1. Lokales
  2. Düren

Alt-Morschenich: Bagger reißen 34 Häuser ab

Alt-Morschenich : Bagger reißen 34 Häuser ab

Alt-Morschenich soll ein Ort der Zukunft werden. Mehrere Hochschulen sind als Ideengeber eingebunden. Obwohl das Dorf und der Hambacher Forst nicht der Braunkohle zum Opfer fallen, setzt RWE dennoch den Rückbau des östlichen Ortsteils fort, den es 2018 ausgesetzt hatte.

Alt-Morschenich fällt nicht der Braunkohle zum Opfer – nichtsdestotrotz hat RWE am Montag im östlichen Teil des Ortes an 34 Häusern mit der Abrissvorbereitung begonnen. Eigentlich wären die Bagger schon vor zwei Jahren angerollt, aufgrund der allgemeinen Gemengelage in Sachen Klimawandel und Kohleausstieg sowie der speziellen, teils sehr emotionalen Lage rund um den Hambacher Forst hatte der Essener Energiekonzern den Rückbau des kleinen Ortes in der Gemeinde Merzenich aber vorerst auf Eis gelegt. In der Zwischenzeit ist viel geschehen, vom Rodungsstopp über die Tagung der Kohlekommission bis hin zur Leitentscheidung der Landesregierung aus der vergangenen Woche, nach welcher Hambacher Forst und Morschenich erhalten bleiben.

Am Montag, im Merzenicher Rathaus, hat Bürgermeister Georg Gelhausen (CDU) den Teilabriss bekanntgegeben. Die Verbindungsstraße Buir- Morschenich bleibt davon unangetastet. Bis Ende Dezember sollen die Grundstücke entlang der Elsdorfer Straße, Ludwig-Rixen-Straße und Auf dem Goldacker geräumt, der Boden verfüllt und Wildblumen eingesät werden. Mehrere 100.000 Euro kostet das die RWE Power AG, wie Sprecher Guido Steffen auf Nachfrage unserer Zeitung sagte. „Man kann leerstehende Gebäude noch so gut sichern, sie ziehen immer Menschen an, die dort nichts zu suchen haben“, erläuterte Steffen, warum die Häuser trotz neuer Sachlage weichen müssen.

Auch Gelhausen erklärte, die sogenannte Verkehrssicherheit sei nicht mehr gegeben: „In manchen Häusern wurden Armaturen aus der Wand gerissen, Keller sind voll Wasser gelaufen. In einem Haus, in dem die Gemeinde Flüchtlinge unterbringen wollte, hat unser Hausmeister in der vergangenen Woche zwei Dürener auf frischer Tat ertappt, wie sie gerade Kupferleitungen aus der Wand ziehen wollten.“

Anstelle von Einbruch, Diebstahl, Vandalismus und dem Sterben des ehemals knapp 500-Seelen-Ortes (Stand 2013) spricht Gelhausen lieber von der Zukunft. Begriffe wie „Masterplan“, „Transformation“ und „Wiederbelebung“ fallen. Das „Vakuum der Übergangsphase“ sei vorbei, Morschenich solle ein „Ort der Zukunft werden“.

Planungshoheit hat die Gemeinde Merzenich, Eigentümer des Ortes ist (inzwischen weitestgehend) die RWE AG, Ideengeber sollen TU Darmstadt, Forschungszentrum Jülich und FH Aachen sein. Mit dem vielleicht halben Dutzend im Grünen zwischen Bergfeldchen und Oberstraße kampierender Aktivisten steht Gelhausen laut eigenem Bekunden im Dialog, um es über Aktuelles zu informieren. Von Corona-Regeln bis eben hin zum beginnenden Abriss des anderen Dorfteils und dem Umbau des Gesamtorts.

Alt-Morschenich: Bagger reißen 34 Häuser ab
Foto: Grafik; MHA

Gelhausen wünscht sich einen Lern- und Entwicklungsraum. Feldlabore zu nachhaltiger Pflanzenproduktion und Bioökonomie sind denkbar (Federführung FZ Jülich); um deren architektonischen Rahmen kümmert sich die TU Darmstadt, um Stadtplanung und urbanen Wandel im Allgemeinen die FH.

Von den alten Bauten könnten laut Bürgermeister einige sinnvoll bespielt werden: Die Räume des Kindergartens, der nach Golzheim umzieht, könnte mit Arbeitsplätzen für die Studenten ausgestattet und die Kirche als Veranstaltungsraum genutzt werden. „Der Ultraleichtflugplatz ist für mich auch ein Baustein der Zukunft. Wir haben schon eine Lizenzverlängerung erreicht, damit der Verein weitermachen kann“, sagte Gelhausen.

Was die Zielstellungen anbelange, gebe es mit RWE „keine Konfliktlinie“. Laut Gelhausen wohnen noch 40 bis 50 Morschenicher im Altort. Dazugerechnet werden müssen 83 temporär untergebrachte Flüchtlinge. „Der mehrheitliche Wunsch der Morschenicher ist, dass abgerissen wird“, sagte Gelhausen. Und RWE-Sprecher Steffen betonte: „Wir stehen dazu, die Umsetzung planmäßig fortzusetzen. Wir glauben, das ist das Beste für die Dorfgemeinschaft.“ Damit bezieht er sich auch auf „vereinzelte Rückkaufgesuche“ von Alt-Morschenichern. „Erst einmal muss Klarheit herrschen, was mit dem Ort passiert“, findet er. Er verstehe, dass Menschen an ihren Häusern hängen, möglicherweise sei das Dorf nach der Umgestaltung für diese aber auch nicht mehr attraktiv. „Außerdem muss man es sich auch leisten können, ein Haus zusätzlich zu erwerben.“