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Omikron-Welle: So bereitet sich Aachen auf den Extremfall vor

Omikron-Welle : So bereitet sich Aachen auf den Extremfall vor

Mit Notfallplänen bereiten sich Behörden, Krankenhäuser, Polizei, Feuerwehr oder Energieversorger auf personelle Engpässe aufgrund der zu erwartenden Omikron-Welle vor.

Wie funktioniert Aachen weiter, wenn Tausende nicht arbeiten können? Mit Notfallplänen versuchen sich Polizei, Feuerwehr, Behörden, Krankenhäuser und Energieversorger für den Fall zu wappnen, dass sehr viele Menschen an Corona erkranken oder in Quarantäne müssen. Die hochansteckende Omikron-Variante des Coronavirus ist auch in der Städteregion auf dem Vormarsch, und die Gefahr ist groß, dass das Virus wichtige Bereiche der sogenannten kritischen Infrastruktur lahmlegt, die die Grundversorgung sicherstellen.

Von den 809 neuen Corona-Infektionen, die vom 22. bis 28. Dezember in der Städteregion festgestellt wurden, ist bei 38 die Omikron-Variante bestätigt. Das klingt noch einigermaßen harmlos, aber die Zahl steigt stetig. Michael Ziemons, Gesundheitsdezernent der Städteregion, warnt deshalb am Mittwoch eindringlich: „Bei der Omikron-Welle, die wir jetzt erwarten, müssen wir uns auf Corona-Inzidenzen einstellen, wie wir sie noch nie gesehen haben.“

Die Krisenstäbe von Stadt und Städteregion hätten deshalb schon sehr frühzeitig alle Einrichtungen der kritischen Infrastruktur aufgefordert, Vorsorge zu treffen. Dazu gehört auch, Vorräte anzulegen. „Betriebe müssen rechtzeitig Schutzmaterial bevorraten, denn es kann sein, dass im Januar die Nachfrage weltweit steigt und große Engpässe entstehen“, sagt Ziemons. Er erinnert an den Beginn der Pandemie, als für Deutschland bestimmte Lieferungen mit Masken und Schutzanzügen an den Flughäfen sogar weggeklaut wurden. „Deshalb müssen die Schränke jetzt vollgemacht werden.“ An die Krankenhäuser erging auch der dringende Rat, Sauerstoffvorräte anzulegen. „Kauft genug und stellt die Flaschen ins Lager!“, appelliert Ziemons.

Die Krankenhäuser

Im Aachener Marienhospital sieht man sich, wie auch im Luisenhospital und in der Uniklinik, dieser Hinsicht gut gerüstet. „Schon die ganze Corona-Zeit über haben wir bei Schutzausrüstung und Medikamenten deutlich größere Vorräte angelegt“, berichtet Benjamin Michael Koch, Vorstand der Katholischen Stiftung Marienhospital. Sollte es tatsächlich zu einem „Extremst-Ausbruch“ von Corona-Fällen kommen, werde man Prioritäten setzen müssen. „Planbare Eingriffe werden dann verschoben“, so Koch. „Aber die Notfallversorgung wird auf jeden Fall sichergestellt, egal ob es um eine Covid-Infektion, einen Herzinfarkt, einen akuten Blinddarm oder ein gebrochenes Bein geht.“ Koch versichert: „Alle Patienten, die dringlich behandelt werden müssen, finden Hilfe!“

Die Polizei

Wo immer möglich, werden in Pandemie-Zeiten Dienstpläne so gestaltet, dass Teams strikt getrennt arbeiten. Wenn es gut läuft, ist dann die eine Gruppe noch einsatzfähig, wenn die andere wegen Infektionen oder Quarantäne vorübergehend ausfällt. Bei der Aachener Polizei habe man die Schichtmodelle bereits vor längerer Zeit angepasst, teilt Sprecherin Petra Wienen mit. Im Streifendienst seien feste Teams gebildet worden, Kontakte würden möglichst vermieden. Aktuell gebe der Krankenstand aber noch keinen Grund zur Beunruhigung. Bei den gut 2150 Beamten und Tarifbeschäftigten der Aachener Polizeibehörde liege der Krankenstand bei unter zehn Prozent. „Und Corona fällt derzeit gar nicht ins Gewicht.“

Ein Blick in die Rettungsleitstelle in Aachen. Sie soll auch in Krisenzeiten mit mit Kräften der Berufsfeuerwehr besetzt sein.
Ein Blick in die Rettungsleitstelle in Aachen. Sie soll auch in Krisenzeiten mit mit Kräften der Berufsfeuerwehr besetzt sein. Foto: Stadt Aachen/David Rüben

Die Stadtverwaltung

Strikte Teambildung, Homeoffice und Einzelbüros gehören auch zur Pandemie-Strategie der Stadtverwaltung, mit rund 5600 Beschäftigten einer der großen Arbeitgeber in Aachen. Strenge Vorsorgemaßnahmen sollen in allen Bereichen der Verwaltung das Ansteckungsrisiko möglichst gering halten, erklärt Linda Plesch vom städtischen Presseamt. Bei den Außendienstmitarbeitern im Ordnungsamt werde etwa darauf geachtet, dass sich die einzelnen Teams nicht begegnen. Bei der Müllabfuhr wiederum könnten bei größeren Personalausfällen Beschäftigte aus anderen Bereichen des Stadtbetriebs mit den Müllfahrzeugen unterwegs sein, damit die Tonnen geleert werden können. „Denkbar wäre etwa, dass die Leute vom Winterdienst die Müllabfuhr verstärken“, sagt Plesch. Kurz nach Weihnachten ist die Personalsituation in der städtischen Verwaltung derzeit aber entspannt. Die Ausfallquote sei aktuell gering, sagt Plesch. Überlegungen, womöglich Kollegen aus dem Ruhestand als Verstärkung zurückzugewinnen, gebe es derzeit nicht.

