Kreis Düren : Was die Namen der Karnevalsgesellschaften im Dürener Land bedeuten
Kreis Düren Was haben Spatzen, alte Pantoffeln, Zaunpfähle und Rübenkraut mit Karneval zu tun? Auf den ersten Blick gar nix — und doch haben sich Karnevalsgesellschaften aus dem Dürener Land nach genau diesen Dingen benannt.
Aber wie kommt es, dass eine KG „Ahle Schlupp“ heißt? Und was will uns der Zaunpfahl im Namen der Golzheimer KG „Mir hahle Poohl“ sagen? Die Lokalredaktion hat sich auf die Suche nach Antworten gemacht.
„Lukkebömmelte Lü“, Lucherberg: Der Lucherberger Carneval Club „Lukkebömmelte Lü“ wirft gleich mehrere Fragen auf: Was ist „Lukkebömmelte“ und warum in aller Welt schreiben die Jecken da Karneval mit „C“? „Lucherberg heißt auf Platt ‚Lukkebömmelte‘ und Leute heißen bei uns ‚Lü‘. Wenn ein paar Lucherberger einen Verein gründen, nennen sie ihn halt ‚Lukkebömmelte Lü‘“, erzählt Geschäftsführer Dirk Kuckhoff. Warum die Gründer Karneval mit „C“ schrieben, sei hingegen nicht überliefert. „Ein Insider meinte, LCC hörte sich für die Gründer einfach besser an als LKC oder LKK. Vielleicht sind aber auch am Gründungsabend ein paar Bier zu viel geflossen — oder es war ein Protest gegen die schon damals geplante Reform der deutschen Rechtschreibung. Egal, in Lucherberg schreiben wir Karneval jedenfalls mit C.“
In Willi Kucks Buch „Karneval im Düren-Zülpicher Land“ wird auch noch eine andere Namensherkunft genannt: Demzufolge hatte der Dampfzug, der früher die Kohle in die Brikettfabrik brachte, im Volksmund den Namen „Lukkebömmelte Lü“.
„Wendene Seempött“, Winden: Haben Sie sich schon einmal „Seem“ aufs Brot geschmiert? Diesen zähflüssigen, dunkelbraunen, malzigsüßen Sirup aus dem bekannten gelben Döschen? Gut, an Aroma und Konsistenz scheiden sich die Geister. Bekannt ist aber aus den Chroniken, dass Winden in der Gemeinde Kreuzau nach dem Krieg das „Seemdörp“ war, also das Zuckerrübensirupdorf. „Die Menschen waren arm und haben aus Zuckerrüben den „Seem“ hergestellt und ihn in Steintöpfen, den Pötten, aufbewahrt“, weiß Paul-Werner Thelen, Zugezogener und nach 50 Jahren trotzdem Windener. Thelen ist auch Gründungsmitglied der KG „Wendene Seempött“, also der Zuckerrübensiruptöpfe. Damals, 1986, hätten sich die Mitglieder schnell auf diesen Namen geeinigt. Dieser Spitzname für die Windener scheint auch auf eine Rivalität zwischen Kreuzau und Winden zurückzugehen. Böse Zungen behaupten sogar, dass die Windener aus Sparsamkeit, um ihre Häuser zu bauen, das billige Kraut als Brotaufstrich brauchten. In den kalorienarmen Nachkriegsjahren war das Kraut allerdings nicht nur in Winden beliebt.
„Ahle Schlupp“, Kreuzau: Am 17. Januar 1880 kamen in einer Gaststätte an der Kreuzauer Hauptstraße Menschen zusammen, um einen Verein zu gründen. Sie nannten die KG „Ahle Schlupp“, also „Alter Pantoffel“. „Das wissen wir genau und das können wir auch belegen“, sagt Peter Kaptain, der Präsident der „Schluppe“. Aber warum haben sich die Gründungsmitglieder ausgerechnet für den alten Pantoffel entschieden? Ganz genau weiß das keiner mehr. Von Generation zu Generation wird in Kreuzau aber folgende Geschichte weitergegeben: „Als die Gründungsmitglieder zusammen in der Pinte saßen und gerade die Vereinsgründung beschlossen haben, soll sich der Wirt hinzugesellt haben. Und der soll alte Pantoffeln an den Füßen getragen haben“, erzählt Kaptain. Und mit dem Blick auf die Füße des Wirtes könnte der neue Verein auch seinen Namen gefunden haben. Man kann sich vorstellen, welchen Spaß die Herren in der geselligen Runde gehabt haben müssen.
„Ahle Hoot“, Eschweiler über Feld: Was den Kreuzauern die Pantoffeln, ist den Jecken aus Eschweiler über Feld der „Hoot“, der Hut also. Der Name geht zurück auf den Karnevalisten Peter Geuenich, der jedes Jahr am 11.11. mit dem alten Hut auf den Kopf eine Fahrradrunde durch den Ort drehte und bei den anderen Jecken die Lust aufs Feiern weckte. Es war dann auch Peter Geuenich, der 1950 den Anstoß für die Gründung einer KG bot. Und sein „Hoot“ wurde das Symbol der neuen KG.
