Nörvenich/Aachen : Messerangriff im Bubenheimer Spieleland: Aus reiner Lust an der Provokation
Nörvenich/Aachen Die letzten Besucher waren dabei, das Bubenheimer Spieleland in Nörvenich zu verlassen, als es im Eingangsbereich des Freizeitparks wie aus dem nichts zu einem Tumult kam. Ein 20 Jahre alter Deutscher wurde mit einem Messer schwer verletzt, auch sein 15 Jahre alter Bruder wurde geschlagen und getreten.
Und als die Polizei wenige Minuten später im Spieleland eintraf, war die Gruppe der jungen Angreifer bereits geflüchtet.
Wie so oft bei tumultartigen Geschehen, aus denen heraus Straftaten begangen werden, haben die Ermittler es im Nachhinein schwer herauszufinden, was wann passiert ist, wer wann was getan hat. Kurz nach dem Angriff am 14. April, einem Samstag, hatte es geheißen, Täter und Angreifer seien miteinander verwandt und gemeinsam ins Bubenheimer Spieleland gereist.
Doch am Donnerstag, knapp drei Wochen nach dem Vorfall, war der Stand der Ermittlungen ein anderer. Bei den Angreifern handelt es sich um sechs junge Männer aus Düren, von denen einige bei der Polizei als sogenannte Intensivtäter geführt werden. Bei den Opfern handelt es sich um ein deutsches Brüderpaar mit Wohnsitz in London, das die gemeinsame Mutter in Bonn besucht hatte und mit ihr nach Nörvenich gefahren war. Angreifer und Opfer kannten sich offenbar doch nicht und trafen am 14. April um kurz nach 19 Uhr im Eingangsbereich des Bubenheimer Spielelands zusammen, zufällig.
Angriff ohne nachvollziehbaren Grund
Oberstaatsanwältin Katja Schlenkermann-Pitts erklärte am Donnerstag im Gespräch mit unserer Zeitung, dass der Angriff offenbar ohne nachvollziehbaren Grund erfolgt sei, „aus reiner Lust an der Provokation“. Nach derzeitigem Stand der Ermittlungen habe ein 15 Jahre alter Angreifer dem 20-jährigen Opfer mit einem Faustschlag den Kiefer gebrochen und mehrere Zähne ausgeschlagen. Als der 20-Jährige zu Boden ging, sei er aus der Gruppe heraus weiter mit Schlägen und Tritten gegen den Kopf traktiert worden. Ein 17 Jahre alter deutscher Staatsangehöriger soll den auf dem Boden liegenden dann mit einem Messer schwer verletzt haben.
Seit vergangenem Montag sitzt der 17-Jährige in Untersuchungshaft, die Staatsanwaltschaft ermittelt derzeit wegen gefährlicher Körperverletzung, nicht wegen versuchten Mordes oder Totschlags. Schlenkermann-Pitts begründete dies damit, dass der 17-Jährige seinen Messerangriff nach dem ersten Stich freiwillig abgebrochen habe. Nach Rechtsprechung des Bundesgerichtshof gebe es aus diesem Grund keine Möglichkeit, wegen eines versuchten Tötungsdelikts zu ermittlen.
Als die Polizei damals am Tatort eintraf, waren die sechs jungen Männer aus Düren bereits zu Fuß geflüchtet, konnten aber kurz darauf auf einem Feld nahe dem Nörvenicher Freizeitpark gestellt werden. Vorher beleidigte der 17-jährige Messerstecher eine Polizistin und schlug den ihn festhaltenden Beamten mit beiden Fäusten gegen die Schulter. Anschließend stieß er ihn laut Staatsanwaltschaft in einen Wassergraben.
Polizistin bis heute dienstunfähig
Auf die Polizistin, die ihrem Kollegen zu Hilfe kommen wollte, schlug er mit voller Wucht ein. Ein weiterer Beamter versuchte, den 17-Jährigen von weiteren Schlägen abzuhalten, „worauf der 17-Jährige sich mit seinem ganzen Gewicht auf die Polizistin legte und ihr die Hand verdrehte“, sagte Schlenkermann-Pitts. Die Polizistin sei bis heute dienstunfähig.
Die Vernehmung der Männer aus Düren hatte zunächst keine Hinweise darauf ergeben, wer zugestochen, wer geschlagen und wer getreten hatte. Deswegen musste die Polizei die Männer damals wieder auf freien Fuß setzen. Eine DNA-Spur auf dem Messer führte die Ermittler auf die Spur des 17-Jährigen, der am Montag festgenommen werden konnte. Ein Richter ordnete Untersuchungshaft an.
Auch gegen den 15-Jährigen, der dem 20-jährige Opfer den Kiefer gebrochen hatte, wird mittlerweile wegen gefährlicher Körperverletzung ermittelt. Allerdings hat die Staatsanwaltschaft bislang noch keinen Haftbefehl gegen den Jugendlichen beantragt.