Feuerwehr und Rettungsdienst

Besonderes Augenmerk gilt den Rettern und Helfern: Wenn es brennt, kommt die Feuerwehr und löscht. Passiert ein Unfall, kommt der Rettungsdienst und hilft. Die Verwaltung hat Notfallszenarien entwickelt, damit das auch in einer akuten Corona-Krise noch funktioniert. „Rettungsleitstelle und Rettungsdienst sollen auf jeden Fall mit Kräften der Berufsfeuerwehr besetzt bleiben“, erläutert Plesch. „Für Löscheinsätze und technische Hilfeleistungen würden wir im Notfall aber verstärkt die Freiwilligen Feuerwehren ins Boot holen.“

Der Energieversorger

Beim Netzbetreiber Regionetz kümmern sich rund 550 Beschäftigte um die Strom-, Gas-, Wärme- und Wassernetze in Aachen und der gesamten Städteregion sowie in Teilen der Kreise Heinsberg und Düren. „Herzstück“ ist die Netzleitstelle. Ob Stromausfall oder Gasalarm: Dort gehen alle Meldungen ein, und von dort werden Einsätze der Mitarbeiter koordiniert. Im Notfall werde man alles daran setzen, die Leitstelle und den Entstördienst arbeitsfähig zuhalten, erklärt Unternehmenssprecherin Vanessa Grein. Maßnahmen, die planbar und nicht dringend notwendig sind, würden dann zunächst eingestellt.

Noch allerdings ist man bei der Regionetz vorsichtig zuversichtlich, dass das Unternehmen nicht komplett arbeitsunfähig wird. „Die Impfquote im Unternehmen liegt bei über 90 Prozent“, stellt Grein zufrieden fest, „und bis jetzt gibt es keine gravierenden Fälle von Corona-Infektionen oder Quarantäne.“ Damit das so bleibt, werden auch bei der Regionetz Schichten so organisiert, dass sich die Gruppen nicht treffen. Wer Rufbereitschaft hat, erledigt das von zu Hause und nimmt das Dienstfahrzeug für Einsätze gleich mit.

Die Aseag

Die 508 Busfahrerinnen und -fahrer der Aseag absolvieren im Schnitt 4500 Fahrten pro Tag. Und auch im äußersten Omikron-Notfall sei es oberstes Ziel, den öffentlichen Personennahverkehr aufrechtzuerhalten, kündigt Anne Körfer, Fachbereichsleiterin Kundenkommunikation und Kundenservice, an. Die gewohnte Taktung wäre dann allerdings nicht mehr zu gewährleisten. In einem ersten Schritt würde die Aseag im Notfall auf den Ferienfahrplan mit deutlich weniger Fahrten umschalten. Sollte es noch schlimmer kommen, träte ein Notfallfahrplan mit weiteren Kürzungen in Kraft, und die Zahl der Verbindungen würde noch weiter ausgedünnt.

Getrennte Schichten seien bei der roten Flotte allerdings nicht machbar, erläutert Körfer. „Wir können die Fahrer nicht so einteilen, dass sie sich nicht begegnen.“ Umso wichtiger seien vorbeugende Schutzmaßnahmen wie Abstände und Maskenpflicht. „Auch die Impfangebote gehen weiter.“ Die Impfbereitschaft bei den insgesamt 745 Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern der Aseag sei hoch, sagt Körfer, die Impfquote liege „leicht über den Bundesdurchschnitt“ von knapp 71 Prozent.

Die Personalsituation bei der Aseag ist allerdings schon im Normalbetrieb angespannt. Zwar ist es gelungen, in diesem Jahr 49 neue Fahrerinnen und Fahrer einzustellen und damit das für 2021 gesetzte Ziel von 42 Neueinstellungen mehr als zu erfüllen, „aber Fahrer werden weiterhin händeringend gesucht“, betont die Sprecherin.

Das Gesundheitsamt

Das Personal im städteregionalen Gesundheitsamt hat schon jetzt alle Hände voll zu tun mit der Kontaktnachverfolgung bei Corona-Infektionen. Sollten die Zahlen demnächst tatsächlich durch die Decke gehen, wie Gesundheitsdezernent Michael Ziemons befürchtet, dann wird das Gesundheitsamt nicht mehr alle Fälle zeitnah nachverfolgen können. „Auf eine solche Welle kann sich kein Gesundheitsamt vorbereiten“, sagt Ziemons. „Die Leute müssen dann auch selbst Verantwortung übernehmen. Wer positiv getestet wird, bleibt zu Hause und wartet nicht, bis das Gesundheitsamt anruft und sagt, was zu tun ist.“