„Holzpoeze Jonge“, Düren: Die „Holzpoeze Jonge“ benannten ihre Karnevalsgesellschaft nach dem alten Stadttor im Westteil der Stadt, früher ‚Holzpoez’ genannt. Durch dieses Stadttor wurde in den früheren Jahren das für die Stadt benötigte Holz aus den nahen Eifelwäldern geliefert. Mit dem alten Namen wollten die „Jungen“ die Heimatverbundenheit der Karnevalisten dokumentieren.
„Mir hahle Poohl“, Golzheim: „Also die Suche nach einem Gründungsmitglied dürfte schwierig werden“, sagt Ignaz Foerster. „Ich war 1905 jedenfalls nicht dabei.“ Foerster ist Präsident der KG „Mir hahle Poohl“. Was der Name des Vereins bedeutet, weiß der Chef natürlich und er erklärt es gerne, immer wieder wird er danach gefragt. „Was ein ‚Poohl‘ ist, wissen sie aber?“, macht er die Probe auf’s Exempel. Klar, „ne Poohl“ ist ein Pfahl, also ein Zaunpfahl zum Beispiel. „Und ‚mir hahle Poohl‘ bedeutet im übertragenen Sinn ‚Wir halten zusammen‘. Warum die Gründungsmitglieder diesen Namen ausgesucht haben, ist uns aber nicht überliefert. Schön ist aber, dass er auch heute noch bestens passt, weil wir ein tolles Zusammengehörigkeitsgefühl haben“, freut sich Foerster. Denn wenn in der KG gefeiert werde, würden beim Aufbau, beim Abbau und überhaupt immer alle an einem Strang ziehen und eben „Poohl hahle“.
„Wessescheme Honnichländer“, Wissersheim: Der Name dieser Jecken aus der Gemeinde Nörvenich ist beinahe unaussprechlich, vielleicht geht er leichter über die Lippen, wenn nach ein paar Bier ohnehin schon leichtes „Nuscheln“ eingesetzt hat. „Wessescheme Honnichländer“ — zurück geht der Name wohl auf die Rivalität zwischen den Wissersheimern und den Gymnichern, so zumindest weiß es der Karnevalist Franz Becker. „Diese Rivalität hat ihren Ursprung in der Landwirtschaft“, erklärt er. Der Boden in Wissersheim sei fruchtbarer, deswegen waren die Wissersheimer für die Gymnicher die ‚Honnichländer‘, also Leute aus dem Gebiet, in dem im übertragenen Sinne Milch und Honig fließen. Und die Gymnicher waren für die Wissersheimer die „Heuköpp“, weil dort eben außer Gras nicht so viel wachsen wollte.“ Befreundet seien die Vereine der Orte, den Anfang machten die Schützen, aber trotz aller Neckereien.
„Löstige Jrömmele“, Drove: Der „Mutter Tollmann“ ist es zu verdanken, dass die Drover Karnevalisten sich „Löstige Jrömmele“ nennen. 1905 war die KG eigentlich unter dem Namen „Löstige Jonge“ gegründet worden. Nach dem Zweiten Weltkrieg wollten die Drover Jecken die Tradition wieder aufleben lassen — und so trafen sie sich im Haus der Tollmanns, beim Mitglied Peter. Und weil es mittlerweile schon einige andere „Löstige Jonge“ gab, suchten die Männer nach einem neuen Namen. Und da kam die Mutter Tollmann ins Spiel. Denn die musste, so schreibt es Willi Kuck in seinem Buch, vor den Treffen erst mit dem „Schottelplack“, also dem Spültuch, die „Jrömmele des damals recht kargen Abendessens vom Tisch wischen“. Und ruckzuck hatten die lustigen Krümel ihren Namen.
Lüxheimer „Spätlese“: Vollkommen ohne „Platt“ kommt der Name der KG Lüxheimer „Spätlese“ daher. Die zündende Idee hatte 1966 Wirtin Agnes Müller. Als die Gründungsmitglieder überlegten, wie sie ihren Verein nennen könnten, schlug sie aus ihrem Fachgebiet die „Spätlese“ vor. Die Entscheidung fiel einstimmig. Und wie heißt es beim Wein so schön: Je älter er wird, desto besser.
