Im Suermondt-Ludwig-Museum : Tiroler Weihnachtskrippe erzählt Geschichten um die Geburt Jesu
Aachen Die kunsthistorisch wertvolle Tiroler Krippe hat das Suermondt-Ludwig-Museum schon 1908 erworben, später wurde sie umfangreich restauriert. Die Besichtigung ist kostenlos – und lohnt sich.
Das Kaminzimmer im Suermondt-Ludwig-Museum verwandelt sich ab 5. Dezember in ein Weihnachtszimmer, das ein dichter samtroter Vorhang vom Eingangsbereich trennt. Dahinter dürfen kleine und große Besucher staunen, denn die Tiroler Weihnachtskrippe präsentiert sich in voller Schönheit. Sie erzählt mit ihren 130 üppig gestalteten Figuren viele Geschichten rund um die Geburt Jesu im Stall zu Bethlehem.
Orientalisches Ambiente und Tiroler Bergwelt verschmelzen zu einer frommen Inszenierung, die vermutlich in der Gegend um Innsbruck entstanden ist und in einer Nordtiroler Kirche stand.
Bereits 1908 hatte das Museum die Krippe erworben. „Ich glaube, 1922 hat man sie nochmals gezeigt, dann kam sie ins Depot“, berichtet Michael Rief, stellvertretender Direktor, Kustos der Sammlung und Restaurator, dem nicht zuletzt als Tiroler diese Krippe besonders am Herzen liegt. Er erkannte ihren kunsthistorischen Wert und leitete 1994 eine umfangreiche Restaurierung ein, bei der Monica Paredis-Vroon, Textilkonservatorin an der Domschatzkammer Aachen, sowie Studierende am Institut für Restaurierungs- und Konservierungswissenschaft der TH Köln mitwirkten.
Bevor die Krippe nun in diesem Jahr ins Museum zurückkehrte, hat man sie seit 1999 – je nach Stand der Rettungsarbeiten – mit einer stetig wachsenden Schar von Gestalten in der Domschatzkammer gezeigt. Die rund 34 Zentimeter großen Figuren hatten Schlimmes hinter sich: mechanische Beschädigungen, Kerzenflammen, die die kleinen Wachsgesichter mit Glasaugen angeschmolzen haben, Staub und ganz besonders den Überfall von Motten mit großem Appetit auf die handgenähten Kleider, Filz und die Wollperücken.
Die Krippe stammt aus dem 19. Jahrhundert, ist ein Produkt des Kirchenbarock, der auch spätbarocke Formen noch pflegte. „Es gibt ein paar Besonderheiten, die tatsächlich zu einer Datierung ins 18. Jahrhundert verlocken könnten“, erklärt Rief und zeigt auf zwei muntere Soldaten mit hohen Stehkrägen und den sogenannten Kammhelmen der österreichischen Infanterie, die nur in der Zeit von 1798 bis 1815 im Einsatz waren. „Sie wurden in einigen Bürger-Corps der Napoleonischen Kriege noch einige Jahre weiter getragen“, sagt Michael Rief. Für ihn spricht das für eine Entstehungszeit zwischen 1800 und 1820.
Bei genauerem Hinsehen erkennt man die liebevollen Ausführungen der Tiroler Trachten, Männer mit winzigen Hüten und bestickten Joppen. Fürstlich sind Maria und Josef gekleidet, gleichfalls das Heer der Engel – jeder in einer üppig geschmückten himmlischen Uniform, mit großen Flügeln und fantasievollen Kopfbedeckungen. Alles schimmert in bunten Farben, wirkt belebt, üppiges Gold erhöht die Pracht.
Die Figuren bestehen aus Drahtgestellen mit geschnitzten Händen, die bekleidet wurden. Das Hintergrundbild mit einer orientalischen Landschaft verbindet sich mit der „gerafften“ Handlung des Geschehens, denn hier sieht man bereits die Heiligen drei Könige mit ihren Gaben, exotische Tiere, wie Elefant und Kamel, die sich zum edlen Hirsch, zu Wolf und Bär, zu Ochs und Esel samt bellendem Hund gesellen.
Sogar vier Pilger mit Jakobsmuscheln wandern Richtung Jesuskind. Rief hat geforscht: „Der Hintergrund könnte von Johann Leitl stammen, der 1775 bis 1863 in Thaur arbeitete.“ Eindeutig ist die „Handschrift“ bei einigen Schafen, es sind Werke des Schnitzers Johann Kleisner (alias „Plätz“, 1818-1885). Aus Zirl soll übrigens die gesamte Krippe stammen. „Man hat sie wohl um 1888 verkauft, weil dem Pfarrer das Wirtshaus in der Anlage nicht gefiel“, sagt Dagmar Preising, Kunsthistorikerin am Suermondt-Ludwig-Museum.
Zur Präsentation im Museumsraum erhielt Rief ein Paket: „Meine Nichte hat mir Latschenkieferzweige und Moos aus 2100 Metern Höhe geschickt“, freut er sich. Damit wird die Tiroler Krippe heimatlich dekoriert. Bis zum 9. Januar kann sie noch besichtigt werden, dann wird sie wieder verpackt. Dabei kommen die Hütchen, die hier und da von Spielkarten ausgesteift werden, auf kleine Korken, damit sie die Form behalten.