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Zahl der Bedürftigen steigt deutlich: Den Tafeln im Kreis Düren geht das Essen aus

Zahl der Bedürftigen steigt deutlich : Den Tafeln im Kreis Düren geht das Essen aus

Erst die Corona-Pandemie, dann Hamsterkäufe und steigende Preise und nun die steil gestiegene Zahl der Bedürftigen: Die Tafeln schlagen Alarm. Auch aus Düren und Jülich berichten die ehrenamtlichen Helfer, an Belastungsgrenzen zu stoßen. Dafür gibt es Gründe.

„Es ist eine Katastrophe.“ Die dramatischen Worte Maria Güldenbergs kommen spontan und fassen deutlich zusammen, in welcher Situation sich die Tafel in Jülich wiederfindet. „Wir wissen einfach nicht, wie wir die Leute weiter versorgen sollen“, schildert sie. Während die Jülicher Tafel-Vorsitzende spricht, warten etwa 50 Personen am Laden an der Margaretenstraße. Menschen, die hoffen, günstig Essen zu bekommen. Menschen, denen das Sozialamt bescheinigt, für den Lebensunterhalt wenig, manchmal zu wenig Geld zu haben.

Aktuell steigen die Zahlen der Tafelkunden allerorten. In Jülich ist von 200 Personen die Rede, die in den vergangenen Wochen hinzugekommen sind. In der Regel sind es Menschen, die aus der Ukraine geflohen sind, Frauen und Kinder. Vor dem Kriegsausbruch im Osten Europas waren etwa 350 Bedarfsgemeinschaften in der Kartei der Jülich Tafel aufgelistet – im Schnitt verbergen sich dahinter pro Meldung drei Personen.

Auch in Düren richtet man sich darauf ein, bald nicht mehr ausreichend Waren zur Verfügung zu haben. 1500 Haushalte verfügen über eine Kundenkarte der Dürener Tafel. Nicht alle diese Menschen kommen jede Woche in den Laden an der Bücklersstraße, manche von ihnen auch gar nicht mehr.

Für sie reichen die Waren, die von Sponsoren, Landwirten und Märkten stammen und von den Tafelhelfern an fünf Tagen in der Woche abgeholt werden, in der Regel aus. Da sich aber auch in Düren täglich bis zu 100 neue Menschen melden, wird es eng. „Wir benötigen darum dringend weitere Spenden“, bittet die 2. Vorsitzende Gudrun Rösseler. Gemeint sind ausschließlich Lebensmittel und Hygieneartikel. Nur so könne man sicherstellen, alle versorgen zu können.

Die stellvertretende Vorsitzende der Jülicher Tafel, Edelgard Heidelberg (links) und die Vorsitzende Maria Güldenberg fühlen sich von den Behörden alleingelassen.
Die stellvertretende Vorsitzende der Jülicher Tafel, Edelgard Heidelberg (links) und die Vorsitzende Maria Güldenberg fühlen sich von den Behörden alleingelassen. Foto: MHA/Judith Peschges

Die Abläufe in den Läden sind klar strukturiert. Der Anfangsbuchstabe des Nachnamens entscheidet, wann ein Kunde seine Waren abholen kann. Da es sich um ein rollierendes System handelt, kommt jeder regelmäßig in den Genuss, am Anfang die größte Auswahl zu haben. Der weitere Vorteil: Es bilden sich keine langen Warteschlangen an den Läden. „Aufgrund der großen Zahl neuer Kunden kann es jetzt jedoch passieren, dass die letzte Gruppe leer ausgeht“, befürchtet die Dürener Tafel-Vorsitzende Edith Becker. Dies könne zu sozialen Spannung führen.

Weniger Helfer

Während der Corona-Einschränkungen half das System darüber hinaus, die Zahl der Menschen gleichzeitig in den Räumen zu reduzieren. Maskenpflicht herrscht immer noch. Die Pandemie war ohnehin eine Herausforderung für die Tafeln. Nicht nur organisatorisch. Viele der ehrenamtlich Tätigen sind ältere Menschen und fürchteten die Ansteckung. Dies führte in Jülich dazu, dass die Zahl der Helferinnen und Helfer geschmolzen ist. „Ja, wir haben ein Nachwuchsproblem“, räumt Maria Güldenberg ein, „neue helfende Hände sind schwer zu finden.“ Kompensiert wurde dies während der Pandemie von jungen Menschen, die ihren Bundesfreiwilligendienst bei der Tafel absolvierten. Aber dies half auch nur übergangsweise.

Von Personalproblemen ist die Dürener Tafel noch verschont geblieben. Etwa 95 Personen sind in vier Teams organisiert. Allerdings macht sich die stetig gewachsene Arbeitsbelastung aufgrund der zahlreichen Kunden bemerkbar. „Arbeitstage von zwölf Stunden sind derzeit üblich“, berichtet Gudrun Rösseler. Wenn der Laden geschlossen ist, werden die Waren abgeholt, ausgepackt und sortiert. Darüber hinaus müssen neue Kunden erfasst werden – was aktuell sehr viel Zeit in Anspruch nimmt.

Sprachbarrieren

Als problematisch stellt sich auch die Sprachbarriere heraus, denn nicht alle Menschen aus der Ukraine können sich auf Deutsch oder Englisch verständigen. „Zum Glück haben wir in Düren eine Helferin, die Russisch spricht“, sagt Edith Becker, die seit 21 Jahren ehrenamtlich in der Tafel arbeitet. Ist niemand vor Ort, der übersetzen kann, dann ist die Verständigung über die Abläufe in der Tafel ungleich schwerer. Und kostet Zeit.

Manche der Ehrenamtlichen fühlen sich von den Behörden zusätzlich alleingelassen. Dazu gehört auch Maria Güldenberg in Jülich. Ein Kontakt zur Verwaltung habe es nicht gegeben, sagt sie, „das Sozialamt gibt den Menschen einen Flyer der Tafel in die Hand und schickt sie hierher.“ Dies erleichtere das Ehrenamt keineswegs.

Grundsätzlich herrscht bei allen die feste Meinung vor, mit der unentgeltlichen Arbeit in der Tafel das Richtige zu tun. Zum einen wird der Überfluss an Lebensmitteln sinnvoll genutzt, zum anderen hilft man Menschen in wirtschaftlicher Not. Dass der Bedarf nach wie vor groß ist, unterstreichen nicht nur die Zahlen. „Armut ist in Deutschland leise – viele Menschen melden sich aus Scham erst gar nicht bei uns“, befürchtet Maria Güldenberg zudem eine hohe Dunkelziffer. Um zumindest den Menschen zu helfen, die derzeit schon Kunde der Tafel sind, werden nun mehr den je Helfer, Spender und Waren gesucht.

Die Tafeln im Netz: www.duerener-tafel.de und www.juelicher-tafel.de