„Lengeschdörpe Klompe“, Lendersdorf: Die Lenderdsdorfer „Klompe“ wurden 1950 gegründet, ihr Name aber hat noch eine viel längere Geschichte. „Klompe“, die klobigen Holzschuhe verbinden wir heute eher mit Urlaub in Holland. Aber die „Klompe“ haben auch in Lendersdorf Tradition. Aus Willi Kucks Buch geht hervor, dass schon um 1890 bei den Sitzungen des katholischen Männervereins in der sogenannten „Essigfabrik“ der „Klomp“ eine jecke Rolle spielte: So mussten die Mitwirkenden an einem Fuß einen normalen Schuh und am anderen eben einen „Klompen“ tragen. Das sei vermutlich eine Persiflage auf die Arbeitskleidung in der uralten Lendersdorfer Hütte gewesen, wo die Männer bei ihrer schweren Arbeit Holzschuhe trugen und nach der harten Arbeit durch Lendersdorf nach Hause klapperten. Gegründet wurde die KG übrigens zunächst als „Atom-Klomp“. Mit diesem Namen wollte man Altes mit Neuem verbinden. Wegen der negativen Bedeutung von „Atom“ im Zusammenhang mit Waffen benannte sich die KG 1957 um.
„Stammelte Böömche“, Huchem-Stammeln: Das „Stammelte Böömche“, also das Bäumchen — ein Linde —, das die Gründer der KG in Huchem-Stammeln vor 69 Jahren pflanzten, ist mittlerweile „ne decke Boom“ geworden. Der „Stammbaum“ hat Sturm und Zeit getrotzt und ist immer noch das Sinnbild der KG, die in diesem Jahr 70 Jahre alt wird. Aber warum eigentlich? „Das weiß heute keiner mehr“, sagt Dieter Pelzer, der Vorsitzende der KG. Vermutlich hat den Jecken das Symbol gefallen — und die „Ehrensenatoren“ heißen bei den „Böömche“ logischerweise „Ehrengärtner“.
„Desteniche Heedmösche“, Disternich: „Leever en Mösch en dr Hand als en Duuv op demm Daach“, heißt es in einem bekannten Lied der „Höhner“. Vielleicht auch wegen dieses Liedes ist der Platt-Begriff „Mösch“ auch noch gebräuchlich. „Ne Mösch“, das ist ein Spatz, auch Sperling genannt — und dabei, liebe Kinder, handelt es sich um einen Vogel. Und von dieser Sorte gab es einst auf der Disternicher Heide so viele, dass es schon bald eine Plage war. „Und so war Gründungsmitglied Peter Vieth schnell auf die Idee gekommen, die KG nach den Spatzen auf der Heide, also den ‚Heedmösche‘“ zu benennen“, erzählt Schriftführerin Nadine Leschner. In Brandenberg gibt es übrigens artverwandte Jecken: die „Heed-Haase“.
„Verdötschte Glabige“, Gladbach: „Herr Berendes, warum sind Sie in Gladbach eigentlich ‚verblötscht‘?“ Diese Beleidigung gleich zu Beginn des Telefonats unserer Redakteurin mit den Gladbacher Karnevalisten, nimmt Literat Hans-Peter Berendes nicht krumm. „Wir sind hier bloß ‚verdötscht‘“, korrigiert er höflich. Aber warum? „Ja, da fragen Sie was!“ So richtig genau weiß niemand mehr, was die Gründungsmitglieder 1951 im Kopf hatten, als sie den Namen der KG aussuchten. „Irgendeiner wird irgendwie drauf gekommen sein, die anderen fanden es gut und das war es.“
„Verdötscht“ bedeutet jedenfalls so viel wie verrückt. Und so sind die „Glabige“, also die Gladbacher, nun mal „Leute, die ein bisschen neben der Mütze laufen“, kommentiert Berendes augenzwinkernd. Und genau das darf man an den tollen Tagen ja auch ausnahmsweise mal tun.
„Löstige Döppesbäckere“, Langerwehe: Wenn die Langerweher in ihrem traditionellen Töpferort „Töpfe herstellten“, dann nannte man das dort „Döppe backen“. Und in Langerwehe wurden vornehmlich Töpfe für „saure Gurken“ hergestellt. Und weil die Gründer der KG 1947 einen Namen mit Heimatbezug wollten, wurden sie die „Döppesbäckere“.
„Pannebäckere“, Langerwehe: Für eine KG quasi noch grün hinter den Ohren sind die „Pannebäckere“ aus der Nachbarschaft. Die gründeten sich 1995, um den Zug mit einem Wagen aufzuwerten. Der Name der Gesellschaft „Pannebäckere“ beruht aus der bereits im Jahre 1624 erstmals in Langerwehe urkundlich erwähnten Tradition der „Pannebäckerei“, also der Herstellung von Dachpfannen. Gegenüber des Gründungsortes Hauptstraße 51 befand sich während der Jahrhundertwende die „Pannebäckerei“ Hitz. Zum einen wegen der Nähe zu diesem Ort und zum anderen, um auch dieser Tradition gerecht zu werden und die „Pannebäckere“ wieder bei der Bevölkerung in Erinnerung zu rufen, wurde dieser Name gewählt.