Rechtsstreit mit Kreis Düren : Illegale Eifel-Routen auf Komoot beschäftigen Gericht
Kreis Düren/Aachen Viele Wanderer und Mountainbiker nutzen die Outdoor-Plattform Komoot. Doch Nutzer in Nideggen haben Routen durch ein Naturschutzgebiet hochgeladen. Muss Komoot solche Strecken löschen? Ein Gerichtsprozess mit Folgen für die beliebte Outdoor-Plattform.
Wanderfreunde, Mountainbiker und alle, die ihre Freizeit gerne in der Natur verbringen, hätten sicherlich große Augen gemacht, wenn sie gesehen hätten, wer sich jetzt im Saal 2.012 des Aachener Verwaltungsgerichts gegenübergesessen hat. Es waren der Kreis Düren und: die Komoot GmbH. Jene Firma aus Potsdam, die die gleichnamige Online-Plattform und App betreibt, die nach Unternehmensangaben weltweit 18 Millionen Menschen nutzen. Man kann mit ihr detaillierte Wander- und Radrouten erstellen und öffentlich teilen.
Da sich aber einige wenige besonders in Nideggen nicht an die Regeln und Gesetze des Naturschutzes gehalten hatten, musste die 5. Kammer des Verwaltungsgerichtes um die Vorsitzende Richterin Brunhilde Küppers-Aretz eine Lösung in einem Rechtsstreit der beiden Parteien finden.
Die Komoot GmbH von Geschäftsführer Markus Hallermann hatte gegen den Kreis Düren geklagt. Denn die Behörde hatte das Unternehmen aufgefordert, vier Mountainbike-Routen von der Plattform zu nehmen, die Nutzer dort eingestellt hatten. Begründung des Kreises: Große Teile der Strecken verlaufen durch Natur- und Landschaftsschutzgebiete. In Naturschutzgebieten ist es verboten, außerhalb von befestigten oder besonders dafür gekennzeichneten Wegen Fahrrad zu fahren. In Landschaftsschutzgebieten darf man nicht außerhalb von ausgewiesenen Straßen und Wegen auf zwei Rädern unterwegs sein.
Komoot kam der Lösch-Aufforderung nach. Aber die Firma wollte vor Gericht geklärt wissen, welche Rechte und Pflichten sie im Umgang mit Routen hat, die Dritte auf ihrer Plattform teilen. Sie zweifelte die juristische Begründung an. Komoot argumentiert, die Firma sei nicht haftbar zu machen für Strecken, die teilweise verbotene Passagen durch die Natur enthalten. Sie erstellt sie schließlich nicht selbst. Zudem sei es technisch nicht möglich (und wirtschaftlich nicht zu leisten), sämtliche Gesetze zu überprüfen, die in den Landschaften gelten, durch die die von Privatleuten veröffentlichten Strecken führen.
„Wir haben ein großes Problem: Es gibt viele Gebiete, viele Regelungen – und in den einzelnen Gebieten auch noch viele Unterschiede“, sagte Geschäftsführer Hallermann. „Wir versuchen ja schon so genau wie möglich zu arbeiten, weil wir gemerkt haben, dass unsere Nutzer die bestmöglichen Informationen erhalten wollen.“ Zumal sich „90 bis 95 Prozent der Nutzer“ an die Gesetze halten – schließlich sind es Naturliebhaber.
Das Problem verbotener Routen sei auch nicht Komoot-spezifisch. Denn die Online-Karte, die die Plattform nutzt, hat nicht das Unternehmen entwickelt. Basis ist die Plattform Open Street Map – eine digitale, öffentlich zugängliche Landkarte. Auf der können registrierte Mitglieder etwa Fehler melden oder Veränderungen anhand neuer Luftbilder anpassen. Simpel gesagt: Es soll die genaueste Landkarte entstehen.
Und nach Aussagen von Komoot-Chef Hallermann ist sie in Sachen Landschafts- und Naturschutzgebiete nicht so präzise, wie es sich der Kreis Düren wünscht. Wo es Komoot heute schon möglich sei, würden Routen immer mehr mit Hinweisen versehen, dass die Nutzer auf bestimmten Abschnitten ihr Rad schieben müssen.
Nach mehr als einer Stunde Verhandlung einigten sich Komoot und der Kreis Düren, den Rechtsstreit zu beenden. Sie legten dafür fest, binnen eines halben Jahres eine gemeinsame Lösung zu finden. Und die wird sehr wahrscheinlich eine Schulung enthalten: Nach Aussagen Hallermanns steht Komoot regelmäßig mit Nationalpark-Verwaltungen in Kontakt, um diese über den Umgang mit und den Nutzen von Open Street Map aufzuklären.
Lothar Gerhards, der das Kreisumweltamt vor Gericht vertreten hat, hält das für ein probates Mittel, von dem er bislang nichts wusste. So kann der Kreis in der genutzten Karte deutlich machen, wo Radfahren erlaubt und wo verboten ist. Komoot würde seinen Nutzern dann bei erstellten Routen sehr deutlich machen, wenn Passagen für Fahrräder aus Naturschutzgründen verboten sind.
Während des Verfahrens hat Geschäftsführer Hallermann mehrfach betont, wie die Plattform vom Verhalten seiner Nutzer lernt und diese so verbessert. Der Gerichtsprozess hat sicherlich einen weiteren Aha-Effekt geliefert. Und Richterin Küppers-Aretz sieht mit dieser Einigung den Vorteil, dass sich beide Parteien nicht wieder in Aachen vor Gericht sehen müssten, um über einzelne Routen zu streiten. Von Potsdam bis dorthin ist es weit. Mit dem Rad dauert es schlappe 32 Stunden.