Sturm „Sabine“ im Kreis Düren : Mehr als 560 Einsätze, keine Verletzten
Kreis Düren Orkantief „Sabine“ bereitet der Feuerwehr im Kreis Düren reichlich Arbeit. An die 750 Helfer sind stundenlang im Einsatz. Auch wenn im Laufe des Montags der Sturm etwas abflaute, ist noch keine Entwarnung in Sicht. Ein Überblick.
Am Montagvormittag war der Spuk von Orkantief „Sabine“ immer noch nicht vorbei. Nach einer stürmischen Nacht mit Windstärken von bis zu 109 Stundenkilometern im Raum Vettweiß fegten immer noch Böen mit 100 Stundenkilometern über das Dürener Land.
Eine wurde kurz vor 11 Uhr einem 52-jährigen Lkw-Fahrer aus Hessen auf der Landesstraße 264 zwischen Frauwüllesheim und Girbelsrath zum Verhängnis. Der nur zum Teil mit Styropor beladene Sattelzug wurde zum Spielball des Windes und kippte auf gerader Strecke um. Der Fahrer blieb unverletzt, musste aber von der Feuerwehr aus seinem Führerhaus befreit werden. Die Polizei beziffert allein diesen Schaden auf 30.000 Euro.
Die Gesamthöhe der von „Sabine“ angerichteten Schäden dürfte um ein Vielfaches höher liegen. Bis zum frühen Montagabend wurden die Feuerwehren im Kreis Düren zu 561 Einsätzen gerufen, davon entfiel das Gros mit 480 auf den Sonntag und die Nacht zum Montag.
An die 750 Helfer der Feuerwehr, des THW und anderer Organisationen hatten alle Hände voll zu tun, umgestürzte Bäume zu beseitigen und Dächer zu sichern. Die meisten Einsätze verzeichneten die Feuerwehren in Düren und Nideggen, in der Eifel mussten mehrere Straßenabschnitte zeitweise gesperrt werden, auch die Rurtalbahn musste vorübergehend ihren Fahrbetrieb einstellen.
Im Gegensatz zur benachbarten Städteregion Aachen teilte der Kreis Düren nicht mit, dass an den Schulen am Montag kein Unterricht stattfindet. „Wir haben uns an der Vorgabe des Landesministeriums orientiert und die Entscheidung den Eltern überlassen“, sagte Landrat Wolfgang Spelthahn mit. Man sei sich zudem nicht sicher gewesen, ob die Mitteilung am Wochenende jeden erreichen würde. In den Schulen im Kreis Düren sei die Betreuung der Kinder am Montag immer gesichert gewesen.
Bei allem Sachschaden zog Kreisbrandmeister Karlheinz Eismar am Nachmittag ein positives Zwischenfazit: „Glücklicherweise ist niemand verletzt worden.“ In 13 der 15 Kreiskommunen hatten die Feuerwehren örtliche Einsatzzentralen gebildet, die die von der Leitstelle weitergeleiteten Alarmmeldungen nach Dringlichkeit abarbeiteten.
Teilweise kam es abends und nachts auch zu Stromausfällen, unter anderem in Teilen der Gemeinde Hürtgenwald, in Schmidt, Merzenich und Ellen, berichtet Eismar. Eine schlaflose Nacht bereitete „Sabine“ der Gladbacherin Rebekka Visscher-Wilden. Der Sturm entwurzelte in ihrem Garten eine riesige Fichte, die das Gartenhaus unter sich begrub.
Während vielerorts wie in Düren die Aufräumarbeiten auf Hochtouren liefen, ging Karlheinz Eismer davon aus, dass das Sturmtief die Feuerwehren auch in den kommenden Tagen noch beschäftigen wird. „Bäume, die jetzt schon angegriffen sind und deren Wurzeln im von Starkregen aufgeweichten Boden keinen Halt mehr haben, können jederzeit noch umfallen“, rät der Experte weiter zur Vorsicht.
Auch wenn in der Nähe von Bäumen weiterhin ein Risiko besteht, so halten sich die Folgen der stürmischen Nacht doch im Rahmen. In der Rückschau fällt ein Wort häufiger: glimpflich. Auch Johannes Rothkranz, Wehrleiter in Düren, nimmt es in den Mund, als er die Ereignisse Revue passieren lässt. „Wir hatten noch einige Einsatzkräfte in der Hinterhand, alles hat gut funktioniert, wir sind nicht an unsere Grenzen gekommen“, bilanzierte er.
Knapp über 60 Einsätze fuhren seine Kameraden am Sonntag, bis Montagnachmittag kamen noch 20 hinzu. Bis dahin war zwar kein Ende absehbar, die Frequenz sei aber deutlich entspannter als noch am Vorabend, so dass die Hauptwache keine ehrenamtlichen Einheiten hinzurufen musste. In der Spitze waren 74 Einsatzkräfte der Dürener Wehr im Einsatz. Ihre Hochphase erreichte „Sabine“ in der Rurstadt laut Rothkranz zwischen 20 und 22 Uhr, anschließend flaute es kurz ab, bis um Mitternacht die Taktung wieder enger wurde und zusätzlich Regen einsetzte.
Die Art der Einsätze beschrieb Rothkranz als „normales Standardprogramm“ – Bäume auf der Straße, Bäume, die drohen, auf Häuser zu kippen, und sich lösende Dachteile bestimmten das Geschehen.
„Normales Standardprogramm“ stand auch beim Dürener Service Betrieb (DSB) an, der am Montag in normaler Besetzung arbeitete. Betriebsleiter Richard Müllejans führt es auf gute und regelmäßige Baumkontrollen zurück, dass in seinem Zuständigkeitsbereich nur vier Sachschäden vorlagen. Unter anderem ist am Nordpark eine große Linde entwurzelt und hat das Dach eines Hauses beschädigt. Auch er rät den Bürgern, weiterhin Wälder und den Ruruferradweg zu meiden.
Ein abschließendes Fazit zum Sturm „Sabine“ kann der Leiter des Regionalforstamts Rureifel-Jülicher Börde, Robert Jansen, noch nicht ziehen. Nur so viel: „Die Schäden sind deutlich geringer, als wir befürchtet haben.“ Es seien zwar einzelne Bäume gekippt, allerdings sei das Ausmaß nicht zu vergleichen mit den Würfen, die nach Orkan „Friederike“ vor zwei Jahren festgestellt wurden.
Dennoch warnt Jansen ausdrücklich davor, Waldgebiete schon zu betreten: „Das ist lebensgefährlich.“ Da der Sturm erst Mittwoch vollständig abflaut, werden die Waldarbeiter erst im Laufe der Woche die Wege wieder herrichten und Gefahren beseitigen. Nach Aussage unseres Wetterexperten Karl-Josef-Linden war „Sabine“ in Teilen des Südkreises der zweitstärkste Orkan seit 1980 hinter „Jeanette“ Ende Oktober 2002.