Stellplatz für Wohnmobiltouristen am Ortseingang, wo auch ein Einstieg in die Langlauf-Loipen möglich ist, wird derzeit mit zusätzlicher Infrastruktur für Elektromobilität aufgewertet. „Der Platz ist bereits jetzt sehr gut nachgefragt“, erwartet Gabbert – auch coronabedingt – weiteren Auftrieb. Er begrüßt zudem die zusätzlichen touristischen Angebote im Umfeld, wie das noch junge Mountainbike-Erlebnis in Kalterherberg. Von Rohren als Standort aus können Touristen viel erleben. Derweil wächst im Ort das Angebot an Ferienwohnungen.
Für Rohren will Maik Gabbert sich nun so richtig reinhängen und ein offenes Ohr für die Wünsche der Mitbürger haben. Warum? Weil er seinen Heimatort liebt und weil „Planen, Organisieren, Verändern richtig Spaß macht, wenn man sieht, dass es angenommen wird.“
Wie sein neues Amt in der Praxis aussehen kann, darauf hat er sich dank Waltraud Haake gut vorbereiten können. Vor zwei Jahren wurde er zum stellvertretenden sachkundigen Bürger berufen. Damit durfte er an den Fraktionssitzungen der CDU teilnehmen und erhielt Einblicke in die kommunalpolitische Praxis – wie eine kleine Lehre. „Die Ratsvorlagen lesen sich schon anders als ein Buch“, schmunzelt er und ist dankbar für die vielen Hinwiese und Erklärungen, was sich hinter oft seltsamen Formulierungen des Amtsdeutsch verbirgt und welche Wege einfach auch formal genommen werden müssen, damit ein Projekt Erfolg haben kann. Anfang November wird er in sein neues Amt eingeführt.
Und ebenso wie es bei den Wechseln im Ortsvorstand zuvor der Fall war, registriert auch jetzt die CDU einen Mitgliederzuwachs. „Eine neue Generation tritt in die Fußstapfen“, kommentiert Waltraud Haake.