Versorger vor großen Herausforderungen : Stadtwerke, Wärmepumpen und der Düren-Plan
Düren Verunsicherung, Preissprünge, Versorgungsängste: Ein Jahr wie 2022 hat in der gesamten Branche und auch beim Kommunalversorger Stadtwerke Düren wohl kaum jemand erlebt. Die Aufgaben der Vergangenheit wurden gemeistert, die der Zukunft sind aber nicht minder groß.
Die besonderen Herausforderungen für einen kommunalen Energieversorger wie die Stadtwerke Düren (SWD) im Multi-Krisenjahr 2022 verdeutlicht eine Zahl: 500.000. So viele Schreiben an die Kundschaft musste das Unternehmen versenden, um über Veränderungen zu informieren, die in Folge des russischen Krieges in der Ukraine anfielen – bis hin zu den „Preisbremsen“ am Jahresende. „Wenn man mich vorher gefragt hätte, hätte es ich es nicht für möglich gehalten“, sagt Vertriebsleiter Ingo Vosen über die bewältigte Korrespondenzflut.
Wenige Wochen vor der Heizsaison 2023, zum 1. August, nämlich wird es weitere Schreiben geben, diesmal mit prinzipiell erfreulichem Inhalt. Die Lage auf den Energiemärkten hat sich nach Einschätzung des Kommunalversorgers so beruhigt, dass zum 1. August der Gas-Arbeitspreis um drei Cent pro Kilowattstunde gesenkt werden könne – in der Grundversorgung. Der Preis sinkt hier unter den staatlichen Deckel (zwölf Cent) auf dann 11,25 Cent brutto. Auch für die Kundschaft mit Sonderverträgen reduzieren sich die Arbeitspreise.
Das gab das Unternehmen am Donnerstag bei der Vorstellung seiner Jahresbilanz 2022 bekannt. Beim Strom seien derzeit keine Anpassungen nach oben oder unten geplant, hieß es.
Die extremen Schwankungen auf den Märkten für Strom und Gas haben den SWD zwar einen enormen Umsatzzuwachs beschert, nicht aber die Gewinne vervielfacht. Mit drei Millionen Euro weist das Unternehmen einen Jahresüberschuss wie im Vorjahr aus, wie Geschäftsführer Heinrich Klocke berichtet.
Dabei haben sich beim Erdgas die Umsätze um 88 Prozent auf 79,5 Millionen Euro erhöht, beim Strom um 39 Prozent auf 90,6 Millionen Euro, obwohl der Absatz beim Gas um 67 Gigawattstunden gesunken ist, beim Strom hat er sich um ein paar Prozent erhöht.
Die Stadt Düren als Gesellschafter hat von den Stadtwerken 6,2 Millionen Euro an Steuern, Konzessionsabgaben und Gewinnausschüttung erhalten (Vorjahr: 7,1 Millionen Euro).
Energiepreise hätten an den Börsen einen „geradezu dramatischen Verlauf“ mit Rekordhöhen genommen, deshalb wertet der Geschäftsführer die Abschlusszahlen als Erfolg und befriedigendes Ergebnis, das nur dank des großen Engagements der Belegschaft habe erreicht werden können.
Verunsicherung ist derzeit auch wieder zu spüren, allerdings vor einem anderen Hintergrund: dem geplanten Heizungsgesetz aus dem Ministerium von Robert Habeck (Bündnisgrüne) und den verabredeten Klimazielen mit entsprechend hohem Anteil von 80 Prozent an Strom aus Erneuerbaren Energien bis 2030. Stadtwerke und ihre Tochtergesellschaft Leitungspartner haben diese Ziele auf Düren runtergebrochen. Zum Beispiel müsste die Zahl der Elektrofahrzeuge von derzeit 1500 um das 14-fache auf über 20.000 wachsen, erklärte Leitungspartner-Geschäftsführer Cord Meyer.
Bei der Photovoltaik wäre ein Zuwachs von 1500 auf 6000 Anlagen bis zum Jahr 2035 notwendig. Meyer: „Das ist ein Viertel aller Dächer in Düren.“ Und um auch die Wärmewende zu schaffen, müssten in der Stadt 10.000 bis 12.000 Wärmepumpen installiert werden. Das erfordere gleich mehrere Kraftakte, auch bei der Ladeinfrastruktur, beim Austausch von Heizungen, aber auch beim Management der Strommengen, die sich unweigerlich erhöhen müssen. Auch das Leitungsnetz muss diese Nachfrage stemmen können.
Nahwärme: Wo und wie?
Vor allem das Heizungsgesetz lässt – auf derzeitigem Stand – noch viel zu viele Fragen offen. So müssen alle Städte und Gemeinden kommunale Wärmepläne erstellen, um zu klären, wo auch im Altbestand zum Beispiel Nahwärmenetze entstehen sollen. Das erfordert auch einen Dürener Wärmeplan. Dazu müssten viele Informationen erhoben und zusammengetragen werden, um dann mit langfristiger Perspektive von „einem Jahrzehnt und mehr“ Maßnahmen zu beschließen, wie Cord Meyer erklärte.
Das kann also so aussehen, dass in einem Dürener Viertel in den nächsten Jahren eine Nahwärmeversorgung aufgebaut wird, die dann auch mit einem Anschlusszwang einhergeht. In Neubaugebieten ist das unproblematisch und schon jetzt oft der Fall – wie in der Heinrich-Dauer-Straße. Ob und wo im Altbestand, ist aber völlig unklar. Insofern könnten sich überhastete Entscheidungen für eine Wärmepumpe in der Gegenwart dann später rächen. Aber vielleicht schafft die Gesetzesberatung im Bundestag vor dem Sommer noch Klarheit. Heinrich Klocke dazu: „Eine verzahnte Planung wäre sehr wichtig!“
Photovoltaik für Mieter
Die Stadtwerke haben im Jahr 2022 auch einige Mieter-Photovoltaikanlagen in größeren Wohnblocks realisiert, zum Beispiel in der Blumenthalstraße. Von der Stromerzeugung aus Sonnenlicht profitierten in der Vergangenheit weit überwiegend private oder gewerbliche Eigentümer. Bei diesem Modell aber kommen auch Mieterinnen und Mieter in den Genuss vergünstigter Strompreise. Den 15 Projekten 2022 sollen in diesem Jahr 30 folgen, sagte Vertriebsleiter Ingo Vosen.