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Düren: Gernot Hassknecht: Über Blutdruck und Politikverdrossenheit

Düren : Gernot Hassknecht: Über Blutdruck und Politikverdrossenheit

Gernot Hassknecht ist ein cholerischer und politisch nicht korrekter Fernsehnachrichten-Kommentator in der ZDF-„Heute-Show“. Der Schauspieler hinter Gernot Hassknecht ist Hans-Joachim Heist. Im Gespräch mit Sandra Kinkel spricht er über seinen Blutdruck, Gründe, sich aufzuregen und die Politikverdrossenheit gerade in der Kommunalpolitik.

Wann haben Sie sich das letzte Mal so richtig schön aufgeregt?

Hans-Joachim Heist: Ich rege mich immer auf, wenn Hundebesitzer ihre Köter nicht an die Leine nehmen. Bei mir zu Hause gibt es eine kleine Wiese an meinem Zaun. Da laufen Karawanen von Hundebesitzern vorbei, und jeder Hund macht auf meine Wiese.

Und keiner von den Besitzern hat das eigentlich obligatorische Tütchen dabei?

Hassknecht: So ist es.

Ist Hans-Joachim Heist denn auch so ein explosiver Typ?

Heist: Nein, ich kann zwar laut und unflätig werden, aber ansonsten bin ich eigentlich kein Choleriker. Ich bin eher so ein Heinz-Erhardt-Typ mit Schalk im Nacken.

Wann können Sie laut und unflätig werden?

Heist: Meistens beim Autofahren.

Warum gefällt Ihnen die Figur scheinbar trotzdem? Sie machen das so, als wäre die Rolle Gernot Hassknecht genau Ihr Ding?

Heist: Naja, ich bin Schauspieler von Beruf und habe in meinem langen Schauspielerleben schon viele Rollen verkörpert. Gernot Hassknecht ist eine große Rolle und eine tolle Herausforderung. Dieses Cholerische muss wohl auch in mir schlummern. Von 0 auf 100 zu kommen, wie Gernot Hassknecht das ja macht, lernt man aber schon in der Schauspielschule.

Von 0 auf 100 zu kommen wirkt bei Gernot Hassknecht immer ziemlich anstrengend. Ist das auch für Sie als Schauspieler anstrengend?

Hassknecht: Alles, was man intensiv macht, ist anstrengend. Ich wurde schon oft gefragt, ob die Rolle des Gernot Hassknecht nicht gefährlich ist für mein Herz und meinen Kreislauf. Aber mein Arzt hat Entwarnung gegeben. Das ist wie bei einem Leistungssportler. Wenn der auf dem Höhepunkt seiner Leistung ist, gehen Puls und Blutdruck hoch, und später auch wieder runter.

Das heißt, Blutdruckprobleme haben Sie nicht?

Heist: Nein, die Zuschauer müssen sich keine Sorgen um meine Gesundheit machen.

Was bringt Sie außer Autofahrern noch auf die Palme?

Heist: Da gibt es jede Menge. Die Flüchtlingswelle zum Beispiel und wie Europa damit umgeht. Dann gibt es Politiker, die mich aufregen. Horst Seehofer zum Beispiel, dieser politische Geisterfahrer. Das sind große Aufregerthemen: Für mich als Hans-Joachim Heist und für Gernot Hassknecht.

Die aktuellen Zeiten sind für die „Heute-Show“ eigentlich optimal.

Heist: Ja, die Themen liegen direkt auf der Straße. Die Politiker drängeln sich durch ihr Verhalten manchmal geradezu darum, in der „Heute-Show“ am Freitagabend vorzukommen.

Werden die Deutschen immer mehr ein Volk der Meckerer und Motzer?

Heist: Das Gefühl habe ich nicht. Ich bin eher der Meinung, es müssten noch viel mehr sein. Es gibt große Themen, wie den neuen Berliner Flughafen zum Beispiel. Da ist kein einziger Berliner auf die Straße gegangen und hat gegen diese Geldverschwendung protestiert.

Was muss denn passieren, damit die Menschen auf die Straße gehen?

Heist: Ich kann Ihnen gar nicht sagen, was da noch alles passieren mus. Ich habe in meinem Hassknecht-Programm einen Ausspruch, der eigentlich sehr passend ist. Da sagt Gernot Hassknecht: „Bevor in Deutschland mal jemand auf die Straße geht, muss man am Ballermann die Sangria-Eimer verbieten.

Gibt es etwas, das Sie milde stimmt?

Heist: Ja, eine schöne Zigarre, ein Glas Rotwein und ein schöner lauer Sommerabend.

Raten Sie den Zuschauern zu Ihrem Programm ein Fläschchen Baldrian mitzubringen?

Heist: Nein, überhaupt nicht. Ich werde keine zwei Stunden auf der Bühne rumbrüllen. Das hält der Zuschauer nicht aus und ich auch nicht. Mein Programm ist multimedial, es werden auch Kommentare aus der „Heute-Show“ gezeigt. Politik wird eine wichtige Rolle spielen, aber auch gesellschaftspolitische Dinge. Hassknecht wird über Sport reden, über Ernährung und seine eigene Ernährungspyramide.

Wie aktuell können Sie sein in Ihrem Programm?

Heist: Relativ aktuell. Ich nehme aktuelle politische Themen auf und auch aktuelle Aufreger in Düren. Die muss ich aber erst noch finden.

Gibt es Schnittstellen zwischen Gernot Hassknecht und Hans-Joachim Heist?

Heist: Die gibt es sicher, weil beide sehr politische Menschen sind. Ich kann mich auch aufregen, und ich kann auch zum größten Teil das unterstützen, was Gernot Hassknecht in der „Heute-Show“ von sich gibt. Da stehe ich zu 99 Prozent hinter.

Wie erklären Sie sich den großen Erfolg der „Heute-Show“?

Heist: Die Sendung ist sehr politisch, sehr aktuell und sehr schnell. Sie hat eine sehr hohe Gag-Dichte. Und wir freuen uns, dass viele junge Leute sagen, dass sie durch die „Heute-Show“ politischer geworden sind.

Was ist der Grund für Politikverdrossenheit? In Düren lag die Wahlbeteiligung bei der letzten Kommunalwahl bei 42 Prozent.

Heist: Das ist eine große Katastrophe. Die Politikverdrossenheit kommt durch Parteien. Es gibt eine große Parteiverdrossenheit. Viele Bürgermeister sind 16 Jahre und länger im Amt, fühlen sich wie kleine kommunale Könige und verhalten sich auch dementsprechend. Ich war selbst sechs Jahre lange Stadtverordneter in Pfungstadt in Südhessen. Man muss dafür sehr viel Freizeit opfern, muss sich informieren. Man kann aber auf kommunalpolitischer Ebene etwas bewegen. Die Stammtisch-Meckerei habe ich irgendwann nicht mehr ertragen, weil ich meistens auch mitgemeckert habe. Ich wollte etwas ändern und bin selbst in die Politik gegangen.

Sie sind schon einmal in Düren aufgetreten. Wie war Ihr erster Eindruck von der Stadt?

Heist: Na ja, ich habe nur den Bahnhof und das Haus der Stadt gesehen, mehr noch nicht. Beides hat mir aber ganz gut gefallen. Und ich hoffe, am 4. Dezember noch etwas mehr von Ihrer Stadt zu Gesicht zu bekommen. Angemerkt