Feldvogelschutz : Nur halb so viele Grauammern wie 2007
Kreis Düren Wenn die Biologinnen Joyce Janssen und Alexandra Schieweling von der Biologischen Station Düren durch die Zülpicher Börde gehen, dann mit offenen Augen und Ohren. Immer wieder lauschen sie auf Vogelgesang oder zücken ihre Ferngläser.
Ein Tier, das ihnen besorgniserregend selten vor die Linse kommt, ist die Grauammer. Sie ist in NRW vom Aussterben bedroht und im Dreieck der Kreise Düren, Euskirchen und Rhein-Erft gibt es landesweit das letzte größere Vorkommen. Innerhalb des Kreises Düren zählten die Experten im Jahr 2007 noch 80 Reviere. Mittlerweile sind es aber nur noch halb so viele.
Rekord-Trupp mit 120 Vögeln
„Die Frage ist: Warum?“, sagt Schieweling. „Und die ehrliche Antwort ist: Wir wissen es nicht.“ Sie und ihre Kollegin haben im Vorjahr eine umfangreiche Kartierung erstellt und das Vorkommen der Grauammer beobachtet. 41 Reviere haben sie gefunden, eins davon mit 20 bis 25 Brutpaaren in der Nähe von Kelz. Absoluter Rekord im Vergleich zu den Vorjahren war ein Trupp mit bis zu 120 Grauammern, den die Biologinnen im Winter entdeckten. Dieser Fund macht den beiden Hoffnung und bestätigt sie in ihren Bemühungen, denn die Fläche, auf der sich die Vögel angesiedelt hatten, war eine, die der Landwirt speziell für den Naturschutz vorgesehen hatte.
Flächen wie diese, auf denen Blühstreifen angelegt oder Getreide nicht abgeerntet wird, sollen Vögeln und Insekten Nahrung und Schutz bieten. Solchen Maßnahmenflächen, für die Landwirte entschädigt werden, ermöglichen, dass sich die Feldvögel vermehren und die Wintermonate überstehen.
Und genau das ist das Ziel eines 2016 gestarteten Projektes zum Feldvogelschutz. Es trägt den Titel: „Stabilisierung der Population wertgebender Arten in der Zülpicher Börde“ und geht noch bis Juli 2020. Finanziert von der Deutschen Bundesstiftung Umwelt (DBU) und dem Umweltministerium NRW arbeiten in diesem Projekt die Biologische Station Düren und die Landwirtschaftskammer NRW zusammen.
Konkret sieht die Zusammenarbeit so aus, dass Jannsen und Schieweling in der Zülpicher Börde die schützenswerten Arten ausmachen und an Georg Milz von der Landwirtschaftskammer weitergeben, wenn sie beispielsweise einen Trupp Grauammern entdeckt haben. Milz geht dann auf den Landwirt zu, auf dessen Fläche die Vögel leben, und bespricht mit ihm Möglichkeiten, die Tiere zu schützen.
Zu einem unverbindlichen Beratungstermin haben ihm bisher alle Landwirte zugesagt. 90 Betriebe hat er schon beraten. „Mein Ziel war, dass 75 Prozent davon Maßnahmen umsetzen. Tatsächlich sind es sogar 85 Prozent“, freut sich Milz. Er hatte nicht mit einer so großen Bereitschaft gerechnet.
Georg Milz hat die Erfahrung gemacht, dass es vielen Landwirten so ging, wie ihm selbst: „Vor dem Projekt kannte ich die Grauammer gar nicht“, sagt er ehrlich. Sie hat ein schlichtes Erscheinungsbild, ist grau und braun gefiedert und ihr Gesang klingt ein wenig wie das Klirren eines Schlüsselbundes. Die Vögel sind unscheinbar und verstecken sich gern. „Deshalb ist es wichtig, dass ich bei den Landwirten für die Grauammer Werbung mache“, sagt Milz.
Es helfe sehr, wenn sie die Arten im Feld erkennen und entsprechend Rücksicht nehmen können. Der Kiebitz ist bekannter als die Grauammer, so dass sich deren Schutz „wahnsinnig gut entwickelt“ habe, wie der Berater der Landwirtschaftskammer betont. Zwar sei die Population immer noch bedenklich klein, aber er und seine Kolleginnen von der Biostation freuen sich über die rege Bereitschaft der Landwirte, die Kiebitz-Gelege auf ihren Feldern markieren zu lassen, um dann mit den Maschinen nicht drüber, sondern dran vorbei zu fahren.
Neben Kiebitz und Grauammer sind weitere so genannte Zielarten, die die Experten stärken wollen, die Wiesen- und Rohrweiher, die Feldlärche und das Rebhuhn. „All unsere Bemühungen machen wir nicht nur für die Grauammer, sondern für alle Zielarten. Aber die Grauammer ist unsere Gallionsfigur im Projekt, weil es da besonders Not tut“, erklärt Georg Milz.
Deshalb sind er, Joyce Janssen und Alexandra Schieweling froh um jeden Feldstreifen mit vertrocknetem Weizen und jeden Blühstreifen – in der Hoffnung, dass sie bald wieder mehr Grauammern mit ihren Ferngläsern entdecken.