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NRW-Leitentscheidung Braunkohle: Hambach-Anrainer fordern Finanzfonds

NRW-Leitentscheidung Braunkohle : Hambach-Anrainer fordern Finanzfonds

Die Gemeinde Niederzier ist wie keine andere Kommune mit dem im Jahr 2030 auslaufenden Tagebau Hambach verbunden, der insbesondere mit der Sophienhöhe ein Großteil des Gemeindegebietes in Anspruch nimmt. Entsprechend deutlich sind die Forderungen der Kommune.

Die formuliert sie als Mitglied der Strukturentwicklungsgesellschaft (SEG) Hambach im Verbund mit Jülich, Titz, Merzenich, Kerpen und Elsdorf, aber auch in einer eigenen Stellungnahme zur Leitentscheidung der NRW-Landesregierung zur Braunkohle.

Zwei Anliegen sind der Gemeinde dabei besonders wichtig: sanften Tourismus auf der Sophienhöhe zu ermöglichen und den Bereich der heutigen Verwaltung, Werks- und Montageflächen das Tagebaus, die sogenannten Tagesanlagen bei Ellen, nicht nur als Gewerbe- und Industriestandort der Zukunft zu sichern, sondern in Richtung des künftiges Tagebausees zu einem „Energiehafen“ weiterzuentwickeln. „Die Tagesanlagen bieten analog der Kraftwerksstandorte als Konversionsfläche die Möglichkeit, den wirtschaftlichen Strukturwandel aufzufangen und qualitätsvolle Arbeitsplätze zu schaffen“, heißt es im Schreiben der Gemeinde.

Dirk Lauterbach, Leiter der Stabsstelle Strukturwandel im Niederzierer Rathaus, spricht von einem „Exzellenzanspruch, den wir an dieser Stelle vom Land einfordern müssen“. Ganz konkret kann er sich dort im Zuge der Wasserstoffoffensive des Kreises Düren die Produktion von grünem Wasserstoff vorstellen. „Wir sind Energieregion und sollten es in Zusammenarbeit mit RWE auch bleiben“, appellierte er jetzt an die Mitglieder des neu geschaffenen Ausschusses für Gemeindeentwicklung und Strukturwandel im Niederzierer Rat. Die Gemeinde Niederzier fordert daher von der Landesregierung eine „möglichst konkrete Fixierung des Flächenpotentials“ bereits in der Leitentscheidung als Grundlage für künftige Planungsverfahren.

Schon sehr konkret sind die Planungen der Gemeinde für den sanften Tourismus auf der Sophienhöhe. Kristina Lingens, Mitarbeiterin der Stabsstelle, spricht von einem 7,6-Millionen-Euro-Projekt, mit dem sich die Gemeinde bei der Zukunftsagentur Rheinisches Revier (ZRR) um eine 90-prozentige Förderung im Rahmen des Starterpakets Kernrevier bewirbt. Die Idee, Menschen barrierefrei über eine asphaltierte Straße auf ein Hochplateau der Sophienhöhe zu bringen, wo sie auf 260 Metern Höhe neben einem Infopunkt zur Bergbau-Geschichte auch eine Gastronomie vorfinden und den Blick auf den Tagebau und den späteren Restsee genießen sollen, wurde vom ZRR-Aufsichtsrat bereits als „substanziell“ eingestuft. Lauterbach und Lingens hoffen nun, dass die Idee, die auch um weitere sanfte und naturnahe Angebote erweitert werden könnte, bis Ende Juni als „tragfähig“ eingestuft wird – die Voraussetzung für die Förderung mit Bundes- und Landesmitteln.

Für die Umsetzung wäre es hilfreich, wenn im Zuge der anstehenden Tagebaurekultivierung auch die früher vorhandene Straße zwischen Niederzier und Elsdorf wie auch andere im Tagebauloch verschwundene Verbindungen wiederhergestellt werden. Eine entsprechende Forderung findet sich ebenfalls in der Stellungnahme der SEG Hambach zur Leit­entscheidung. Darin fordern die sechs Anrainerkommunen auch einen Fonds oder eine Stiftung zur Abdeckung der Folgekosten der rekultivierten Flächen, die irgendwann einmal an die Kommunen zurückgeben werden sollen. Die Unterhaltung und Sicherung von Wegen und Naturschutzflächen zum Beispiel auf der Sophienhöhe sei für eine Gemeinde wie Niederzier allein finanziell nicht zu leisten, betonte Lauterbach.

Die SEG fordert darüber hinaus, dass die Böschungs- und Uferbereiche so angelegt werden müssen, dass sie während der Seebefüllung so schnell wie möglich touristisch, landwirtschaftlich oder wirtschaftlich genutzt werden können. Lauterbach kann sich zum Beispiel Photovoltaik-Anlagen auf den Böschungen sehr gut vorstellen. Und die Befüllung soll so schnell wie möglich erfolgen, möglichst nicht nur mit Rheinwasser, erklärt Lauterbach die Position der SEG. Vor allem sollten aber etwaige Hochwasserstände des Rheins genutzt werden, um den Pegel des Hambach-Sees schneller ansteigen zu lassen. Entsprechend müsste die geplante Rohrleitung dimensioniert werden.

Um Entwicklungsperspektiven nicht zu behindern, sollte die Leit­entscheidung zudem keine endgültigen Festlegungen zur Raumnutzung enthalten. RWE schwebt zum Beispiel ein durchgängiger Waldsaum entlang des Sees vor. Das aber würde den Spielraum der Anrainerkommunen einengen, beispielsweise bei der Umsetzung eines angestrebten Radrundweges rund um den See, für dessen Planung sich die Gemeinde im Übrigen auch bereits um EU-Fördermittel im Rahmen des Leader-Prozesses bemüht.