Raumentwicklungsperspektive Hambach : Seilbahn und verlängerte Hambachbahn sollen auf Kohleabbau folgen
Niederzier Im Weihberg-Bahnhof in Niederzier in den Zug Richtung Köln einsteigen oder die Sophienhöhe per Seilbahn erleben. Das sind nur zwei Ideen aus der Raumentwicklungsperspektive Hambach für die Zeit nach dem Braunkohleabbau.
Schon in acht Jahren ist der Tagebau Hambach Geschichte. 2030 beginnt die Seebefüllung, die nach derzeitigen Schätzungen bis 2070 oder 2090 dauern könnte, je nachdem wie viel Wasser auch in Trockenperioden aus dem Rhein abgeleitet werden darf. Höchste Zeit, die Planungen für die Zeit der sogenannten Transformation zu intensivieren, zunächst aber einmal die bestehenden Ortskerne zu stärken, betont Boris Linden, Geschäftsführer der Neuland Hambach GmbH, die den Tagebau Hambach und sein Umfeld strukturpolitisch im Interesse aller Bürger der Anrainerkommunen entwickeln soll.
Für die Gemeinde Niederzier bieten sich dabei vielfältige Möglichkeiten, wie die Raumentwicklungsperspektive aufzeigt, angefangen bei den sogenannten Tagesanlagen des Tagebaus nordöstlich von Ellen und Oberzier. Es handelt sich um eine Fläche von gut 100 Hektar, auf der bislang neben der Tagebauverwaltung Werkstätten, Sozialräume, zahlreiche Zulieferfirmen sowie der Kohlebunker beheimatet sind. Sie soll sukzessive zu einem modernen, interkommunalen Gewerbepark weiterentwickelt werden.
Linden spricht hier vom erklärten Konsens aller sechs beteiligten Kommunen. Und weil es sich um eine Konversionsfläche handelt, ist er recht zuversichtlich, „dass eine industriell-gewerbliche Nutzung auch von der Landesplanung abgesegnet wird“.
Noch einmal aufgewertet würde der Gewerbepark, sollte die bislang am Kohlebunker endende Hambachbahn verlängert und über Niederzier und Hambach hinaus an die Rurtalbahn bei Jülich angeschlossen werden. Mit einer verlängerten Hambachbahn würden die Herzogstadt, das Forschungszentrum, Hambach, Niederzier und das zukünftige interkommunale Gewerbegebiet direkt mit Köln verbunden. Eine einmalige Chance für den Personen- wie für den Güterverkehr, sind die Experten überzeugt. Allerdings müssten dafür noch dicke Bretter gebohrt werden, weiß auch Boris Linden. Er ist trotzdem optimistisch, auch ein solch ambitioniertes Projekt umsetzen zu können. Genaueres werde derzeit in einer Machbarkeitsstudie untersucht.
Weitaus einfacher zu realisieren dürfte hingegen die Idee eines Festivalgeländes am Kohlebunker mit späterem Seezugang sein. Dieses Areal sei zudem aus kulturhistorischer Sicht auch als letzter Standort für einen der 100 Meter hohen Schaufelradbagger des Tagebaus Hambach prädestiniert, heißt es in der Studie. Dieser wäre – abends beleuchtet – als Landmarke schon aus der Ferne sichtbar, sozusagen als Gegenstück zum Indemann am Tagebau Inden
Auf der anderen Seite erhält die bereits vor Jahren einmal diskutierte, dann aber wieder verworfene Idee einer Seilbahn auf die Sophienhöhe mit der Raumentwicklungsperspektive neue Nahrung. Und das von drei Seiten aus, erklärt Linden.
Zum einen schwebt den Planern auf der Achse der ehemaligen Römerstraße eine direkte Verbindung zwischen Jülich und Elsdorf vor, zum anderen ein Abzweig Richtung Niederzier. Nach einer Idee eines Start-ups der RWTH Aachen könnten einmal autonom fahrende Busse am Fuß der Sophienhöhe an die Seilbahn angekoppelt werden. Unter anderem soll sie zum Berggasthof führen, dem seitens der Gemeinde Niederzier bereits forcierten Strukturwandelprojekt, das das künftige „Dach des Rheinischen Reviers“ markieren und Besuchern einen einzigartigen Rundumblick ermöglichen soll.
Radweg rund um Tagebau und Sophienhöhe
Ein weiterer zentraler Punkt des Zukunftsplans ist der Bau eines Radweges rund um Tagebau und Sophienhöhe, der als Acht konzipiert, auf einer Länge von 42 Kilometern die verschiedenen Nutzungen entlang der künftigen Seekante, je nach Stand der Befüllung, und die unterschiedlichen Landschaftstypen erlebbar machen soll, erklärt Linden.
Gleiches gilt für den Bau einer Panoramastraße am Fuß der Sophienhöhe, die Niederzier wieder – wie vor der Tagebauzeit – mit Elsdorf verbinden soll. Aktuell werde diese Straße zwar noch für den motorisierten Individualverkehr geplant, erklärt Boris Linden. Er betont aber auch, dass Experten schon jetzt auch alternative Konzepte in Betracht ziehen, schließlich wird sie frühestens zwischen 2030 und 2040 Realität, wenn E-Mobilität sicherlich bereits einen anderen Stellenwert haben wird.
Die Raumentwicklungsperspektive listet noch eine Vielzahl weiterer Maßnahmen auf, auch zahlreiche Ideen für eine Zwischennutzung während der Seebefüllung. So soll zum Beispiel das Flutungskraftwerk südwestlich von Elsdorf über einen Skywalk begehbar und zur touristischen Attraktion werden. Auf der anderen Seite in der Manheimer Bucht soll ein Energiehafen entstehen, während sich die Merzenicher Seite zum Zentrum für Innovation und Bildung im Bereich Agrobusiness und Bioökonomie entwickeln soll.
Auch wenn das eine oder andere Projekt zurzeit noch schwer vorstellbar ist, steht für Niederziers Bürgermeister Frank Rombey fest: „Man muss groß denken, um weiter zu kommen.“
Die komplette Raumentwicklungsperspektive Im Internet:
https://seg-hambach.de/ber-uns/projekte