Großauftrag an lokale Unternehmen : Der ÖPNV im Kreis Düren wird sich ab 2020 deutlich verbessern
Kreis Düren Zu äußerst ungewöhnlicher Zeit, nämlich kurz nach Mitternacht am Dienstag, war ein ausgesuchter Bote in einer besonderen Mission unterwegs: Er ließ einen Umschlag in den Briefkasten fallen und wurde dabei von einem Kollegen fotografiert. Auf diese konspirativ anmutende Weise sicherte sich der Kreis Düren ab und dokumentierte, dass die Gewinner der europaweiten Ausschreibung über 8,5 Millionen Kilometer Bus-Verkehrsleistung fristgerecht über einen millionenschweren Auftrag informiert wurden.
Die siegreichen Bieter sind die Dürener Kreisbahn und die RATH-Gruppe mit Sitz in der Kreisstadt an der Kölner Landstraße, die eine Bietergemeinschaft gebildet hatten. Sie haben den größten ÖPNV-Auftrag, der laut Landrat Wolfgang Spelthahn jemals europaweit ausgeschrieben wurde, nun für zehn Jahre sicher.
Der nächtliche Bote und der Fotobeweis waren die letzten Vorsichtsmaßnahmen in einem langen und sensiblen Verfahren, das bei kleinsten Formfehlern juristisch hätte gestoppt werden können. Der Auftrag, den der Kreistag vor drei Jahren per einstimmigen Beschluss auf den Weg gebracht hatte, sorgte tatsächlich ob seiner Größe in ganz Europa für Schlagzeilen. Die Dimension war aber kein Zufall, sondern gewollt: Mit dem Ende des jetzigen Verfahrens liegt der gesamte Bus-ÖPNV im Kreis Düren erstmals in einer Hand und ist nicht mehr zweigeteilt wie vorher. Damit soll laut Wolfgang Spelthahn erreicht werden, dass die Qualität überall gleich hoch ist und nicht im Südkreis besser als im Nordkreis zum Beispiel.
Es geht aber auch um Quantität, denn die per Bus angebotenen Strecken werden ab 1. Januar 2020 um gut 23 Prozent gesteigert. In Summe von 6,9 auf 8,5 Millionen Kilometer.
„Wir haben einen Präzedenzfall geschaffen“, sagt der mit dem Verfahren im Kreishaus befasste Mobilitätsbeauftragte, Bernd Böhnke (früherer DKB-Chef). Er erhielt 300 Bieteranfragen. Ernsthaft um den Auftrag bemüht hätten sich um die 20 Unternehmen aus Europa, am Ende lagen drei Angebote vor: zwei aus Deutschland, eines aus dem Ausland. Ein externes Expertenteam mit fast 20 Mitgliedern hat nach mehreren Prüfrunden festgestellt: Die DKB und das Eisenbahnunternehmen RATH-Gruppe GmbH, das die Rurtalbahn auf die Schiene setzt, haben laut Landrat „ein juristisch einwandfreies und das wirtschaftlich günstigste Angebot“ unterbreitet. Wolfgang Spelthahn: „Damit war zwingend der Zuschlag zu erteilen.“
Das gewählte Verfahren war beileibe nicht ohne Risiko, weil es bei einem anderen Ausgang hätte bedeuten können, dass die Dürener Kreisbahn mit ihren 150 Mitarbeitern und Dutzenden Fahrzeugen sowie technischer Infrastruktur vor dem Aus gestanden oder von einem anderen Bieter zu unklaren Konditionen hätte übernommen werden müssen. Deshalb plädierte die SPD im Herbst 2018 für eine Direktvergabe des Großauftrags. Auch dies hätte aus Sicht von Wolfgang Spelthahn (CDU) enorme Risiken beinhaltet. Von daher ist er nun froh, dass bei der europaweiten Ausschreibung die lokalen Unternehmen obsiegt haben.
Groß sind Erleichterung und Freude vor allem bei den DKB-Beschäftigten, deren Verunsicherung während des sich ziehenden Verfahrens wuchs. „Die Mitarbeiter haben jetzt über zehn Jahre Job-Sicherheit“, sagte Nikolas Asbach, stellvertretender Betriebsleiter. Und er sieht wie Hans-Peter Nießen, Geschäftsführer der RATH-Gruppe, reichlich Arbeit bis zum 1. Januar 2020 auf die Unternehmen zukommen, die eine gemeinsame Tochter gründen und die Vorgaben des Nahverkehrsplans aus dem Jahr 2016 umsetzen müssen.
Wesentliches Ziel des Verfahrens, das in den Augen von Kritikern zu langwierig und zu teuer gewesen sei, ist eine deutliche Verbesserung des ÖPNV im gesamten Kreis. Dazu werden nach wie vor auch massiv Subunternehmer beitragen. „Die Menge für sie wird steigen“, sagte Hans-Peter Nießen, der eine „mittelstandsfreundliche Ausschreibung“ der „Sub“-Strecken ankündigte.
Was die Bürgerschaft erwarten kann, ist nicht wenig: Der Nahverkehrsplan sieht mehrere neue Busschnelllinien vor, die nicht mehr in jedem Dorf halten, dafür aber Berufspendlern Tempo bieten (siehe Foto oben). Die Ausweitung der Bus-Verkehrsleistungen auf 8,5 Millionen Kilometer bringt andererseits laut Landrat dem ländlichen Raum „deutlich mehr Leistungen“. Rufbusse und Anrufsammeltaxen sollen das flächendeckend gewährleisten. Nicht zuletzt soll die Modernisierung der Fahrzeugflotte in Etappen auf emissionsfreie Antriebstechniken auch ein Zeichen in Zeiten des Klimawandels setzen. „Die Bürger werden von dieser Offensive deutlich profitieren“, kündigt Wolfgang Spelthahn an.