Morschenich : Neue Runde im Kampf gegen die Braunkohle
Morschenich Thomas Waldmann, wie sich der 24-jährige gebürtige Österreicher in der Öffentlichkeit nennt, geht voran. Von der seit November von Umweltaktivisten im Kampf gegen den Braunkohleabbau besetzten Wiese nahe des Flugplatzes Morschenich führt sein Weg über Trampelpfade tief in den Hambacher Forst — den Teil, der noch nicht den Schaufelradbaggern des nahenden Tagebaus Hambach zum Opfer gefallen ist; über einen schmalen Bach, weiter durchs Unterholz — gut einen Kilometer weit.
Die Umweltaktivisten haben sich den Ort für ihre zweite Waldbesetzung genau ausgeguckt. Der nächste ausgebaute Waldweg liegt ein gutes Stück entfernt. „So einfach wie im November kommt die Polizei mit schwerem Räumgerät nicht zu diesem Platz“, ist Thomas Waldmann überzeugt.
Er gehört zu den Aktivisten, die schon bei der ersten Waldbesetzung im vergangenen Jahr nahe der Autobahnauffahrt Buir dabei waren. Und schon damals dauerte die Räumung mehrere Tage, weil sich ein Aktivist in einer Erdhöhle verschanzt hatte. Auch dieses Mal sind die Waldbesetzer fest entschlossen, so lange wie möglich in den Baumwipfeln auszuharren.
„Mit der erneuten Besetzung eines Teils des Hambacher Forsts soll auch ein neuer Treffpunkt geschaffen werden, um die Kontakte und die Ansätze des gemeinsamen Widerstands zu vertiefen“, heißt es auf der Internetseite der Braunkohlegegner (hambacherforst.blogsport.de). Denn die Umweltaktivisten gehen davon aus, dass die von ihnen besetzte Wiese schon in Kürze geräumt wird. Wie Josef Kreutzer, Pressesprecher des Kreises Düren, am Dienstag auf Nachfrage erklärte, wird dem Buirer Grundstücksbesitzer Kurt Claßen Ende der Woche die bereits im Dezember angedrohte Ordnungsverfügung zugehen, in der ihn der Kreis Düren als Ordnungsbehörde auffordern wird, die illegalen Aufbauten auf dem Grundstück zu entfernen.
Eine nochmals bis Freitag vergangener Woche verlängerte Frist zur Stellungnahme ließ der Buirer verstreichen. Die Ordnungsverfügung wird ihrerseits noch einmal mit einer Frist zur Räumung versehen, zu deren Länge sich die Kreisverwaltung am Dienstag nicht äußern wollte. Auch die Frage, ob der Kreis ein Zwangsgeld festsetzen werde, sei noch nicht entschieden, erklärte Kreutzer.
Rund 30 Umweltaktivisten haben den Winter über auf der Wiese verbracht. Nicht immer alle zeitgleich. „Gut 15 aber waren immer vor Ort“, berichtet Thomas Waldmann von einer angesichts der Temperaturen von bis zu Minus 20 Grad und der Schneemassen nicht immer einfachen Zeit. „Wir hatten sehr wenig warme Privatsphäre, saßen oft zusammen im Bauwagen vor dem Ofen.“ Knapp ein Dutzend Zelte haben die Aktivisten auf der Wiese aufgeschlagen. Sie haben Bauwagen aufgestellt und eine Holzhütte errichtet.
Mit der neuerlichen Waldbesetzung wollen sie auch auf den ersten Jahrestag ihres Protests hinweisen. Am 14. April 2012 begann die erste Waldbesetzung, die damals noch von RWE Power geduldet wurde.
Diesmal ist die Situation eine andere: „Die widerrechtliche Aktion der Umweltaktivisten werden wir nicht dulden“, erklärte Konzernsprecherin Laura Hoeboer. „Wir werden uns rechtliche Schritte ausdrücklich vorbehalten.“ Auch inhaltlich sei die neuerliche Aktion für den Stromkonzern überhaupt nicht nachvollziehbar, betonte Hoeboer. „Die Braunkohle liefert einen wichtigen Beitrag zur Versorgungssicherheit in Deutschland. Flexible und effiziente Braunkohlekraftwerke sind wichtige Partner der Erneuerbaren Energien.“
Während die erste Waldbesetzung geografisch im Rhein-Erft-Kreis lag, befinden sich die neuen Aufbauten auf Kreisdürener Gebiet. Zuständig ist somit die Kreispolizeibehörde Düren, wie deren Sprecher Willi Jörres bestätigte. Während die vom Eigentümer bislang geduldete Wiesenbesetzung der Polizei keinen Grund zum Einschreiten geliefert hat, sei jetzt eine neue Situation entstanden, betonte Jörres. „Wir müssen nun prüfen, inwieweit jetzt Straftaten vorliegen, und dann über das weitere Vorgehen auch in Absprache mit RWE Power entscheiden.“
Derweil wollen die Aktivisten ihr neues Waldcamp weiter ausbauen. „Wir richten uns auf einen längeren Aufenthalt ein“, ist natürlich nicht nur Thomas Waldmann gespannt auf die Reaktion von RWE. Eine Rodung dieses Teils des Hambacher Forsts stehe erst in einigen Jahren an, haben sie recherchiert. Erklärtes Ziel der Aktivisten: „Im Idealfall wollen wir die Braunkohleförderung stoppen“, erklärt Waldmann. „Auf jeden Fall aber wollen wir weiter eine kritische Masse erzeugen“, hofft einer seiner namenlosen Mitstreiter auf weitere Unterstützung aus der Bevölkerung. „Bislang werden wir von gut 50 Anwohnern umliegender Orte unterstützt“, erklärt Waldmann noch.
Dann hat der 24-Jährige sein Ziel erreicht und klettert an einem Seil — gesichert mit Karabinerhaken — hinauf in den Unterstand in gut zehn Meter Höhe, den die Aktivisten in den kommenden Tagen zu einem Baumhaus ausbauen wollen.