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Bei Jahreshauptversammlung der VIV: Krone-Schmalz holt in Düren zur Medienschelte aus

Bei Jahreshauptversammlung der VIV : Krone-Schmalz holt in Düren zur Medienschelte aus

Wegen ihrer Äußerungen über den Einmarsch Russlands in die Ukraine wurde sie kritisiert: Am Mittwoch sprach die ehemalige Russland-Korrespondentin Gabriele Krone-Schmalz bei den Vereinigten Industrieverbänden.

Wie hält es sich mit der Wahrheit? Erst recht im Zusammenhang mit einem Krieg wie der in der Ukraine? Die Vereinigten Industrieverbände von Düren, Jülich, Euskirchen und Umgebung wollten etwas Licht in dieses Dunkel bringen und luden zu ihrer Jahreshauptversammlung eine Gastrednerin ein, die im Zusammenhang mit ihren Äußerungen über den Einmarsch Russlands in der Kritik steht: die ehemalige Russland-Korrespondentin Gabriele Krone-Schmalz. Neben ihrer Sicht auf die Hintergründe des Konflikts ließ sie in 53 Minuten Redezeit vor allem an der Berichterstattung in Deutschland über die Geschehnisse kein gutes Haar. Doch der Reihe nach.

Die 73-Jährige war nicht erst mit dem Angriff Russlands im vergangenen Jahr immer wieder willkommener Gast in Talkshows. Dort eckte sie mitunter auch bei Historikern an. Dies gipfelte schließlich in einer juristischen Auseinandersetzung, die erst im Januar dieses Jahres endete. Die an der Ludwig-Maximilians-Universität München lehrende Historikerin Franziska Davies hatte ihr in einem Beitrag unter anderem vorgeworfen: „Frau Krone-Schmalz gilt aus gutem Grund in Fachkreisen und weiten Teilen der Öffentlichkeit nicht als ‚Expertin‘, auch nicht als ‚umstritten‘, sondern als das, was sie ist: eine langjährige und vehemente Verteidigerin des verbrecherischen Putin-Regimes.“ Dagegen ging Krone-Schmalz juristisch vor, zog die Klage jedoch im Januar wieder zurück.

Ihr Vortrag im Schloss Burgau am Mittwochabend vor etwa 200 Gästen ist überschrieben: „Russlands Krieg gegen die Ukraine – kann ein neuer Frieden in Europa gelingen?“ Allerdings belässt sie es keineswegs bei einer historischen Abhandlung der Geschehnisse. „Zur Vorgeschichte muss man den Fokus auch einmal auf Informationen legen, die bei uns eher weniger verbreitet werden und wenn sie dann doch mal vorkommen, von vornherein als russische Propaganda abgetan werden“, meint sie zu Beginn.

An mehreren Stellen lässt sie durchblicken, dass sie die Berichterstattung in Deutschland für einseitig hält. In Reportagen aus der Ostukraine kämen nur Menschen zu Wort, die auf der westlichen Seite, auf der von Kiew kontrollierten Seite leben würden. „Leute, die heute versuchen, von der anderen Seite der Front berichten, verlieren ihren Job. Auch das ist eine bemerkenswerte Entwicklung in unserem Land“, behauptet sie.

Historisch betrachtet, klingen ihre Schilderungen und die aus Moskau ähnlich. Mit Aussagen wie „Fakt ist, dass nach der Auflösung der Sowjetunion russische Interessen entweder nicht ernst genommen oder gleich als illegitim beiseitegeschoben wurden“, spricht sie den Machthabern in Moskau eine Opferrolle zu. Der politische Westen habe Wladimir Putin in seiner ersten Amtszeit mit seinen vielfachen Versuchen auflaufen lassen, das Verhältnis mit dem Westen, die Verbindungen mit dem Westen zu stärken, erklärte sie. „Das lässt sich im Einzelnen belegen“, sagt sie immer wieder. Einen Beleg nennt sie jedoch nicht.

Immer wieder sind es der Westen, die Vereinigten Staaten von Amerika, die Nato, die aus ihrer Sicht zu russischem Handeln geführt haben sollen. Vor allem die Nato-Osterweiterung. Die Kritik daran garniert sie mit den Worten: „Die Nato-Osterweiterung war eine der größten Fehler nach dem Ende des Zweiten Weltkriegs. Diese Position vertreten viele namhafte Wissenschaftler und Politiker. Dies ist keine Einzelmeinung irgendwelcher versprengter Naivlinge, die auf russische Propaganda hereingefallen sind.“ Namen nennt sie nicht.

