Corona in der Schwangerschaft : Dürener Arzt richtet eindringlichen Impf-Appell an werdende Mütter
Birkesdorf Die Zahl der Schwangeren mit einer Corona-Infektion steigt. Ein Dürener Arzt appelliert an werdende Mütter – und spricht über Geburten mit FFP2-Maske und Väter im Kreißsaal.
„Bei der ersten und zweiten Welle der Corona-Pandemie hatten wir so gut wie keine Schwangere, die betroffen war. Das hat sich nun geändert. Covid ist in der Mitte der Gesellschaft angekommen. Ebenso wie auch Kinder nun häufiger betroffen sind, infizieren sich auch Schwangere häufiger“, sagt Dr. Axel Sauerwald, Chefarzt der Geburtshilfe am Birkesdorfer St.-Marien-Hospital.
„Schwangere erkranken nach allem, was man bislang weiß, zwar nicht häufiger als andere, aber wenn sie erkranken, dann neigen sie dazu, auch schwerere Verläufe zu haben“, erklärt Sauerwald. Die schweren Verläufe seien auch jetzt nicht die Mehrheit, aber sie würden mit steigenden Fallzahlen häufiger. „Ungefähr zehn Prozent der schwangeren Infizierten erkranken schwerer, ein bisschen mehr als ein Prozent muss auf Intensivstation behandelt und intubiert werden“, nennt Sauerwald aktuelle Zahlen.
Herausfordernd sei bei einem schweren Verlauf, dass man Schwangeren manche Medikamente nicht so gerne gebe, dass die Diagnostik ein bisschen erschwert sei und dass das Kreislaufsystem durch die Schwangerschaft zusätzlich belastet sei. In Birkesdorf habe vor einigen Wochen ein Kind in der 28. Schwangerschaftswoche auf die Welt geholt werden müssen, weil der gesundheitliche Zustand der Mutter immer schlechter geworden sei.
Wie beim Rest der Bevölkerung kämen auch die meisten Schwangeren ohne große Probleme durch eine Infektion. Auch die ungeborenen Kinder würden – nach allem, was man weiß – die Infektion der Mutter gut überstehen. Die Fehlgeburtwahrscheinlichkeit scheine durch Corona-Infektionen nicht zu steigen, allerdings komme es häufiger zu Frühgeburten, sagt Sauerwald. Unklar sei in der Forschung noch, ob es häufiger zu Totgeburten komme.
Dass Schwangere zögern, sich impfen zu lassen, kann Sauerwald „mittlerweile nicht mehr“ verstehen. Im Frühjahr seien die Daten noch so spärlich gewesen, dass die Ständige Impfkommission gegen das Coronavirus noch keine Impfempfehlung für Schwangere habe aussprechen können. Das habe sich mittlerweile geändert. „Wir sind auf sicherem Boden“, sagt Sauerwald und betont: „Es sind keine nachteiligen Effekte einer Impfung auf das ungeborene Kind bekannt, im Gegenteil: Die Kinder scheinen ein bisschen mitgeschützt zu werden und schwere Verläufe bei Schwangeren können verhindert werden. Daher muss man die Impfung ganz klar empfehlen.“
Die Ständige Impfkommission habe einen guten Job gemacht und sei sehr verantwortungsvoll mit ihrer Empfehlung umgegangen. „Sie hat ihre Empfehlungen an den neuen Wissensstand angepasst, musste aber nie zurückrudern“, lobt Sauerwald den Kurs der Stiko. Sehr viel problematischer wäre es schließlich, wenn man Schwangeren eine Impfung empfohlen hätte, um später festzustellen, dass sie doch nicht gut verträglich sei. „Sicherheit ist gerade in der Schwangerschaft wichtig, es geht schließlich um viel“, betont Sauerwald.
In den ersten drei Schwangerschaftsmonaten raten die Experten in Deutschland noch zur Vorsicht mit Blick auf die Impfung und setzen eher auf andere Schutzmaßnahmen wie Masken, Händewaschen und Kontaktreduktion. Danach könne problemlos geimpft werden – auch mit der dritten Dosis, sagt Sauerwald. „Mir ist es wichtig, dass die Mütter keine Angst haben. Das Impfen ist ein Thema, dass sehr polarisiert. Das finde ich traurig. Niemand sollte unnötig Ängste verbreiten. Es geht nur um eine Impfung und die hat ein gutes Sicherheitsprofil. Sie scheint nicht auf die Ewigkeit zu schützen, aber derzeit haben wir nichts Besseres. Wir können nur auf Sicht fahren und müssen mit sich verändernden Sachständen leben.“
Die Coronasituation sei für werdende Eltern, vor allem die Mütter, ein großer „Unruheherd“. Empfehlungen werden angepasst, Besuchsregeln in den Krankenhäusern werden geändert, das Thema Väter in Kreißsälen wurde diskutiert. „Für uns war immer klar, das die Schwangere und der Vater im Vordergrund stehen. Corona ist eine ernst zu nehmende Erkrankung, aber es ist nicht Ebola. Es steht in keinem vernünftigen Verhältnis, die Männer aus dem Kreißsaal auszusperren. Eine Geburt ist ein einschneidendes Erlebnis, bei dem der Partner dabei sein sollte“, sagt Sauerwald.
Natürlich komme es auch zu herausfordernden Situationen, wenn Frauen unter Geburt im Kreißsaal positiv getestet würden: „Wir müssen uns dann entsprechend schützen, entscheidend sind dabei die Masken. Sie wirken sehr gut“, unterstreicht Sauerwald. Frauen, die positiv getestet sind, müssen auch unter Geburt eine FFP2-Maske tragen. „Das ist eine zusätzliche Belastung, aber es funktioniert. Solche Situationen bekommen wir im Kreißsaal geregelt. Das haben die Erfahrungen gezeigt“, sagt der Mediziner.
Infizierte Mütter kommen dann samt Neugeborenem in ein Einzelzimmer, wo sie weiter betreut werden. Noch sei unklar, wie häufig Neugeborene sich überhaupt infizieren, in Gefahr seien sie aber nicht, so dass Mütter auch normal stillen und ihr Neugeborenes halten könnten.
In der Schwangerschaft würden Frauen ihre Vorsorgetermine trotz der Pandemie wahrnehmen, stellt Sauerwald erleichtert fest. In anderen medizinischen Bereichen würden Vorsorgen wegen der Pandemie leider hinausgezögert. „Das hat sicher negative Auswirkungen, die wir jetzt erst langsam sehen können.“