Besonderes Projekt : Eine Alternative, für diejenigen, die noch zur fit fürs Pflegeheim sind
Merzenich In Merzenich entsteht in der „Wohnresidenz Düren“ gerade die erste Senioren-WG ihrer Art, in der ein Pflegedienst zwar Unterstützung anbietet, Bewohner aber ein weitgehend selbstbestimmtes Leben führen können.
Andre Deserno wirkt ein wenig angespannt. Die Duschwannen weisen nicht das erforderliche Gefälle für den Wasserabfluss auf, der Innenausbau der Räume für die beiden Senioren-WGs hinkt etwas im Zeitplan hinterher. Dennoch ist Deserno zuversichtlich. Im März sollen die ersten Zimmer bezogen werden können.
Deserno begibt sich damit auf unternehmerisches Neuland – eher durch Zufall, wie er erzählt. Aus Aachen stammend, hatte er zunächst eine Ausbildung zum Bürokaufmann absolviert und gehörte anschließend 14 Jahre lang der Bundeswehr an. Zuletzt als Fahrlehrer. Dann stieg er mit ins Familienunternehmen seiner Frau ein.
Bislang hatte sich der von den Schwiegereltern in Nörvenich gegründete Pflegedienst Neffeltal rein auf die ambulante Arbeit konzentriert. Ein Drittel der rund 300 Kunden nehmen derzeit die Pflege-, zwei Drittel Hauswirtschafts- und Betreuungshilfe in Anspruch. Nun hat Deserno die Neffeltal Service GmbH gegründet und wird Betreiber von Senioren-WGs sein. Merzenich ist dabei nicht der letzte Standort; Ende des Jahres soll Oberbolheim folgen.
Die WGs im Merzpark sind eingebettet in einen größeren Bau mit unabhängigen, auf Senioren zugeschnittenen Wohnungen. Investor ist die Argentum Holding, die nach der Insolvenz des ersten Investors eingesprungen und ein fast fertiges Gebäude übernommen hatte. „Die Argentum Holding hat uns erst vor zwei Monaten angerufen und gefragt, ob wir es uns vorstellen könnten, hier als Betreiber der Wohngemeinschaften aufzutreten“, erzählt Deserno. Und das konnte er. „Wir wollen uns etwas Neues trauen“, sagt er.
Inhaltlich will Deserno im Grunde eine Lücke schließen. Als Beispiel nennt der 35-Jährige seine Großmutter. „Wenn jemand zwar im Rollstuhl sitzt und Unterstützung benötigt, aber noch alleine die Kartoffeln schälen kann und will, ist er hier richtig“, sagt er. Zielgruppe seien also diejenigen, die noch zu fit fürs Pflegeheim seien, ihren Alltag aktiv gestalten wollten, aber nicht gänzlich ohne Unterstützung auskämen. Voraussetzung für einen Platz in einer der beiden WGs ist die Pflegestufe 2.
Zwei Gruppen sind vorgesehen: Elf Zimmer auf der einen Etage, zwölf auf der anderen. Die Zimmer sind rund 20 Quadratmeter groß und mit eigenem Bad ausgestattet. Das Mobiliar sollen die künftigen Bewohner selbst mitbringen. Auf jeder Etage gibt es einen Gemeinschaftsraum mit Küche, das Personal des Pflegedienstes hat eigene Räume. Ein Nachtdienst soll beide Wohngruppen betreuen.
„Der Unterschied zu einem Zimmer in einem Pflegeheim besteht darin, dass dort voller Service angeboten wird. In den WGs steht die Selbstbestimmtheit im Vordergrund“, erklärt Deserno. „Wir versuchen damit, das Leitbild unseres Pflegedienstes zu übernehmen.“
Im Idealfall, und wenn die einzelnen Bewohner zu einer Gemeinschaft zusammengewachsen sind, kann diese eigene Initiativen und Ideen für die Freizeitgestaltung entwickeln und dazu steht auch im erweiterten Radius ein Auto zur Verfügung. Angebote zur Bewegungstherapie würden unabhängig von dem Credo der Eigeninitiative unterbreitet werden.
„Auch wenn tagsüber und nachts Personal von unserem Pflegedienst anwesend ist, sind die Privaträume der Bewohner tabu“, erklärt Deserno weiter. Wer kann, soll sich selbst um seinen Haushalt kümmern. Damit ist ein Platz in der WG auch entsprechend günstiger als in einem Pflegeheim.
Für die Mieter der Wohnungen in den anderen Teilen des Hauses bietet der Ambulante Pflegedienst Neffeltal übrigens zwar auch seine Dienste an, aber nur auf Wunsch.
Mehr Informationen zu den WGs und den Konditionen sind unter 02426/901512 und andre.deserno@pflegedienst-neffeltal.de erhältlich.