1. Lokales
  2. Düren

Messerattacke auf Schulhof: 21-Jähriger Dürener wegen versuchten Mordes verurteilt

Messerattacke auf Schulhof : 21-Jähriger Dürener wegen versuchten Mordes verurteilt

Das Landgericht verhängt nach einem fast tödlichen Messereinsatz auf einem Schulhof in Düren-Echtz eine Jugendstrafe von fünf Jahren.

Die 1. Große Jugendkammer am Aachener Landgericht hat am Donnerstag gegen den 21-jährigen Daniel K. aus Düren-Echtz eine Jugendstrafe von fünf Jahren verhängt. Verurteilt wurde er wegen versuchten Mordes aus Heimtücke und wegen gefährlicher, lebensbedrohlicher Körperverletzung.

K. hatte am Abend des 20. August letzten Jahres ein Mitglied einer Gruppe von Jugendlichen schwer mit einem Messer verletzt. Er fügte dem 17-Jährigen 13 Stiche in Gesicht, Hals und in den Rücken zu, insbesondere letzterer war akut lebensbedrohlich. Für die Tat hatte Staatsanwältin Anna Kraft in diesem neuerlichen Jugendstrafverfahren vor der Kammer, die ansonsten im Bereich des Erwachsenenstrafrechts als Schwurgerichtskammer für Kapitalverbrechen zuständig ist, sogar eine Strafe von sechs Jahren beantragt.

Das Gericht mit dem Vorsitzenden Richter Roland Klösgen machte nach einem Urteilsspruch vor wenigen Tagen in einer ähnlichen Konstellation zwischen Jugendlichen erneut deutlich, dass Vergeltungstaten auch dann hart bestraft werden, wenn dem unmittelbar zuvor Provokationen oder auch Angriffe vorangegangen sind. Bei dem Aachener Vorfall hatte das spätere Opfer zuvor sogar mit einer Softair-Pistole auf die drei späteren Täter geschossen. Einer von ihnen stach dann kurz danach auf das Opfer ein, der etwa Gleichaltrige überlebte nur durch eine Notoperation. Auch hier machte die Kammer klar, dass Rache- oder Vergeltungsmotive zu keinerlei Strafmilderung führen dürfen.

Im jetzt vorliegenden Fall hatte eine Gruppe von Jugendlichen aus Spaß im Laufe des Abends zwei sogenannte China-Böller gezündet. Einer detonierte ohne viel Aufmerksamkeit am Echtzer Badesee. Der andere wurde allerdings von dem späteren Opfer auf den Schulhof der Grundschule in Echtz geworfen. Der resultierende Knall war sehr laut und wurde von den umliegenden Gebäuden verstärkt. Die Gruppe um den Böllerwerfer, machte Richter Klösgen deutlich, habe sich bei ihrer Aktion wenig um eine andere Gruppe junger Leute geschert, die am Rande des Platzes Fußball gespielt hatten und jetzt ruhig dort saßen.

Was man jedoch gar nicht berücksichtigt hatte, war eine junge Mutter mit einem Baby, die sich in der Mitte des Platzes aufhielt. Das Baby erschrak durch den lauten Knall und begann zu schreien. Der Richter bewertete das ausdrücklich in der Urteilsbegründung: „Das mit dem Böller war keine gute Idee.“ Daran hatte er schon bei der Vernehmung der Zeugen aus der Gruppe der Böllerwerfer und insbesondere auch gegenüber dem Opfer keinen Zweifel gelassen. Zudem kritisierte der Vorsitzende ausdrücklich „die despektierliche“ Beschreibung der anderen Gruppe als „Junkies“. Es seien dort ein behinderter junger Mann mit seinem Bruder aus der Nachbarschaft und eben Daniel K. zusammen gewesen, K. wohnt oder wohnte ebenfalle gleich um die Ecke, normale junge Leute also.

Zur Tat kam es dann, als der unerfreuliche Böller-Zwischenfall durch gegenseitige Entschuldigungen der aufgebrachten jungen Mutter und der junge Leute eigentlich bereits beigelegt war. Die Gruppe verließ gerade den Schulhof, man wollte nach Hause gehen. Da kam der ansonsten als introvertiert und still beschriebene Daniel K. über den Hof auf die Straße. Er habe wissen wollen. wer der Böllerwerfer war. Der sagte etwas provokant: „Ich war es, und jetzt?“ Daraufhin habe Daniel K. ein Messer aus der Tasche gezogen und mit damit „unkontrolliert in lethale Bereiche“ gestochen, so Klösgen.

Der 17-Jährige habe nach der gegenseitigen Entschuldigung zwischen der Mutter und der Gruppe keinen Grund mehr gehabt, einen Angriff zu befürchten. „Damit war der Angegriffene arg- und wehrlos“, stellte der Richter fest – die juristische Grundlage für das Mordmerkmal der Heimtücke. Auch dass das Opfer den Angreifer dann in einer Art Schwitzkasten von sich weghielt, könne auf keinen Fall dazu führen, den Messereinsatz als Notwehr zu bewerten. So hatten die Verteidigerinnen Martina Nadenau und Tanja Tomasso argumentiert, der schmächtige Daniel K. habe sich gegen den kräftigen Junge wehren müssen. Dem widersprach der Richter: „Aus der Gruppe heraus ist kein Angriff gekommen“, also habe es auch keinen Anlass zu einer Notwehr gegeben.

Die Anwältinnen hatten ins Feld geführt, der Angeklagte habe Angst um seine Freundin und das Kind gehabt, habe diese schützen wollen. Da Daniel K. im gesamten Prozess allerdings keine Angaben machte und nichts sagte, können solche Erwägungen eben auch nicht strafmildernd wirken Der Richter dazu: „Der Hauptmilderungsgrund ist ein von Reue geprägtes Geständnis, das lag hier nicht vor.“ Wie im Jugendstrafrecht vorgeschrieben, richtet sich das Strafmaß auch danach, welche Zeit zur Erziehung eines Jugendlichen oder Heranwachsenden notwendig sein wird, die Kammer sah hier einigen Erziehungsbedarf.