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GridX investiert in Voltfang: Zwei Aachener Start-ups denken richtig groß

GridX investiert in Voltfang : Zwei Aachener Start-ups denken richtig groß

Die Energiewende-Gründerszene in der Region ist wirtschaftlich so erfolgreich, dass ältere Start-ups jetzt schon neuen vor Ort auf die Beine helfen können. Ihr Motto: „Think bigger!“ – oder: alte Autobatterien sollen im Jahr 2030 das Kraftwerk Weisweiler ersetzen.

Die Start-up-Szene im Bereich Energiewende ist in Aachen aus den Kinderschuhen raus. Jetzt passiert, was sich wohl manche nur in ihren kühnsten Träumen erträumt haben: Das sechs Jahre alte und erfolgreiche Aachener Start-up GridX steigt in die erste Finanzierungsphase eines neueren Start-ups mit großen Ambitionen in der Stadt ein. GridX wird zum „Business Angel“ für die jüngeren Gründer von Voltfang.

„Business Angel“ verleihen jungen Gründern Flügel. Sie sind vermögender Investor und hilfreicher Berater zugleich. Die Gründer von GridX, Andreas Booke und David Balensiefen, hatten einen solchen „Business Angel“, als sie 2016 ihr Unternehmen in Aachen gegründet haben. Es war kein Geringerer als der Direktor der Area 120 von Google, der Deutsche Gabor Cselle. Area 120 ist der hausinterne Inkubator Googles, in dem neue Ideen in kleinen Teams schnell ausprobiert werden können. Cselles Motto ist im Kopf der Aachener Gründer fest verankert. Zur Sicherheit hängt es eingerahmt an der Wand im Coworking-Space auf der Oppenhoffallee: „Think Bigger“.

„Wenn man in Deutschland große Ideen hat, schämt man sich, die zu verkünden“, sagt Balensiefen. Cselle motivierte sie, mutig zu sein. Die Vision der beiden Maschinenbauingenieure von der RWTH Aachen lautet, dass der Wandel von großen, zentralen Kraftwerken zu kleinen, dezentralen Energielieferanten – zum Beispiel auf Dächern – nicht aufzuhalten sein wird. Für diesen Fall, der 2016 noch sehr weit weg schien, hat GridX ein herstellerunabhängiges System entwickelt, das die gesamte Stromkapazität aus verschiedenen Quellen intelligent managed; damit die E-Auto-Flotte in dem Moment mit hoher Leistung aufgeladen wird, wenn im Betrieb der Verbrauch sinkt. Energieeffizienzgewinne, darum geht‘s. „Ein Riesenhebel für CO2-Einsparungen.“

 Das Team des Aachener Start-ups Voltfang, das Stromspeicher aus alten Batterien von E-Autos anbietet. Das Bild ist sechs Monate alt. Inzwischen ist das Team weiter gewachsen.
Das Team des Aachener Start-ups Voltfang, das Stromspeicher aus alten Batterien von E-Autos anbietet. Das Bild ist sechs Monate alt. Inzwischen ist das Team weiter gewachsen. Foto: Voltfang/Fabian Binz

Bei Deutschen käme immer ein „Aber“, sagt Booke. Der Weg, den man mit seiner Geschäftsidee gehen könne, würde so immer schmaler. „Ein amerikanischer ‚Business Angel‘ macht mehr Hoffnung, als er zerstört; er denkt die Idee direkt weiter und egal, wie groß wir die Idee gedacht haben: Für Gabor war sie immer noch zu klein“, sagt er. „Think bigger!“, hämmerte Cselle ihnen ein.

Das GridX-System überzeugte schnell große Automobilfirmen, Energiekonzerne oder Logistiker. Inzwischen arbeiten 100 Mitarbeiter an den Standorten Aachen und München für das Unternehmen. Im vorigen Jahr kaufte Eon 80 Prozent der Firmenanteile. Insider sprechen von 120 Millionen Euro, die dafür geflossen sind. Balensiefen und Booke bleiben geschäftsführende Gesellschafter. Gerade bereiten sie die europäische Expansion vor. „Es war der nächste logische Schritt, das Eon-Geld ins Start-up-Ökosystem zurückzugeben“, sagt Booke. Das in Aachen zu machen, ist für sie auch ein klares Statement. „Wir wollen die Nähe zur Städteregion und der Euregio halten“, sagt Balensiefen.

Das tun sie mit Voltfang jetzt sogar als Investor. Ihr Geld ist Teil der ersten Million, die das Start-up im März stolz als eingeworben vermeldete. Die Investition ist naheliegend. Auch Voltfang hat Großes vor mit Stromspeichern aus gebrauchten E-Autobatterien für Industrie und Gewerbe. Zwei Dutzend Mitarbeiter arbeiten inzwischen für das 2019 von Afshin Doostdar, Roman Alberti und David Oudsandji gegründete Unternehmen. Mit dem ersten Geld der Investoren soll im Oktober an einer eigenen Produktionsstätte die erste Kleinserie gebaut werden. Am Ende könnte der Voltfang-Stromspeicher eine Stromquelle im GridX-Strommanagement-System sein.

Der Geist des „Business Angel“ aus dem Silicon Valley hinterlässt auch bei Voltfang Spuren: Man möchte den Stromspeichermarkt „langfristig revolutionieren“, heißt es in der Pressemitteilung zur erfolgreichen Finanzierungsrunde. „Bis zum Jahr 2030 möchte Voltfang den jährlichen Energiedurchsatz des Kohlekraftwerkes Weisweiler (NRW) erreichen und somit einen gleichwertigen und nachhaltigen Ersatz anbieten.“ 15 Milliarden Kilowattstunden Strom. In alten E-Autobatterien. Think bigger!