Erdbeben in der Türkei : Dürener sorgen sich um Freunde und Familie und organisieren Hilfe
Update Kreis Düren Viele Menschen aus dem Kreis Düren sind mit Menschen in der Erdbebenregion verbunden. Spontan wurden zahlreiche private Hilfsinitiativen ins Leben gerufen, die sich heute schon auf den Weg machen sollen.
Ahmet Bahceci ist überwältigt. Seit Sylvia Pfeifer am Montagabend auf verschiedenen Social-Media-Kanälen zur Hilfe für die Erdbebenopfer im Südosten der Türkei aufgerufen hatte, geben sich hilfsbereite Bürgerinnen und Bürger an der Sammelstelle, Kaiserplatz 20 in Düren, die Klinke in die Hand.
Die Familie mütterlicherseits des gebürtigen Düreners stammt aus der 400.000-Einwohner-Stadt Antakya in der Provinz Hatay im Südosten der Türkei. „Die Stadt ist zu 80 Prozent zerstört“, berichtet Ahmet Bahceci. Bis Dienstagvormittag war dort noch überhaupt keine Hilfe angekommen. „Die Menschen graben mit bloßen Händen in den Trümmern ihrer Häuser nach Überlebenden.“ Auch seine Familie hat kein Dach über dem Kopf mehr, hat die erste eiskalte Nacht nach dem Beben mehr schlecht als recht in einem Zelt verbracht, wie sie eigentlich auf den Tomatenplantagen zum Schutz der Pflanzen verwendet werden.
„Wir wollten eigentlich spontan zwei, drei Kleintransporter mit Hilfsgütern beladen und nach Antakya bringen“, berichtet Ahmet Bahceci. Dienstagmorgen hatten sie schon mehr als ein Dutzend mit allen erdenklichen Hilfsgütern, insbesondere Kleidung und Lebensmittel, zum Lager der Firma Örge Transporte im Gewerbegebiet Pier gebracht, wo alles sortiert und nun auf zwei 40-Tonner verladen wird. Und das Zwischenlager in dem ehemaligen Wettbüro am Kaiserplatz wird kaum leerer.
Mit dem türkischen Generalkonsulat steht Ahmet Bahceci bereits in Kontakt und ist guter Dinge, dass er bis Mittwochmittag alle erforderlichen Papiere für den privaten Hilfstransport beisammen hat. „Dann werden wir uns in die Lkw setzen und losfahren.“ Zwei bis zweieinhalb Tage kalkuliert er für die knapp 3500 Kilometer lange Fahrt, ohne natürlich zu wissen, was ihn und seine Mitstreiter erwartet, insbesondere welche Straßenverhältnisse. Spätestens am Samstag aber hofft er, seine Familie in die Arme nehmen und den Menschen Antakya wenigstens ein wenig helfen zu können.
„Meine Eltern sind im betroffenen Erdbebengebiet, sie wollten dort ihre Rente verbringen“, berichtet Yasemin Sığınan und ergänzt erleichtert: „Zum Glück fehlt ihnen nichts.“ Aber auch Verwandte und Freunde würden im Erdbebengebiet in der Türkei leben – „und noch nicht von allen haben wir etwas gehört“, sagt Yasemin Sığınan, die in Merken einen Lotto-Laden betreibt.
Sammelstelle auch in der Moschee
Angesichts der enormen Zerstörung hat sie noch am Montag mit ihrem Mann überlegt, wie sie helfen kann – und unterstützt seitdem einen Aufruf der Dürener Ditib-Gemeinde. „Es sind so viele Menschen und Städte betroffen. Ich konnte nicht hier sitzen und nichts tun“, schildert sie, wie schwer es ist, weit weg zu sein und nicht selbst vor Ort mit anpacken zu können. Decken, Winterkleidung, Babynahrung, Windeln, Schlafsäcke, Heizlüfter, Taschenlampen, Batterien, Hygieneartikel und Spielzeug stehen auf den ersten Listen.
In der Moschee an der Veldener Straße wurden am Dienstag Hilfsgüter gesammelt, die möglichst schnell in der Türkei ankommen sollen. Der Konferenzraum war zum Lagerraum geworden, bis tief in den Abend hinein wurden die Spenden sortiert und in Kartons verpackt. „Viele helfende Hände, schnelles Ende“, resümierte die türkische-islamische Gemeinde am Abend. Schon am Nachmittag war dort ein Aufnahmestopp bekannt gegeben worden, weil sich so viele Spender gemeldet hatten. Vor allem seien auch Geldspenden wichtig, um Hilfe vor Ort finanzieren zu können, betont Mustafa Balikci von der Ditib-Gemeinschaft. Entsprechende Aufrufe sind schon gestartet, auch die alevitische Gemeinschaft in Düren sammelt Spenden.
„Wir sind mit den Menschen vor Ort verbunden, es gibt viele Menschen hier in Düren, die ihre Wurzeln in der Erdbebenregion haben und Menschen kennen, die dort leben“, betont Balikci. Problematisch sei es derzeit, mit Freunden, Bekannten und Angehörigen in Kontakt zu kommen, da das Mobilfunknetz beeinträchtigt sei und vor allem gebraucht werde, um Hilfe zu koordinieren sowie Notrufe abzusetzen. Die Ungewissheit ist derzeit groß, ebenso groß die Sorge.
Aldenhovener Gemeinde
Im Jülicher Bereich ist es insbesondere die Ditib-Gemeinde in Aldenhoven, die sich um Spenden für die Menschen in den betroffenen Gebieten kümmert. Viel wird aber auch in Privatinitiative organisiert, wie Ayse Kaplakarslan, Ratsmitglied der Aldenhovener SPD, berichtet. Sie selbst hat Decken und Kinderkleidung gesammelt, die sie nach Düren bringt und die von dort aus in die Türkei geliefert werden.
Eine Nachbarin ihrer Eltern in Siersdorf habe in Eigenregie einen Lkw organisiert, der noch am Dienstagabend vollbepackt mit Spenden in die Türkei aufbrechen sollte. Kaplakarslan: „Die Lebensmittelversorgung vor Ort ist gut. Aber wegen der Kälte werden insbesondere Decken und warme Kleidung für die Menschen vor Ort benötigt.“
Die türkische Partnerstadt der Stadt Düren Karadeniz Ereğli liegt am Schwarzen Meer und damit weit weg von dem Erdbebengebiet im türkisch-syrischen Grenzgebiet.