Bauboom in der Stadt : Viele WC-Anlagen an Aachens Schulen nicht fertiggestellt
Aachen Den Gang aufs stille Örtchen versucht Manuel Weber zurzeit zu meiden. Doch wenn man muss, dann muss man eben... Auch wenn die sanitären Anlagen im Gebäude der Hauptschule Burtscheid nach Darstellung des 41-Jährigen „eine Zumutung“ darstellen.
Als Schüler der Käthe-Kollwitz-Schule verbringt der angehende Heilerziehungspfleger seit diesem Schuljahr gut die Hälfte seines Unterrichts in dem Hauptschulgebäude an der Malmedyer Straße, in dem das Berufskolleg für zwei Klassen seit vergangenem Jahr einige Räume nutzt. Die restliche Unterrichtszeit findet 800 Meter entfernt wie gehabt im Berufskolleg an der Bayernallee statt.
„Es ist eine Schweinerei“
Normalerweise wäre diese Pendelei für Weber kein Problem. Wenn das mit den Toiletten nicht wäre... Denn die WC-Anlagen, die man unmittelbar vom Schulhof der Hauptschule aus betreten kann, werden seit den Sommerferien aufwendig saniert. Und sind auch drei Wochen nach Unterrichtsbeginn nicht fertig.
Die rund 270 Schüler der Hauptschule sowie die Gäste der Käthe-Kollwitz-Schule müssen also auf Alternativen ausweichen. Und die sind, so Weber, extrem rar gesät. „Es gibt insgesamt jeweils zwei Toiletten für Herren und Damen, und von denen ist nur die Hälfte funktionstüchtig, weil sich die Türen nicht schließen lassen“, kritisiert Weber — entsprechend unangenehm sei ihr Erscheinungsbild. „Es ist eine Schweinerei.“
Diese Meinung teilt die Schulleitung der Hauptschule Burtscheid indes nicht. Dort liegen nach eigenen Angaben keine Beschwerden vor — weder von Schülern noch von Eltern. „Wir haben die Eltern per Brief vorab informiert, dass die Stadt mit den Arbeiten nicht fertig geworden ist“, sagt Konrektor Stephan Franken auf Anfrage unserer Zeitung. Auch bei Elternabenden, die in der vergangenen Woche stattgefunden haben, sei das Thema nicht zur Sprache gekommen.
„Es gibt sicherlich mal den einen oder anderen Engpass“, sagt Franken. Als schwerwiegendes Problem wertet die Schulleitung das jedoch nicht. Auch Hausmeister Peter Lauffenberg sagt, dass die verbleibenden zwei Doppeltoiletten, die für die Schüler geöffnet wurden, ausreichten. Lange Schlangen bildeten sich somit in Pausen nicht. Dass in einer Toilettenanlage für Jungen eine Türzarge im Bereich der Urinale verzogen ist, bestätigte das städtische Presseamt auf Anfrage. „Diese Türzarge wird kurzfristig repariert.“
WC-Wagen nicht gewünscht
Um die eingeschränkten WC-Kapazitäten während der Bauphase zu kompensieren, habe das Gebäudemanagement bei der Vorplanung vorgeschlagen, zeitlich befristet WC-Wagen aufzustellen, teilt Harald Beckers vom städtischen Presseamt mit. Das hat die Schulleitung jedoch abgelehnt — wegen des zu erwartenden Gestanks und aus Sorge vor Vandalismus. Auch Harald Beckers betont, dass die Stadt auf Engpässe und Probleme nur reagieren könne, wenn sie darauf hingewiesen wird. „Jedoch ist das nicht passiert.“
Dass tatsächlich insbesondere an WC-Anlagen in Aachens Schulen mehr passieren könnte, bestätigt indes Daniel Rummler vom städtischen Gebäudemanagement, der die Sanierung an der Malmedyer Straße steuert. Nicht nur an der Hauptschule Burtscheid konnten die Arbeiten an den Toiletten nicht während der Sommerferien fertiggestellt werden. An diversen anderen Schulen verzögern sich die Baumaßnahmen, weil Handwerker fehlen und Firmen sich nicht auf öffentliche Ausschreibungen bewerben.
Während an der Heinrich-Heine-Gesamtschule Schüler einen Teil der Toiletten nicht nutzen können, mussten einige Erstklässler an der Annaschule in den ersten Schulwochen sogar zum Toilettengang begleitet werden, wie Schulleiterin Elisabeth Tillessen berichtet. „Im Hauptgebäude sind alle Toiletten gesperrt. Die Schüler müssen also die Außentoiletten nutzen.“ Für ein sechs Jahre altes und womöglich noch unsicheres Kind könne das ganz schön aufregend sein. An der Katholischen Grundschule Passstraße wiederum wurden für die Grundschulkinder mobile Toiletten auf dem Schulhof aufgestellt.
All diese Beispiele zeigen, wie stark die Stadt die „überhitzte“ Baukonjunktur und die vollen Auftragsbücher der in Frage kommenden Baufirmen spürt. „Aufgrund des anhaltenden Baubooms sind Planungsbüros, Baufirmen und Handwerker derzeit voll ausgelastet. Oft sind Bauprojekte daher nur mit erheblichen Verzögerungen beziehungsweise zu überhöhten Preisen umsetzbar“, betont Harald Beckers.
Neben der guten Konjunktur trägt auch das Investitionsprogramm „Gute Schule 2020“ zum Engpass bei den Handwerkern bei. Aus diesem Förderkredit des Landes erhält allein Aachen fast 21 Millionen Euro für den Förderzeitraum von 2017 bis 2020, also rund 5,5 Millionen Euro pro Jahr.
An der Hauptschule Burtscheid müssen die Schüler noch etwas auf ihre neuen WC-Anlagen warten. Bis Ende Oktober soll die Baumaßnahme laut Harald Beckers abgeschlossen sein.