Rettet das Huhn : Tierschützerin fordert „Abschreckbilder“ auf Eierkartons
Kreis Düren Eiern sieht man ihre Herkunft nicht an, den Hühnern die Haltungsbedingungen sehr wohl. Sandra Krichel aus Niederzier pflegt operierte Hühner – und sucht für diese eine Heimat.
Hühner liegen im Trend, die Zahl der privaten Hühnerhalter steigt seit Jahren, immer mehr kleine Betriebe verkaufen Freilandeier. Doch die Masse der Eier – vor allem in verarbeiteten Produkten – stammt nach wie vor aus Massentierhaltung. Dem Ei und dem Produkt sieht man das kaum an. „Den Tieren schon“, sagt Sarah Kirch, die für den Verein „Rettet das Huhn“ für den Großraum Aachen, Köln, Bonn zuständig ist.
„Ich plädiere dafür, dass auf Eierkartons oder Fleischverpackungen Bilder aus der Haltung abgedruckt werden, so, wie es auch bei Zigaretten ist“, betont Kirch. So könnten die Verbraucher sehen, dass Bodenhaltung weder Stroh noch grüne Wiese bedeute. „Wenn man sieht, wie die Tiere aussehen, dann schockiert das und bringt zum Nachdenken“, ist sie überzeugt.
Ob diese Regelung jemals kommt, ist ungewiss. Daher konzentriert Sarah Kirch, die in Schleiden im Kreis Euskirchen lebt, ihre Energie auf Hühner aus Massentierhaltung – und sorgt dafür, dass diese nach ihrer Zeit als effiziente Eierlegemaschinen ein schönes Leben haben: „Mit etwa anderthalb Jahren legen Hennen nicht mehr jeden Tag ein Ei, sondern nur noch vier bis fünf pro Woche“, erklärt Sarah Kirch. „Dann wird in den Betrieben ausgestallt. Das bedeutet nichts anderes als: geschlachtet.“ Das ist der Zeitpunkt, an dem Sarah Kirch und Mitstreiter vom Verein „Rettet das Huhn“ aktiv werden. Sie übernehmen die Hennen und vermitteln sie an Menschen, die in den Hühnern Haustiere sehen – und auch bereit sind, mit einem Huhn den Weg zum Tierarzt anzutreten. So, wie man es mit Katze, Hund oder Wellensittich macht. Rund 10.000 Ex-Legehennen rettet der Verein nach eigenen Angaben jedes Jahr.
„Hühner sind intelligent, neugierig und unglaublich komisch. Es ist einfach toll, sie zu beobachten“, begründet Sarah Kirch ihre Liebe zum Huhn. Und auch Sandra Krichel aus Niederzier ist begeistert von den gefiederten Tieren. Die meisten Tiere können aus der Massentierhaltung direkt an die neuen Halter vermittelt werden. Komplizierte Fälle landen bei Sandra Krichel in einem Kaninchenstall im Wohnhaus. „Manche Tiere sind so krank, dass sie operiert werden müssen“, erklärt Krichel. In Vettweiß gebe es eine spezialisierte Tierärztin, die die Tiere am Legedarm operiere. Danach brauchen die Hühner medizinische Betreuung. Sandra Krichel ist Krankenschwester und schon lange im Tierschutz aktiv – so ist sie vor etwa einem Jahr auch zur medizinischen Versorgung ehemaliger Legehennen gekommen. Eine Freundin hilft ihr dabei. „Zu zweit ist es einfacher, einem Huhn Medizin zu verabreichen“, sagt Krichel. Die Tierschützerin pflegt die Hühner gesund, bevor sie an andere Halter vermittelt werden können.
„Für manche Hennen ist es aus gesundheitlichen Gründen wichtig, dass sie keine Eier mehr legen. Sie bekommen dann einen Verhütungsmittelchip, der alle drei Monate erneuert werden muss“, erklärt Krichel. Kostenpunkt: 85 Euro. Für solche Tiere sucht „Rettet das Huhn“ auch aktuell eine Bleibe, für andere Hühner finden sich eigentlich immer genügend Abnehmer. Und die meisten Hühner legen auch weiterhin Eier – nur nicht jeden Tag. „Das ist Privatleuten völlig egal, in Großbetrieben rentiert sich das dann nicht mehr“, erklärt Kirch.
Vier bis sechs Mal im Jahr ist Sarah Kirch bei Ausstallungen dabei. Die Fotos davon zeigen die Tierschützer meist im Dunkeln, was ihren Aktionen einen Hauch von Illegalität zuschreibt. Dabei kooperieren sie mit den Betrieben, zum Wohl der Tiere wählen sie nicht den helllichten Tag, sondern greifen die Tiere, solange diese noch im Nacht-Modus stecken.
Von den Ställen geht es dann nach Hürth, wo Hühnerhalter aus dem westlichen Zipfel des Landes die Tiere abholen. Krank seien die Hennen nicht, wohl aber zerpickt, zerrupft oder geschwächt. Aber schon zwei Wochen im neuen Zuhause würden den ehemaligen Hochleistungshennen sichtbar gut tun.
Im Legehennenbetrieb sei der Stall bis dahin längst gereinigt, desinfiziert und mit neuen Hennen besetzt.