Der Auslöser für den Einmarsch ins Nachbarland ist schnell gefunden: „Mit der Nato-Perspektive für die Ukraine war eine Schmerzgrenze überschritten“, teilt sie mit. Dabei ergebe der russische Überfall in ihren Augen keinen Sinn, denn er widerspreche in mehrfacher Hinsicht russischen Interessen. Diese seien: „Ruhe im Inneren und an der Grenze.“

Später widerspricht sie dieser Aussage selbst, als sie den Konflikt in Donezk und Luhansk erwähnt, der mit Waffen ausgetragen und von Moskau gefördert wird: „Dass Russland dies instrumentalisiert hat, will ich gar nicht bestreiten“, schränkt aber sofort ein: „Der Ausgangspunkt war ein absolut innerukrainischer.“ Dort finden seit 2014 Kämpfe zwischen ukrainischen Streitkräften und russischen Truppen und von Moskau unterstützten Milizen statt.

Wie kann laut Krone-Schmalz ein Frieden zwischen Russland und der Ukraine erreicht werden? „Auf ukrainischer Seite heißt es: Russland hat sich diverse Gebiete rechtswidrig angeeignet, also muss es sich auch vollständig aus diesen Gebieten zurückziehen, bevor man an Verhandlungen überhaupt denken kann. Das mag sich nach Gerechtigkeit anhören, ist aber naiv und unrealistisch.“ Es bleibe nichts anderes übrig, als die territorialen Fragen auszuklammern, meint sie. Der völkerrechtliche Zustand des Saarlandes nach dem Ersten Weltkrieg seien für die betroffenen Gebiete denkbar: „Was wäre denn, wenn die Krim und die anderen von Russland beanspruchten Gebiete unter UNO-Mandat gestellt werden, völkerrechtlich bei der Ukraine bleiben, aber Russland mit der Verwaltung betraut werde?“

Dafür müsse aber der politische Wille vorhanden sein – der in ihren Augen noch nicht besteht. Und wieder sieht sie die Medien beteiligt: „In Deutschland heißt es, die Ukraine muss diesen Krieg gewinnen. In Interviews werden eher zurückhaltende Politiker bedrängt, ja geradezu genötigt, das Wort ,gewinnen‘ in den Mund zu nehmen.“ Welche Politiker sie meint, sagt sie nicht.

Ohnehin hat sie eine eindeutige Meinung, was ihre ehemaligen Kolleginnen und Kollegen betrifft, schließlich war sie selbst Ende der 1980er Jahre Russland-Korrespondentin im ARD-Studio. Auf Nachfrage eines Zuschauers in Schloss Burgau sagt sie: „Ich habe Journalismus noch anders gelernt. Wenn sich Journalisten als Hüter der Moral aufspielen und so tun, als wüssten sie ganz genau, wo die gute und die schlechte Seite ist, dann mache ich da nicht mehr mit.“

Nachdem Krone-Schmalz die völkerrechtswidrige Annexion der Krim „Notwehr unter Zeitdruck“ genannt hatte und eher von einer Sezession, also Abspaltung, spricht, nahm auch ihr ehemaliger Arbeitgeber ihre Aussagen unter die Lupe. Den bei der Tagesschau nachzulesenden Faktencheck kommentiert sie im Vorfeld des Vortrags in Düren mit den Worten: „Der ist ein Witz.“

Wenn es für die eigene Argumentationskette dienlich ist, beruft sie sich allerdings auch auf einen Beitrag im „eher russlandkritischen Deutschlandfunk“. Sie zitiert eine bei einer deutschen Familie untergebrachten Ukrainerin mit den Worten: „Was soll man von eurer Vierten Gewalt halten, wenn Tatsachen, die nicht in euer Freund-Feind-Bild passen, kaum veröffentlicht werden.“

Zumindest zum Abschluss ihres Vortrags gibt sie sich versöhnlicher, wenn sie sagt, dass sie den Eindruck habe, dass die Mehrheit in unserer Gesellschaft sich weniger Kriegsrhetorik wünsche und stattdessen ernstzunehmende diplomatische Ansätze. „Das ist das Kerngeschäft von Politik – Waffenlieferungen sind eher eine Bankrotterklärung derselben.“ Wer will bei letzterem Satz schon widersprechen?!