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Tuchwerk in Aachen: Begegnungszentrum für Flüchtlinge

Begegnungszentrum für Flüchtlinge : Tuchwerk webt eifrig am neuen Band der Freundschaft

Im Alten Tuchwerk in der Soers sind kürzlich viele neue Freundschaften geknüpft worden. Mit Hilfe zahlreicher Unterstützer und Nachbarn entsteht dort gerade ein Kultur- und Begegnungszentrum für ukrainische Flüchtlinge.

Rund ums Alte Tuchwerk am Strüverweg wird seit einigen Wochen an einem dichten Netzwerk der Hilfe gewoben, um Flüchtlingen aus der Ukraine möglichst viel von dem zu geben, wonach sie sich in diesen Tagen am meisten sehnen: inneren und äußeren Frieden, neue Begegnungen und Freundschaften auch jenseits der zuweilen deprimierenden Schicksalsgemeinschaften in mehr oder weniger provisorischen städtischen Unterkünften.

Inzwischen haben Cornelia Zimmermann vom Vorstand der Margarete-Lorenz-Stiftung, die seit Jahr und Tag vielfältige kulturelle Angebote im nostalgischen Ambiente der historischen Fabrik in der Soers ermöglicht, und Paul Bardenheuer, Geschäftsführer der von der Initiative geführten Tuchwerk Soers gGmbH, etliche Fäden gezogen, um das junge Projekt mit zahlreichen Unterstützern weiter zu etablieren. So konnte bereits zum orthodoxen Osterfest am vergangenen Sonntag eine erste große Premiere auf dem weitläufigen Areal am idyllischen Ufer des Wildbachs mit großem Erfolg gefeiert werden. Zahlreiche junge Familien aus der Ukraine erfreuten sich an einem Unterhaltungsrogramm für große und kleine Leute.

Organisiert wurde der bunte Nachmittag im Tuchwerk unter anderem von Tatjana Jurakowa, Leiterin der Kleinen Theaterfabrik, die dort seit Jahren mit ihrem Figurenspiel-Ensemble residiert. Die gebürtige Russin nämlich hat beizeiten eine „bilaterale“ Beziehung auf ganz persönlicher Ebene buchstäblich spielen lassen. Im Schulterschluss mit ihrer Freundin und Kollegin Anastasia Siriatska, die aus dem zu trauriger Berühmtheit gelangten ukrainischen Donbass stammt, brachte sie junge klassische Musikerinnen und Musiker aus drei Ländern für ein gemeinsames Konzert auf die Bühne – auch um zu zeigen, dass die Freundschaft zwischen den Völkern durch den brutalen Angriffskrieg eines unberechenbaren Despoten im Kreml nicht zerstört werden kann und darf.

Anastasia Siriatska leitet eine Ballettschule in der City und hatte als engagiertes Mitglied der ukrainischen Gemeinde in Aachen schon in den ersten Stunden des Krieges am Schwarzen Meer eine Sammelaktion zugunsten der Kriegsopfer ins Leben gerufen. Diesmal freilich wurden die Gäste unter anderem mit turbulentem Puppentheater und einer feinen Ballettaufführung beglückt; eine Zaubershow und eine Vernissage im Künstleratelier Pasch, das ebenfalls im Tuchwerk beheimatet ist, rundeten den kreativen Reigen ab, während die Jüngsten sich auf einer Hüpfburg amüsieren durften.

 Mehr als eine gelungene Ouvertüre: Im Ramen des orthodoxen Osterfestes haben junge Talente aus Deutschland, Russland und der Ukraine im Alten Tuchwerk klassische Werke dargeboten. Unser Bild zeigt (von links) Marina Kazakova, Galina Ryzhikova, Gustav Schulz, Lilia Kirkov und Oksana Koval.
Mehr als eine gelungene Ouvertüre: Im Ramen des orthodoxen Osterfestes haben junge Talente aus Deutschland, Russland und der Ukraine im Alten Tuchwerk klassische Werke dargeboten. Unser Bild zeigt (von links) Marina Kazakova, Galina Ryzhikova, Gustav Schulz, Lilia Kirkov und Oksana Koval. Foto: Andreas Schmitter

Und auch für Speis und Trank war – dank zahlreicher Sponsoren und Helfer, die sich der Initiative bereits angeschlossen haben – gesorgt. In den Pfarreiräumen der benachbarten Kirche St. Andreas richteten Gemeindemitglieder mit ihren neuen ukrainischen Freunden und Nachbarn ein reichhaltiges Büffet an. Möglich wurde dies vor allem durch Spenden des Discounters Aldi und der Bäckerei Nobis sowie dem (ebenfalls kostenlosen) Einsatz des mobilen „Ingo-Cafe“-Wagens, erzählt Cornelia Zimmermann froh.

Damit nicht genug: Mit der Hilfsorganisation „It’s for Kids“ aus dem rechtsrheinischen Hilden könne man nun eine weitere wichtige Kooperationspartnerin ins Boot holen, um das Alte Tuchwerk auch als neues Kultur- und Begegnungszentrum im Zeichen der Flüchtlingshilfe auf eine dauerhafte und solide Basis zu stellen. Mit kundiger Unterstützung durch eine Aachener Psychotherapeutin soll zudem dafür gesorgt werden, dass die vielfach traumatisierten Kinder aus den Kriegsgebieten professionellen seelischen Beistand erhalten. „Jetzt wollen wir auch an die örtlichen Vereine herantreten, um sportliche Aktivitäten, Bastelnachmittage, Spiele oder auch ein Eltern-Kind-Café zu organisieren“, berichtet Zimmermann.

Und natürlich freuen sich die Initiatoren über jeden, der sich mit Rat und Tat am zivilgesellschaftlichen Engagement beteiligen will. Schließlich sollten zumindest kleinere Angebote von möglichen neuen Brandschutzauflagen im Tuchwerk nicht betroffen sein. „Wir loten bereits zusätzliche Fördermöglichkeiten aus, aber natürlich sind wir auf jede Spende angewiesen, um die Zukunft des Projektes zu sichern“, betont Paul Bardenheuer – damit der Traum vom friedlichen Zusammenleben im alten Tuchwerk schon bald ganz konkret weitergesponnen werden kann.