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Aachen: VdK: „Zuwendungen“ waren nicht rechtens

Aachen : VdK: „Zuwendungen“ waren nicht rechtens

Funktionären Autoreparaturen bezahlen? Da hat sich der frühere Vorstand des Sozialverbands VdK in Aachen — mit mehr als 9000 Mitgliedern der größte Verein der Stadt — kräftig vergaloppiert und rechtlich ins Abseits gestellt. Das jedenfalls ist das Ergebnis zweier Gerichtsverfahren vor den Amtsgerichten in Eschweiler und Aachen.

Ergo: Ein ehemaliges und ein noch heute amtierendes Vorstandsmitglied des hiesigen Kreisverbands müssen das Geld an den Verband zurückzahlen.

Zum Hintergrund: Im Jahr 2015 hatten die beiden Männer bei Fahrten zu VdK-Terminen jeweils Unfälle mit ihren Autos. Der seinerzeit amtierende Vorstand, dem die beiden angehörten, beschloss, dass sie die Kosten für die Reparaturen aus der Vereinskasse erstattet bekommen. Das waren im einen Fall rund 2800 und im anderen Fall rund 3800 Euro. Genau darüber stolperte jedoch Ulrich Baresch. Er ist der Chef der Buchhaltung im NRW-Landesverband des VdK, dem der Aachener Kreisverband rechtlich untergeordnet ist. Ba-resch hatte in Aachen die Bücher geprüft. Bei einer Verbandsversammlung im Februar 2016 wies der Landesverband bereits darauf hin, dass diese Zahlungen nicht rechtens seien. Denn die Satzung des Landesverbands beinhaltet eine klare Regelung: Pro Kilometer können die Ehrenamtler 30 Cent abrechnen. Doch damit sind dann auch alle weiteren Kosten abgedeckt. Extrageld für Dinge wie ebenjene Reparaturen sind nicht vorgesehen.

Darüber hatte sich der Aachener Vorstand einfach hinweggesetzt. Beim Landesverband läuteten die Alarmglocken. Denn bei den Zahlungen handele es sich um einen glatten Verstoß gegen das „Begünstigungsverbot“ in Vereinen. Auf derlei Dinge achten die Finanzbehörden scharf, denn sie können je nachdem zur Aberkennung der Gemeinnützigkeit mit allen ihren steuerlichen Privilegien führen — was für einen Verein in der finanziellen Katastrophe enden kann. Genau diese Gefahr sah der Landesverband für Aachen gegeben. Und beschloss, dass das Geld zurückgezahlt werden müsse. Doch mehrere Mahnstufen gingen ohne Reaktion ins Land. Also zog der Verband vor Gericht.

Unabhängig voneinander setzten sich die Richter Florian Knop (Eschweiler) und Julia Brod (Aachen) mit der komplexen Angelegenheit auseinander. Und kamen beide zum gleichen Ergebnis. Bei den Zahlungen handele es sich um unzulässige Zuwendungen an die Vorstandsmitglieder, urteilten sie. Die Satzung des VdK sei in diesem Punkt eindeutig. Die Beklagten hatten den damaligen Vorstandsbeschluss hingegen als rechtlich einwandfrei beurteilt. Doch das war er nicht.

Hohe Anwaltskosten

Nicht Gegenstand der Gerichtsverfahren waren — naturgemäß — Dinge, die sich im riesigen VdK abseits der rechtlichen Fragen abgespielt haben, als deren unrühmlichen Höhepunkt man die Prozesse aber durchaus sehen kann. Bei besagter Verbandsversammlung 2016 war dem damaligen Vorstand inklusive der beiden jetzt Beklagten wegen der Ungereimtheiten die Entlastung versagt worden. Der damalige Vorsitzende verlor alsdann eine Kampfabstimmung gegen den heutigen Vorsitzenden Axel Bierganz, der vormals Rechtsberater beim VdK war. Er hatte auf Anfrage unserer Zeitung im vergangenen Jahr gesagt, die Vorfälle seien vor seiner Zeit als Funktionär gewesen. Die beiden aktuell Beklagten wurden vor Gericht jedoch pikanterweise von einem Rechtsanwalt vertreten, mit dem der VdK-Vorsitzende eine Bürogemeinschaft hat.

Apropos Rechtsanwalt: Einen solchen hatte der einstige Vorstand auch bemüht, als er 2015 ehemalige Vorstandsmitglieder, die langjährige Geschäftsführerin und eine Mitarbeiterin bei der Staatsanwaltschaft anzeigte, weil man angeblich vermutete, dass diese in finanzielle Unregelmäßigkeiten verwickelt seien. In einem Fall ging es um rund 80, in einem anderen um 200 Euro. Die Staatsanwaltschaft hingegen konnte keinerlei Straftat erkennen und stellte die Verfahren samt und sonders ein. Für besagten Rechtsanwalt tauchten schließlich in den Büchern jedoch Ausgaben von mehreren tausend Euro auf. Auch darüber stolperte der Landesverband bei der Prüfung. Eigentlich dürfen die Kreisverbände nämlich keine Anwälte beauftragen, sondern müssen laut Satzung die Schiedsstelle des Landesverbands einschalten.

Merkwürdige Abwahlen

Darüber hinaus gab es noch die — ebenfalls nicht saubere und merkwürdige — Abwahl mehrerer missliebiger Vorstandsmitglieder im Jahr 2014, einen Polizeieinsatz bei einer VdK-Versammlung, die handstreichartige Auflösung des ostbelgischen VdK-Ablegers, die Abberufung der zeitweise ebenfalls in Ungnade gefallenen, höchst kompetenten VdK-Vertreterin aus der städtischen „Kommission barrierefreies Bauen“ und, und, und. Mehrfach musste der Landesverband eingreifen — etwa in Bezug auf die geschasste Kommissionsdelegierte, die man von Düsseldorf aus wieder einsetzte. Schlammschlachten nennt man so etwas.

Ausgestanden ist die ganze Angelegenheit indes noch nicht. Nach einem Bericht unserer Zeitung über die Vorgänge hatte auch die Aachener Staatsanwaltschaft ein Auge darauf geworfen. Laut deren Sprecher Jost Schützeberg wird „gegen mehrere Personen“ ermittelt — unter anderem wegen des Verdachts der Untreue. Die Akten der Zivilverfahrens werde man sich nun auch genau anschauen.